„Studenten wollen’s leise“

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Zu Besuch in einem Jenaer Sexshop

Das Gespräch regte Marco Fieber an



Foto: Marco Fieber

Wohl die meisten Studenten kennen den Laden mit den rot beleuchteten Schaufenstern unweit des UHGs. Matthias Schneider ist Verkäufer im Beate-Uhse-Shop. Dort verkauft der 31-jährige seinen Kundinnen und Kunden, jungen und älteren, hetero- und homosexuellen so ziemlich alles, was den intimen Stunden dienlich sein könnte. DVDs oder Vibratoren sind da nur die Standardware.

Wann kommen die meisten Kunden?
Das ist oft vom Wetter abhängig. Wenn nicht so schönes Wetter ist, zieht es die Menschen nach Hause und man bleibt länger im Bett. Dann wird eben daheim mehr gekuschelt als draußen. Sex gehört zum Leben wie Essen oder Trinken – es wird gebraucht und ist für die meisten lebenswichtig. Es hängt ja auch ein bisschen die Laune davon ab, ob es in der Liebe und beim Sex funktioniert. Wir helfen dabei.

Weiß ihre Schwiegermutter, wo Sie arbeiten?
Ja, natürlich weiß sie das. Daraus brauche ich kein Geheimnis zu machen, denn mein Job ist so normal wie jeder andere auch – und außerdem seriös!

Seit wann sind Sie hier im Laden tätig?
Ich arbeite hier seit August 2006. Es wurde damals jemand für den Shop gesucht und ich habe mich einfach beworben. Der Job war überhaupt kein Problem, denn ich war schon immer offen in der „Sache“. Die Aufgabe war interessant und sie hat mich auch sehr gereizt. Ich arbeite nach wie vor gerne hier und bereue meine Entscheidung nicht.

Aber es macht ja schon einen Unterschied, ob ich jemanden im Supermarkt berate oder hier?
Ja, das stimmt. Neben Kunden mit ganz normalen Bedürfnissen kommen eben auch Menschen, die echte Probleme haben – zum Beispiel in Sachen Potenz oder kurz nach einer Operation. Da muss man tiefgründiger nachfragen, was getan wurde oder ob ein Arzt bereits Ratschläge gegeben hat. Lassen Sie es mich am Beispiel Cockring erklären: Da gleicht keiner dem anderen und es gibt sehr viele Unterschiede: Manche sind nur zur Stimulation für die Frau geeignet und andere wieder zur Erektion des Mannes. Man muss individuell für jeden Kunden den „passenden“ finden.

Also muss man sich auch medizinisch auskennen?
Bei uns werden regelmäßig Lehrgänge und interne Schulungen durchgeführt, gerade was die Präparate angeht. Wir sind immer auf dem neuesten Wissensstand!

Wie lange gibt es den Laden in Jena schon?
Seit der Wende. Im letzen Jahr haben wir unser 20. Jubiläum gefeiert. Wir gehören direkt zum Filialnetz von Beate Uhse.

Inwieweit wird das tägliche Geschäft von dort aus mitbestimmt?
Wir arbeiten sehr eng mit der Zentrale in Flensburg zusammen, da wir ja an der Basis stehen und wissen, was die Kunden möchten. Direkt betreut werden wir von unserem zuständigen Gebietsverkaufsleiter, der uns regelmäßig besucht und mit uns das Geschäft bespricht, welche Produkte sich gut verkaufen und was benötigt wird. Wir sorgen dafür, dass alle Produkte vorrätig sind, die sich der Kunde wünscht.

Kommen mehr Pärchen oder mehr Einzelpersonen zu Ihnen?
Ich würde sagen, dass die Frauen langsam die Mehrheit bilden und gezielt mit Fragen zu uns kommen. Sehr gut angenommen wird auch unser Wellnessangebot, also Massageprodukte, Badesalze, eben alles für einen schönen romantischen Abend – die Flasche Wein gibt es bei uns auch noch dazu.

Was wird am häufigsten nachgefragt?
Vor allem die Toys, also die Spielsachen. Gag-Artikel und Bücher sind auch sehr gefragt und unsere Wäschekollektion läuft prima.
Erst vor Kurzem haben wir den Laden komplett umgebaut und anstelle des Kinos, das jetzt geschlossen ist, haben wir eine schöne Wäscheabteilung eingerichtet.
Hat der Abriss des Kinos etwas damit zu tun, dass man sich die Filme im Internet anschauen kann?
Ja, jeder hat heute einen DVD-Player zu Hause, sodass man sich die Filme bequem dort anschauen kann. Allerdings hat auch Beate Uhse ein eigenes Entertainment-Programm im Internet, wo man per Live-Stream oder Pay-per-View Erotik anschauen kann.

Im Internet gibt es mittlerweile zahlreiche kos­tenfreie Plattformen. Veränderte das die Kaufgewohnheiten der Kunden hier im Geschäft?
Das Internet eröffnet auch für uns neue Möglichkeiten der Vermarktung. So kommen im Versand schon mehr als die Hälfte der Bestellungen online zu uns herein. Es gibt sicherlich auch noch Kunden, die die Scheu haben, einen Laden zu betreten. Oder Andere, die gerne vorne rein und hinten wieder heraus möchten – aber das geht bei uns leider nicht, denn wir haben ja nur einen Ein- und Ausgang. Lacht. Aber wer einmal hier war und gemerkt hat, dass es bei uns recht locker zugeht, der kommt auch wieder. Sie schätzen die persönliche Beratung. Die gibt es im Internet nicht.

Kommen viele Studenten zu ihnen?
Ja, viele. Für jeden ist ja etwas dabei. Sie fragen gezielt nach Liebesspielzeugen. Dabei legen sie besonderen Wert darauf, dass sie schön leise sind – wegen der Zimmernachbarn und so. Es ist ja verständlich, wenn man nah am Mitbewohner liegt, dass man eben etwas Geräuscharmes haben möchte. Für unterwegs soll es manchmal auch sein.

Kann man den Leuten ansehen, wenn sie in den Laden kommen, was sie präferieren?
Das Kuriose ist meistens, dass man den Leuten oft das Falsche zutraut. Man bekommt zwar ein Gespür dafür, aber es passiert schon, dass man denkt, „die ist bestimmt ganz harmlos und mag nur diese softe Variante“ und dann ist es das genaue Gegenteil. Es gibt immer wieder Überraschungen. Es gibt eben keine Klischees.

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