„Hauptsache keine Franzosen!“

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Auf einen Plausch mit dem Burschenschaftsdenkmal am UHG

Das Gespräch fingierte Marc Zimmer



Foto: Daniel Hofmann

Balthasar Urschenschafter vertritt seit 1883 im wahrsten Sinne des Wortes standhaft die Interessen der Jenenser Urburschenschaft, zuerst auf dem Eichplatz, dann am UHG.

Herr Urschenschafter, zunächst einmal recht herzlichen Dank, dass sie in Ihrem vollen Terminkalender einen Platz für uns freimachen konnten.
Das ist doch selbstverständlich. Ich pflege jungen Füchsen wie Ihnen stets die Möglichkeit einzuräumen, von der Erfahrung und dem Wissen meiner Person zu profitieren.

Das ehrt Sie. Sie sind von Beruf Denkmal – ein harter Job?
Ganz bestimmt. Es weht einem oft ein rauer Wind entgegen und ich bin schon das eine oder andere Mal ganz schön im Regen stehen gelassen worden. Aber man sagt mir nach, ich sei hart wie Granit. Das hilft natürlich.

Ich muss zugeben, dass wir redaktionsintern etwas überrascht waren, dass Sie einem Medium wie dem Akrützel so offen gegenüberstehen. Ein neuer Trend in den Reihen der Konservativen?
Ach, konservativ! Wissen Sie, wer so lange und standhaft die Interessen unserer Riege vertreten hat wie ich, der muss irgendwann zu der Erkenntnis kommen, dass es in gewissen Situationen durchaus angebracht sein kann, einen Schritt auf – ähm, naja, sagen wir – Leute wie Sie zuzugehen. Man kann ja nicht immer stur an derselben Stelle stehen bleiben, ab und an muss man sich auch mal von seinem Sockel herablassen können.

Worte eines großen Mannes.
In der Tat, ich bin etwas über drei Meter groß.

Interessant. Aber es ist vielleicht an der Zeit, inhaltlich etwas konkreter zu werden. Was meinen Sie, wenn sie von Situationen sprechen, in denen es angebracht ist, über den eigenen Schatten zu springen? Und was damit, „einen Schritt auf den Gegner zuzugehen“, wie Sie es nennen?
Nun ja, sagen wir Situationen, in denen für konservative Interessen viel auf dem Spiel steht. Da kann es dann zum Beispiel wie ganz aktuell um Fragen der Energiepolitik gehen. Das sind Themen, die man heutzutage leider nicht mehr einfach bei einem Geschäftsessen unter Ausschluss der Öffentlichkeit besprechen kann. Zumindest nicht so einfach wie früher. Da müssen alte Hasen wie ich mit leuchtendem Beispiel vorangehen.

Ohne Frage. Ich nehme an, das ist auch der Grund für Ihren öffentlichkeitswirksamen Stilwandel von den alteingesessenen Farben Schwarz-Rot-Gold hin zu dem Grün, das sie seit einiger Zeit bevorzugt tragen?
Das haben Sie richtig erkannt. Wir sind vielleicht altmodisch, aber bestimmt nicht von gestern. Es ist ein Symbol dafür, dass wir uns immer nach der Meinung richten, die uns die größten Vorteile bringt. Das war immer eine unserer Stärken. Außerdem steht mir Grün ausgezeichnet, wie ich finde.

In der Tat. Nicht nur politisch, sondern auch modisch voll auf der Höhe. Unter uns: Haben Sie da nicht etwas Hilfe bekommen?
Erwischt. Ich bin ein vielbeschäftigter Mann und habe selbst kaum Zeit mich um mein Aussehen zu kümmern. Ich meine, nehmen Sie allein den heutigen Tag: Nach dem Frühstück war direkt Fechten bis zum Mittagessen angesetzt, danach haben wir etwas an unserer Internetpräsenz auf www.maennerbuen.de gearbeitet, jetzt sitze ich hier mit Ihnen und gleich ist auch schon wieder Zeit zum Trinken. Modische Belange überlasse ich da gerne meiner Frau.

Verständlich. Sind denn weitere Aktionen wie diese geplant?
Nun ja, das kommt immer auf die jeweilige Situation an. Es ist aber im Gespräch, mir für den nächsten Christopher Street Day ein Outfit in Regenbogenfarben zuzulegen. Solche Aktionen müssen sich aber nicht auf farbliche Statements beschränken. Das hängt mir nach der ganzen Sache mit dem Hambacher Fest ehrlich gesagt auch immer noch etwas zum Halse heraus. Auch eine Demonstration, bei der ich mich als das Bildungsstreikmonster verkleide, ist bereits in Planung. Solange die Frauenfußball-WM läuft, ist die Deutschlandfahne aber natürlich Pflicht.

Man darf also gespannt sein. Ein anderes Thema, das die Burschenschaften in den letzten Wochen und Monaten in die Medien brachte, ist das Thema Rassismus. So sollen einige Burschenschaften gefordert haben, ein Mitglied mit chinesischen Eltern auszuschließen. Was halten Sie davon?
Ach wissen Sie, ich finde diese Leute haben sich bewusst gegen ein kommunistisches Regime entschieden und einen langen Weg auf sich genommen, um hier mit uns Traditionen und Tugenden zu pflegen. Sie haben es sich meiner Meinung nach verdient, für uns Alte Herren deutsches Bier zapfen zu dürfen. Ausländer sind mir also recht willkommen. Hauptsache keine Franzosen!

Herr Urschenschafter, vielen Dank für das Gespräch.
Prost!

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