Im Altenheim nichts Neues

Gaetano Donizettis „Don Pasquale“ im Deutschen Nationaltheater

Von Johannes Weiß

Der Greis ist heiß. Foto: Anke Neugebauer

Eine Überraschung erlebt der nichtsahnende Besucher des Weimarer „Don Pasquale“ bereits dann, wenn die Titelfigur zum ersten Mal den Mund aufmacht. Man singt deutsch. Zugegebenermaßen lässt sich durch den Verzicht auf die sonst übliche Übersetzung in Untertiteln der mitunter turbulente Handlungsverlauf dieser „opera buffa“ Donizettis leichter verfolgen – zumal die Sänger im Allgemeinen gut zu verstehen sind. Dennoch bleiben gewisse Zweifel übrig, ob Operntexte ähnlich wie Gedichte nicht grundsätzlich unübersetzbar seien und ob daher solch schwerwiegende Eingriffe ins Originalwerk überhaupt Sinn ergeben können. Auch in anderer Hinsicht geht die Inszenierung, die am vergangenen Samstag ihre Premiere am Deutschen Nationaltheater Weimar feierte, durchaus frei mit der Vorlage um. Das Regieteam um Roy Rallo legt einen besonderen Akzent auf die Situation des alten Menschen Don Pasquale (Damon Nestor Ploumis), der es seinem Neffen Ernesto (Uwe Stickert) noch mal richtig zeigen will und heimlich Heiratspläne schmiedet.

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Essen für Millionen

Ein Blick in den Kochtopf: Die Abbe-Mensa wird zehn Jahre alt

Von Kristin Haug

72 Kühe pro Semester. Foto: Kristin Haug

8 Uhr: „Wir verarbeiten auch Leichen“, sagt Wolfgang Schubart. Der stellvertretende Küchenleiter der Ernst-Abbe-Mensa erzählt seinen Paradewitz. Er meint natürlich Tierleichen und wenn man über seinen Witz nicht lacht, dann wechselt er schnell das Thema. Schubart sitzt in seinem Büro, weit hinten in der Mensa-Küche, hinter Glaswänden und roten automatischen Schiebetüren, hinter Kellen und Küchengeklirr und einer schwitzenden Heidrun Nowicki. Die teilt gerade das Frühstück aus, klatscht Apfelmus auf Eierkuchen und setzt gekochte Eier in ihre Becher. Die Mensa hat gerade geöffnet und Wolfgang Schubart bestellt am Telefon gefüllte Oliven, Salate und Bananen für die nächsten Tage. Obwohl der Küchenleiter seine weiße Kochmütze trägt, wird er heute nicht kochen, sondern den Arbeitsablauf des Mensa-Teams koordinieren. Eines prophezeit er schon jetzt: „Das Wurstgulasch wird heute der absolute Renner.“
Vor zehn Jahren wurde die Mensa am Abbe-Platz eröffnet. Dreitausend Portionen werden hier von 45 Mitarbeitern täglich ab sieben Uhr zubereitet und verkauft. Zuerst sind Desserts, Salate und Saucen dran, dann Beilagen, zuletzt die Fleisch- und Pfannengerichte. Die Rezepte denkt sich Hans-Jürgen Kirmse aus, der Küchenleiter der Abbe-Mensa. Vier bis fünf verschiedene Gerichte gibt es am Tag. Ein halbes Jahr vorher werden sie geplant und Angebote dafür eingeholt.

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Niemand sagt: “Hallo, ich bin Nazi”

Interview mit dem neuen Referenten gegen rechts Berengar Lehr

Das Gespräch führte Jonas Janssen

Im Dezember 2008 beschloss der Stura die Einrichtung eines Referats gegen Rechtsextremismus. Vergangene Woche wurde Berengar Lehr zum Leiter des Referats gewählt; AKRÜTZEL sprach mit ihm über Rechtsextremismus an der Uni, Initiativen und das Verhalten der Studenten.

Berengar Lehr. Foto: Jonas Janssen

Gab es einen konkreten Anlass das Referat ins Leben zu rufen?

Nein, es war einfach an der Zeit. Das Menschenrechtsreferat, bei dem die Arbeit gegen Rechtsextremismus vorher angesiedelt war, hat nicht beides erledigen können und da kam der Wunsch auf, das Referat zu gründen. Sicher ist seit dem ersten „Fest der Völker“ auch zusätzlich Bewegung in die Stadt gekommen, aber eigentlich wäre es schon viel früher Zeit für ein Referat gegen Rechtsextremismus gewesen.

Und von wem ging die Initiative aus?

Die Idee hatten Sturaktiv und die Jusos, es waren auch schnell viele „Ungebundene“ von der Idee überzeugt.

Über den Namen des Referats wurde im Stura lange diskutiert, wieso?

Die eigentliche Idee war, es „Antifaschistisches Referat“ zu nennen. Da aber eine Gruppe (aus den Reihen des RCDS, Anm. d. Red.) im Stura ein Problem mit dem Wort Antifaschismus hatte, kam es zur Diskussion. Faschismus sei nicht auf Nazis begrenzt und eigentlich nur die Beschreibung einer italienischen Regierungsform, wurde da theoretisiert, außerdem würde es an die DDR mit ihrem staatlich verordneten Antifaschismus erinnern. Es wäre zudem genauso wichtig, sich auch gegen Linksextremisten zu engagieren. Ich halte diese Gleichsetzung von rechts und links, die auch von der Landesregierung gerne verwendet wird, für höllisch gefährlich.

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Bloßstellen oder Propaganda

Wie Journalisten mit Nazis umgehen sollten – ein Kommentar

Von Jonas Janssen

Deutschlands bekanntester Holocaust-Leugner Horst Mahler begrüßte Michel Friedman vor zwei Jahren mit den Worten: „Heil Hitler, Herr Friedman.“
So verrückt es zunächst klingt: Journalistisch gesehen war dies ein Glücksfall. Nicht weil es dem Magazin „Vanity Fair“, in der das Interview erschien, Aufmerksamkeit einbrachte. Sondern vielmehr weil es eine wichtige Debatte lostrat: Wie sollen Medien mit Rechtsextremisten, Rassisten und Antisemiten umgehen? Viele schrien damals auf, es sei unverantwortlich einem Radikalen wie Mahler auf diese Weise eine Plattform zu liefern. Der Historiker Arno Lustiger zeigte „Vanity Fair“ sogar an. Trotzdem leistete Friedmans Interview etwas, das den Medien nur selten gelingt. Er führte den Wahnsinn des Mahlerschen Antisemitismus und Rassismus eindrucksvoll vor.

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Notausgang geschlossen

Den Ausstiegsprogrammen für Neonazis fehlt das Geld

Von Anne Dünger

Alles, was ich will, ist nichts mit euch zu tun haben. Foto: AKRÜTZEL-Archiv

Deutschlands bekannteste Hilfsorganisation für Aussteiger aus der rechtsextremen Szene „Exit“ steht auf der Kippe: Im September 2008 hat die Bundesregierung beschlossen, die finanzielle Förderung des Programms zu beenden. Seit dem Jahr 2000 bot „Exit“ ehemaligen Rechtsextremisten Schutz und Begleitung beim Ausstieg aus der Szene an. Zur Zeit „verfügen wir über praktisch keine finanziellen Mittel mehr,“ sagt Matthias Adrian, Mitarbeiter bei „Exit“ und selbst ein ehemaliger Neonazi, der seit neun Jahren für die in Berlin ansässige Organisation überall in Deutschland arbeitet.
Adrian und seine zwei noch verbliebenen Mitarbeiter stehen unter enormem Druck: Sie sind praktisch nicht mehr handlungsfähig, haben derzeit aber etwa dreißig Fälle von Aussteigern zu betreuen. Darunter drei hochbrisante Fälle: hochrangige Neonazis, die sich zum Ausstieg entschlossen haben und nun massiv bedroht werden. „Einer von ihnen steht sogar auf der Liste ‘nicht lebenswerter Menschen‘, die die Nazis führen“, so Adrian. Die Evakuierung solcher Aussteiger erfordert aber einen entsprechenden Aufwand, der ohne Geld nicht zu bewältigen ist. Seit Ende der Förderung arbeitet „Exit“ ausschließlich ehrenamtlich. Zusammen mit der sächsischen Landeszentrale für politische Bildung bietet es Veranstaltungsreihen an, außerdem gehört Öffentlichkeitsarbeit zu den Aufgaben der Betreuer.

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Spritzeisbahn im Paradies

Bis zur Notaufnahme sind’s nur fünf Kilometer. Foto: Matthias Benkenstein

(mat) Eine 400 Quadratmeter große Spritzeisbahn ist am Donnerstag auf dem Parkplatz vor dem Ernst-Abbe-Sportfeld von Oberbürgermeister Albrecht Schröter und Thomas Dirkes, dem Chef des Eigenbetriebs Kommunale Immobilien, eröffnet worden. Weiterlesen

Kundgebung gegen Antisemitismus am Samstag

Brutstätte der Dummheit: das “braune Haus” in Lobeda. Foto: Akrützel-Archiv

(mat) Die Jenaer Gruppen gegen Rechtsextremismus rufen für Samstag, den 10. Januar, 15 Uhr, alle Bürger zu einer Kundgebung gegen Antisemitismus und Rassenhass vor dem „Braunen Haus“ in Alt-Lobeda auf. Weiterlesen