Mit rechts und Ordnung

Vermeintliche Zusammenarbeit mit der AfD überschattet den Kampf des FSR für eine Reform des Jura-Studiums.

von Moritz Weiß, Catalin Dörmann und Ruby Haffar

Ursprung der ganzen Kontroverse ist ein berechtigtes Anliegen. Die Studierenden verlangen eine Reform des Jurastudiums, das für viele von existentiellen Ängsten begleitet ist. Wenn Jurastudierende am Ende Ihres Studiums das Examen nicht bestehen, stehen sie ohne Abschluss da. Mit der geplanten Änderung hätten Studierende dann zumindest einen Bachelor.
Der Jura-FSR nahm sich die Reforminitiative als priorisiertes Ziel vor. Doch die Zeit drängt. Es wird befürchtet, dass die Gesetzentwürfe zum Jura-Bachelor aufgrund der Landtagswahl schnell in der Versenkung verschwinden könnten. Je konservativer die Regierung, desto unwahrscheinlicher ist eine Reform.
Deswegen wollte der Jura-FSR den Rechtsausschuss des Thüringer Landtags von der Dringlichkeit der Reform überzeugen. Er verschickte eine E-Mail an alle Mitglieder des Ausschusses, in der das Anliegen erklärt und um ein Gespräch gebeten wurde. Die drei Ausschuss-Mitglieder der AfD wurden dabei ebenfalls gefragt. In einer internen Abstimmung soll eine für das Vorhaben gebildete Gruppe des FSR das entschieden haben. AfD-Landessprecher und Rechtsausschuss-Vorsitzender Stefan Möller nahm das Gesprächsangebot sofort an. Eine solche Möglichkeit der Inszenierung bietet sich Höckes rechter Hand nicht alle Tage.
Nach einem Stura-Beschluss von 2014 ist es studentischen Vertretungen verboten, mit der AfD zu kooperieren oder in den Austausch zu treten. Eine Zusammenarbeit, die einen Verstoß dagegen darstellen würde, hat zwar nicht stattgefunden. Die Gesprächsanfrage könnte jedoch als Austausch ausgelegt werden. Ein geheimes Meinungsbild soll im FSR darüber entscheiden, wie mit der Situation umzugehen ist. Eine Person will das Gesprächsangebot annehmen, der Rest ist dagegen. Aber auch eine direkte Absage an die AfD findet keine Mehrheit. Stattdessen will man abwarten, bis die Einführung des Jura-Bachelors in trockenen Tüchern ist.

Der Zweck heiligt die Mittel

Dieses Vorgehen wollte ein FSR-Mitglied nicht mittragen und erklärte seinen Austritt. Durch die Entscheidung fühlt er sich aufgrund eigener Betroffenheit und dem Aspekt, dass auch Studierende mit Migrationshintergrund vom FSR vertreten werden, unwohl. Er wirft dem FSR vor, mit einer klaren Absage zu zögern. Es sei die Angst aufgekommen, der Groll der AfD könnte womöglich den Jura-Bachelor weiter aufhalten. Für ihn ist der Eindruck entstanden, der FSR stelle eigene Leitlinien in den Hintergrund, wenn sie das Erreichen eigener Ziele gefährden.
Zur Schlichtung wurde der Stura eingeschaltet. Der Vorsitzende des Jura-FSR, sieht in der ersten Mail an die AfD einen Fehler. Ein Fehler, der gegenüber dem Stura-Vorstand damit entschuldigt wurde, dass es sich bei der Tätigkeit im FSR um ein Ehrenamt handelt, welches von einigen mit mangelnder Erfahrung an politischen Themen ausgeführt wurde. Der FSR habe sich vor einem Problem gesehen, da drei Mitglieder und der Vorsitzende des Rechtsausschusses bei der AfD sind. Nachdem ein direkter Ausschluss der AfD-Mitglieder als Gesprächspartner nicht erfolgt ist, sei die Angst vor einem negativen Image und davor, mit der AfD in Verbindung gebracht zu werden, groß gewesen. Mittlerweile wurde eine Absage verschickt.
Transparenz wird beim FSR groß geschrieben. Aus diesem Grund beabsichtigt man, ein aufklärendes Statement zu veröffentlichen. Dieses kommt aber nach Meinung einiger Unterzeichner:innen des in der Mensa ausgelegten Banners zu spät. Auf dem Banner wurden Unterschriften der Studierendenschaft gesammelt. Am vergangenen Freitag wurde es dem Rechtsausschuss übergeben. AfD-Vertreter:innen waren nicht anwesend.
In einer vorläufigen Stellungnahme betont der FSR seine ablehnende Haltung gegenüber der AfD und befürwortet, sie politisch zu isolieren. Dies sei der Partei auch mittlerweile mitgeteilt worden. Vor einem Monat unterstütze der FSR die Kampagne Uni gegen Rechts.
Trotz der Hoffnung, den Vorfall bis zur öffentlichen Stellungnahme nur intern zu behandeln, drang die Information bis zu Jodel durch. Auf dem anonymen Chat-Portal entbrannte eine hitzige Debatte. Ein:e User:in betitelte mögliche Gespräche mit der AfD als inakzeptabel – einhellige Meinung ist das bei Jura-Jodel aber nicht. Andere sehen sich nur dem Gesetz verpflichtet und vor dem Gesetz seien schließlich alle gleich. Deshalb müsse man auch mit der AfD reden. „Für rechts und Ordnung“ schreibt eine Person, die sich selbst als Juristin vorstellt.

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