Ist Mitglied in allen Parteien – außer bei den Grünen: Martin Sonneborn                                  Foto: Louisa Reichstetter
‚‚Wir sind eine Partei, weil…“ Der Redner hebt vielsagend den Arm und macht eine dramaturgisch imposante Pause, „wir eine Partei sind!“ Die Sinnlosigkeit wird unter Jubelgeschrei begraben. Nur die Ordner, die ein bisschen wie Neonazis aussehen, bleiben in jener Videosequenz steinern.
Puccinis „Turandot“ feierte am Weimarer DNT Premiere
Von Johannes Weiß
“Nun, Fremdling, das Eis, das Feuer gibt, was ist es?”                 Â
Foto: Charlotte Burchard
Manchen mag es überraschen: Trotz ihrer vergleichsweise geringen Dauer von nur zwei Stunden besteht Puccinis Oper „Turandot“ nicht nur aus dem Schlager „Nessun dorma“ – bekannt aus Funk und Fernsehen und zuletzt so ergreifend mittelmäßig interpretiert von Kitschnudel Paul Potts. Da wirkt es fast schon wie ein ironischer Kommentar, dass Andrea Moses mit ihrer Ende März angelaufenen Turandot-Inszenierung am DNT Weimar gerade die Macht der Medien und deren suggestiven Einfluss auf die Massen thematisiert.
Die letzte und unvollendet gebliebene Oper Puccinis handelt von der chinesischen Prinzessin Turandot, die jedem Bewerber um ihre Hand drei Fragen stellt; kann er diese nicht korrekt beantworten, muss er seine Unwissenheit mit dem Leben bezahlen. Auf der Weimarer Bühne wird das Ratespiel samt nachfolgender „Live-Hinrichtung“ zum Medienspektakel: Schwarz-weiß gekleidete und Champagner schlürfende Touristen besetzen die Ränge eines arenaförmigen Fernsehstudios; der Mandarin (Philipp Meierhöfer) erscheint nicht als gewissenhafter Beamter, sondern als schillernder Conférencier mit Schlaghose und Plateauschuhen. Mit Hilfe von beschrifteten Schildern, auf denen im Stück vorkommende Schlagwörter wie „enigmi“, „sangue“ oder „morte“ stehen, stimmt er das Publikum auf das kommende Event ein: die Ermordung des Prinzen von Persien, des letzten glücklosen Kandidaten.
Franz Grillparzers “Medea” am Nationaltheater Weimar
Von Johannes Weiß
Willkommen im antiken Griechenland.                                              Foto: DNT/Thomas Aurin
Ein guter Draht zum Publikum scheint Nora Schlocker sehr am Herzen zu liegen. In ihrer am 21. Februar erstmals gezeigten Inszenierung von Franz Grillparzers „Medea“ versucht die 25-jährige Hausregisseurin des DNT Weimar permanent, den Zuschauer ins Bühnengeschehen hineinzuziehen. Da klettern schon mal Schauspieler in die Sitzreihen oder mit Taschenlampen bewaffnete „Argonauten“ huschen durch den dunklen Zuschauerraum. Bereits vor Beginn des Stückes erwarten zwei seltsame Gestalten das langsam seine Plätze einnehmende Publikum: Ein schwarzgekleideter Mann steht auf einem kleinem Schrank und erregt durch schwingende Handbewegungen, aufheulenden Gesang und nicht alltägliche Grimassen Aufmerksamkeit; fasziniert sitzt ihm eine junge Frau zu Füßen. Konservative Theaterbesucher befürchten wohl schon das Schlimmste für die kommenden drei Stunden, doch klärt sich die sonderbare Situation schnell auf:
Wir befinden uns im Königreich Kolchis, und die beiden Darsteller entpuppen sich als die jugendliche Prinzessin Medea (Nicole Tröger) und die örtliche Gottheit Peronto. Während letztere in Grillparzers Text nur als „Bildsäule“ auftaucht, erscheint sie hier in Gestalt des Musikers Jens Thomas, der fortan die weitere Handlung mit Gesang und Geräusch begleitet. In der Anfangsszene zeigt sich zugleich, dass der Titel „Medea“ irreführend ist. Denn Schlocker bringt die gesamte Grillparzer-Trilogie „Das goldene Vließ“ auf die Bühne: vor der Pause die beiden in Kolchis spielenden Teile „Der Gastfreund“ und „Die Argonauten“, danach erst das eigentliche „Medea“-Trauerspiel mit dem Schauplatz Korinth.
Die Berliner Ska-Folk-Punk-Band Mutabor ist zurück
Von Melanie Gollin
Das Interview war für 21 Uhr angesetzt. Dass ich diesen Termin nicht pünktlich wahrnehmen konnte, lag daran, dass sich vor dem Kassablanca eine unglaubliche Menschenmenge versammelt hatte. Am Abend des 7. März sollten Mutabor ihr erstes Konzert nach dem Abschiedskonzert im Juli 2006 geben. Trotz großer Aufregung bei Band und Publikum nahm sich Axel Steinhagen, Sänger und Kopf der Band, vor dem großen Comeback kurz Zeit, um mir zu erklären, warum eine Band wie eine Beziehung ist.
“Ey, irgendwie is’ schon geil”: Wenn Musiker Interviews geben…Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Foto: Mutabor
Das erste Konzert mit Mutabor seit fast drei Jahren: Seid ihr aufgeregt?
Natürlich sind wir aufgeregt, das wär auch schlimm, wenn’s nicht so wär. Aber es ist natürlich so ne positive, freudig-erregte Aufregung.
Ihr seid eine Berliner Band und habt 2006 euer fulminantes Abschiedskonzert auch in eurer Heimatstadt gegeben. Warum startet ihr nun also nicht auch wieder dort, sondern hier in Jena?
Wir wollten natürlich so’n bisschen Vorlauf haben (lacht). Wir haben auch erst überlegt: „Na klar, das erste Konzert muss in Berlin sein, weil das letzte Konzert auch in Berlin war.“ So war es dann auch gedacht, aber es hat sich dann einfach von den Terminen so ergeben. Es war jetzt nicht wirklich der große Plan gewesen, sondern letztendlich hatten wir in Berlin das Kesselhaus am 21. März. Dann war ja der Andrang auch gleich so groß und wir mussten auch sehen, ob wir dann noch ein Zusatzkonzert dran hängen können.
Thomas Fairley und Ryan De Michael: mit 15 bzw. 14 Punkten und jeweils 8 Rebounds das Rückgrat der Jenaer Mannschaft. Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Foto: Florian Sokoll
Im Ostderby der Pro A (ehemals 2. Basketball-Bundesliga) gelang dem BV Chemnitz 99 gegen den Tabellensechsten Science City Jena im Rückspiel in der JenArena vor 1.740 Zuschauern die Revanche. Zwei Punkte Differenz gaben nach 40 emotionsgeladenen Spielminuten den Ausschlag zugunsten des Gastteams aus Sachsen.
Dabei war der Ausgang dieses außerordentlich spannenden Spiels bis zuletzt offen. Nach einer schwachen Aufwärmphase, in der Chemnitz schon nach wenigen Minuten führte, fanden auch die “Hightowers” ins Spiel und dominierten dieses bis in die zweite Halbzeit hinein. Der größeren Ausdauer und Selbstdisziplin der Gäste konnten sie aber letztendlich nicht genug entgegensetzen und so unterlagen sie knapp, aber verdient mit 89:91.
Wie die Firma MLP versucht, die Studenten auszunehmen
Von Daniel Hofmann
Vor Neppern, Schleppern, Bauernfängern ist man auch an der Uni nicht sicher.             Foto: Katharina Schmidt
Eine der größten Sorgen des Studenten ist die berufliche Zukunft. Es gibt viele Schritte, die man auf dem Weg zum Traumjob gehen muss. Angefangen bei der Bewerbung bis hin zum finalen Bewerbungsgespräch. Der Uni fehlt es meist an Mitteln, um diesen Bereich der Karriereförderung gezielt zu unterstützen. Unternehmen wie der Finanzdienstleister MLP versuchen diese Lücke zu schließen. Sie bieten Rhetorikkurse und Berufsstarterseminare für interessierte Studenten an – kostenlos. Bleibt die Frage, welche Firma es sich leisten kann, nur im Interesse des Studenten zu handeln.
Der FSU-Student Stefan Schmidt* besuchte die Seminare von MLP und fand sich wenig später mit einem Versicherungsvertrag in den Händen wieder. Angefangen hatte alles mit einem Gespräch auf dem Campus, bei dem er seine Telefonnummer gegen ein kostenloses Berufsstarter-Seminar tauschte. „Sie sagten, sie wären Mitarbeiter der Universität Jena“, berichtet Stefan. Der Wahrheit entsprach das nicht. Eigentlich hatte MLP nicht mal eine Erlaubnis, sich auf dem Uni-Gelände aufzuhalten, um Werbung zu machen. Die Rechtsabteilung der Universität Jena sieht in diesem Fall noch Klärungsbedarf.
Heucheln, schleimen, grinsen: Der Beruf des Drückers will gelernt sein. Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Foto: Katharina Schmidt
Alle Mann raus aus dem Auto, ausstreuen und ran an die Haustüren: Klinken putzen für den guten Zweck. Vor dem Klingeln noch schnell die ersten Sätze durchgehen und dann Augen zu und durch: „Schönen guten Tag, wie sind von der Johanniter. Keine Angst, heute nehmen wir keinen mit!“ Gleich in fröhliches Gelächter ausbrechen, damit das gerade aus seinem Alltag geklingelte Gegenüber weiß, dass der flotte Spruch ein Scherz sein sollte. Und bevor die Haustür gleich wieder zufliegt oder der Hausherr einwendet, dass er kein Interesse an einer Spendenmitgliedschaft bei den Johannitern hat, schnell weiterschnattern und sich mit den wichtigsten Argumenten in die Wohnung manövrieren. Wenn der Plan mal wieder nicht aufgeht, durchatmen und es beim Nachbarn versuchen. Und so geht es weiter, im ganzen Haus, auf der ganze Straße, im ganzen Viertel, bis gefühlte 12 Stunden später das Auto wieder Richtung Ferienhaus fährt, in dem alle Werber in diesen Wochen zusammen leben.
Ein Jahr Hochschulrat an der FSU – Versuch einer Bilanz
Von Philipp Böhm
In der Öffentlichkeit wurde der Hochschulrat erst ein Mal zusammen gesehen: vor einem Jahr zum Fototermin. Foto: FSU/Scheere
Ein Jahr ist es mittlerweile her, dass an der Universität Jena ein Hochschulrat eingeführt wurde. Er besteht aus zehn Mitgliedern, von denen aber nur drei der FSU angehören. Grund für die Veränderung im Uni-System war das neue Thüringer Hochschulgesetz. Die Idee und der Anspruch dahinter: Externe Fachleute sollten ihre Erfahrungen in die Forschung und Lehre einbringen und Anregungen zur zukünftigen Profilierung der Uni geben. Unter den Mitgliedern, die nicht aus Jena kommen, finden sich neben Professoren und Politikern mit Michael Kaschke, Mitglied des Beirats der Dresdner Bank, und Jürgen Radomski, dem ehemaligen Personalvorstand bei Siemens, auch Vertreter aus Wirtschaftsunternehmen.