Teil 2: Die Landgrafen-Bank Nummer 152
von Kristin Haug
Wenn es in der Stadt nebelig wird, dann verschwindet die Stadt da unten. FOTO:Kristin Haug |
Hjühp, hjühp. Wenn die Vögel hier oben zwitschern, dann hört es sich fast so an, als klappe man den Deckel eines quietschenden Kopierers nach oben. Langsam quäle ich mich hinauf zur „Eule“, einer Bergfront am Rücken des Landgrafen. Die Waden zwicken, die Knie ächzen. Der Schweiß perlt mir herunter, ich selbst aber will hinauf – den Po bewegen, die Uni vergessen, allein sein. Hoch oben, da kreuzen sich die Wege durch die Bäume und Felder und wenn es neblig ist, dann kann man sich vorstellen, nicht die Stadt, sondern das Meer liege unter einem. Hier kann ich mit Jena abschließen, mit der Stadt, mit dem kleinen Mikrokosmos, in dem sich die Menschen drei Mal am Tag über den Weg laufen und jedes Mal Hallo sagen. Hier ist niemand, nur die Entspannung. Im Sommer schallen die Lieder der Kulturarena hinauf und zur Fußballmeisterschaft die umjubelten Tore. Eigentlich bin ich ja hier, um noch eine Runde um den Berg zu laufen, wegen der Fitness. Letzen Endes übermannt mich aber die ganze Entspannung und da ist auch noch diese Bank. Sie trägt die Nummer 152 und sitzt auf einem abgeschlagenen Weg hinter einem Strauch mit roten Beeren und schaut hinunter ins Tal. Das Laub ist feucht und manche Blätter sind so braun und so gerollt, dass sie aussehen wie Hundekötel.
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