Ein Gespräch mit Soziologieprofessor Hartmut Rosa
Das Gespräch führte Felix Reinhardt
Prof. Hartmut Rosa ist Lehrstuhlinhaber für allgemeine und theoretische Soziologie. Mit Akrützel sprach er über die Veränderung des Zeitgeistes, Ohnmachtsgefühle und die Faszination der RAF.
Foto: Felix Reinhardt |
Herr Rosa, Aktionen gegen Studiengebühren stoßen unter Studenten auf eine nur sehr geringe Resonanz, obwohl sie unmittelbar davon betroffen sind. Wie ist das zu erklären?
Das ist Teil eines allgemeinen Phänomens: Es wird immer schwerer Proteste zu organisieren. Diese Tendenz ist im Übrigen nicht nur studienspezifisch, sondern zieht sich durch die gesamte Gesellschaft. Ein zentraler Grund sind die aufkommenden Ohnmachtsgefühle. Man könnte zwar protestieren, aber es würde nichts bringen. Spieltheoretisch könnte man sagen, es spielt hier eine Art Kosten-Nutzen-Abwägung hinein. Auf der anderen Seite ist jeder gewillt seinen eigenen Weg zu finden. Lieber ein schneller Studienabschluss und ein paar Praktika als versuchen kollektiv etwas zu tun. Hier findet eine Verschiebung im Lebensgefühl statt. Die Studenten wollen sich in dem Wirrwarr am besten durchschlängeln.
Welche Rolle spielt die 68er-Bewegung für die heutige Studenten-Generation?
Sie wirkt eher negativ. Seit 20 bis 30 Jahren sagen die Dozenten: „Naja, es ist alles nicht mehr so, wie es mal zu unserer Zeit war.“ Aber hier findet auch eine Verklärung statt. Wir haben die Bilder im Kopf, dass diese Generation nichts anderes gemacht hätte als zu demonstrieren.
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