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Breaking News aus 1923

Im UHG wurde nach 100 Jahren eine Gedenktafel für die erste deutsche Professorin angebracht. Wer war sie und welche Auswirkungen zieht die Ehrung nach sich? von Helene Ruf

Illustration: Veronika Vonderlind

Seit dem 13.11 gibt es eine Gedenktafel im UHG zu Ehren der von Mathilde Vaerting, der ersten deutschen Professorin.

Es wird höchste Zeit, dass wir ihrer gedenken und insbesondere die Wissenschaftlerin würdigen, die mit vielen ihrer Studien und Forschungsansätzen ihrer Zeit weit voraus war“, schreibt Georg Pohnert, der Leiter der FSU auf der Website.

Dafür, dass sie die allererste deutsche Professorin jemals ist, kommt diese Ehrung ziemlich spät. Andere Professoren, auch Umstrittene wie Hans Berger, zieren schon seit vielen Jahren Jenas Universitätswände oder sind Namensgeber für Gebäude. Natürlich hat jede berühmte Persönlichkeit auch ihre Schattenseiten und ein Personenkult ist nie angemessen. So hat auch Mathilde Vaerting umstrittene Schriften zum ersten Weltkrieg herausgegeben. Dies wurde bei einem Symposium letzte Woche eingeordnet und es gab viel über ihre Rolle in der Uni zu erfahren.

Vor 100 Jahren wurde sie als Pädagogik Professorin an die Universität Jena berufen. Gegen den Willen der damaligen Universitätsleitung wurde sie vom Ministerium für Volksbildung eingesetzt. Die Jahre in Jena waren nicht einfach für sie und sie erfuhr viel Diskriminierung als Frau in der Uni, sowohl von Studierenden als auch seitens der Universität. Ihre Vorlesungen wurden größtenteils in den Abendstunden abgehalten, damit sie nicht so vielen Kollegen begegnet und Anfeindungen erfahren musste. Sie wurde regelmäßig öffentlich fachlich und menschlich von Kollegen diskreditiert. Frauen wollten die anderen Professoren damals nicht in ihren Reihen haben und es war sehr schwer für sie an der Uni Fuß zu fassen.

Dabei leistete sie einen wichtigen wissenschaftlichen Beitrag. Sie forschte beispielsweise zu verschiedenen Lernkonzepten und Machtverhältnissen in der Lehre. Vaerting war auch Pionierin auf dem Gebiet der Geschlechterforschung und forderte eine Gleichbehandlung auf allen Ebenen des gesellschaftlichen Lebens. 1933 wurde sie als Professorin von den Nazis abgesetzt.

Natürlich ist die Ehrung ein wichtiges Zeichen für viele Frauen, die in der Lehre Karriere machen möchten und immer noch viele Hürden auf dem Weg haben.

In einer Zeit in der in Jena zwar 55 Prozent der Promovierenden weiblich sind aber nur 23 Prozent der ProfessorInnen, kann Mathilde Vaerting als Vorbild fungieren. Sie hat sich schon vor 100 Jahren für Geschlechtergerechtigkeit eingesetzt und würde sich bestimmt freuen damit auch heute noch der Uni einen Anstoß zu geben. Doch bei der Tatsache, dass sie damals als Frau von derselben Uni geächtet wurde, die sich heute mit ihrem Andenken schmückt schwingt eine leichte Doppelmoral mit. Zumindest symbolisch wurde sich nun in der Universitätsleitung mit Gleichberechtigung auseinandergesetzt, ob das auch für Änderungen in der Praxis sorgt, bleibt fraglich. Der neue Uni Präsident in Jena heißt schließlich Georg und auch der Beauftragte für Gleichstellung und Diversität ist ein alter weißer Mann.

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