Uni auf Abwegen

Die Uni hat eine Leitlinie für bessere Beschäftigungsbedingungen eingeführt. Gebessert hat sich seitdem nur wenig.

von Moritz Weiß

Die FSU ist ihrer eigenen Beschäftigungsleitlinie bislang nicht gewachsen. Das Manifest der Uni soll die Arbeitsbedingungen für studentische Beschäftigte verbessern und wurde zuletzt im April diesen Jahres wegen des neuen Tarifabschlusses nochmals angepasst. Es ist zum Beispiel vorgesehen, dass Arbeitsverträge mit Studierenden mindestens eine Laufzeit von zwölf Monaten haben müssen. Dadurch soll die Planungssicherheit von den Beschäftigten erhöht werden. Allerdings enthält die Leitlinie für diese Regel auch einige Ausnahmen.
Eine Abweichung nach unten ist beispielsweise erlaubt, wenn der angestellte Studierende dies ausdrücklich wünscht. Wie dies praktisch gehandhabt wird, zeigt sich aus Email-Verläufen eines konkreten Falls, die dem Akrützel vorliegen. In diesem dreht das Personaldezernat den Spieß kurzerhand um und fordert die betroffene Studierende auf, sich einfach mal Gründe auszudenken, wieso eine Kurzzeitbefristung dem eigenen Wunsch entspricht. Damit wird sie vor die Wahl gestellt, entweder ungewollt Gründe anzugeben, damit die Mindestlaufzeit unterschritten werden darf, oder gar nicht erst einen Vertrag zu erhalten. Das Dezernat versucht so offensichtlich, Verstöße gegen die Regelung zu rechtfertigen. Viele Studierende werden mitspielen müssen. Eine längere Tätigkeit als studentische Hilfskraft ist für viele die einzige Chance, um einen Platz im gewünschten Masterstudiengang zu bekommen. Beim Zulassungsverfahren für Klinische Psychologie werden Bewerbende, die 90 Stunden an der Uni beschäftigt waren, bevorzugt.

Alles im grünen Bereich

Die Uni führt damit nicht nur ihre eigene Leitlinie ad absurdum, sondern setzt gleichzeitig Studierende unter Druck, die auf die Beschäftigung angewiesen sind. Gleichzeitig könnte die Uni durch das skizzierte Vorgehen eine Zwangslage der Studierenden ausgenutzt und sich damit sittenwidrig verhalten haben, sagt Florian Longin, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Weimar. Der schriftliche Arbeitsvertrag mit der Befristung wäre dann nicht wirksam. Da die Studierende die Arbeit aufgenommen hat und die Uni dies auch so wollte, wäre trotzdem im Nachhinein ein Arbeitsverhältnis entstanden, dann aber ohne Befristung. In der Praxis sei es allerdings kaum zu bewältigen, die bestandene Zwangslage vor einem Arbeitsgericht nachzuweisen, gibt Longin zu bedenken. Die Uni dürfte mit ihrem Manöver also davonkommen.
Dass die Einhaltung der Leitlinie derzeit alles andere als optimal läuft, leugnet auch die Uni nicht. Nur wenige Vertragsabschlüsse erfüllen aktuell die zwölfmonatige Soll-Vorschrift, gibt die Pressesprecherin der Uni, Katja Bär auf Anfrage des Akrützel zu. Konkrete statistische Werte lägen zwar derzeit noch nicht vor. Verträge mit einer Laufzeit von weniger als sechs Monaten seien aber weiterhin eher Regel als Ausnahme. Laut Bär seien jedoch viele Stellen bereits bemüht, die Leitlinie einzuhalten. Eine wirkliche Verbesserung würde voraussichtlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Schließlich müssten die Fakultäten ihre jahrelange Praxis erst umstellen.
Die Mindestvorgabe von zwölf Monaten taucht nicht nur in der Leitlinie der Uni, sondern auch in der letzten Tarifeinigung für Beschäftigte im öffentlichen Dienst auf. Zu einem Tarifvertrag für studentisch Beschäftigte kam es damals nicht. Die Länder haben sich aber immerhin verpflichtet, dass Beschäftigungsverhältnisse mit Studierenden nur in begründeten Ausnahmefällen kürzer als ein Jahr dauern dürfen. Verdi feierte, dass zum ersten Mal ein Vertrag zwischen den Gewerkschaften und den Ländern über die Arbeitsbedingungen von studentisch Beschäftigten geschlossen wurde. Gegen diesen verstößt die Uni aber auch aktuell. Anders als bei einem Tarifvertrag können Studierende diese Rechte nicht mal selbst einklagen. Die Gewerkschaften selbst müssten aktiv werden. Zumindest Verdi könnte der Uni also einen Strich durch die Rechnung machen.

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