Auflösungserscheinungen

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Der Stura plagt sich mit der Vorstandswahl herum

Von Marc Zimmer und Philipp Böhm




Vorstandswahlblockade leicht gemacht.

Foto: Katharina Schmidt

Wikipedia ist ein nützliches Werkzeug, um sich innerhalb von kurzer Zeit Unmengen an Halbwissen anzueignen. So lässt sich beispielsweise in dem Eintrag zu Katatonie finden, dass es sich dabei um ein „psychomotorisches Syndrom“ handelt, das unter anderem eine „Starre des ganzen Leibes“ bedeuten kann. Wer sich allerdings in den letzten Wochen mit der Arbeit der studentischen Interessenvertretung beschäftigt hat, wird sich möglicherweise fragen, warum sich auf dieser Seite kein Querverweis zum Stura der Friedrich-Schiller-Universität findet: Seit Wochen plagt sich das Gremium mit internen Problemen.

Im Februar trat Mathilde Schäfer von ihrem Amt als Stura-Vorstand zurück – aus persönlichen Gründen. Die Satzung verlangt nun, dass innerhalb von zwei Monaten Vorlesungszeit ein neuer Vorstand gewählt wird. Was in der Theorie einfach klingt, gestaltete sich in der Realität als schier unlösbare Aufgabe für den Stura. Insgesamt dauerte die Wahl sieben Wochen – die vorlesungsfreie Zeit nicht mitgerechnet. Stura-Vorstand David Schinkel schätzt, dass es etwa 20 Wahlgänge gebraucht hat, bis sich das Gremium auf einen neuen Vorstand, Claudia-Corina Giese, einigen konnte.
Bei den Wahlen waren nur wenige Stura-Mitglieder anwesend: „Ein Drittel fehlte ständig“, berichtet David. Momentan befinden sich 29 gewählte Mitglieder im Stura, die Hälfte davon muss für eine Wahl anwesend sein. Wenn nun ein Drittel nahezu permanent fehle und dann noch ein paar Krankheitsfälle dazukämen, werde es schwierig, erklärt David und fügt hinzu: „Ich glaube, dass so viele Leute so selten kommen, liegt daran, dass sie sich vor der Wahl nicht überlegen, wie viel Arbeit das tatsächlich ist.“
Neben der spärlichen Anwesenheit sah sich das Gremium mit einem weiteren Problem konfrontiert: den Jusos. Die seien zwar die meiste Zeit anwesend gewesen, hätten aber laut David die Wahl die ganze Zeit über blockiert. Die­se „Blockade“ ging von einer geschlossenen Enthaltung oder Ablehnung bis hin zum Vorschlagen von Kandidaten, nur um sie dann doch nicht zu wählen. Von einigen wurde sogar die Selbstauf­lösung des Gremiums gefordert. „Ich kann nicht nachvollziehen, was die Jusos damit bezwecken wollen. Für mich hat das nichts mehr mit Demokratie zu tun“, sagt David.
Marc Emmerich, der für die Jusos im Stura sitzt, verteidigt das Verhalten der Mitglieder: Zunächst seien die Juso-Stimmen nicht wirklich ausschlaggebend für die Wahl gewesen. Außerdem hätten sie nicht grundsätzlich jeden Bewerber abgelehnt, sondern das an einzelnen Punkten entschieden. So seien beispielsweise verschiedene Mitglieder für sie „unwählbar“ geworden, weil sie in Betracht gezogen hätten, ein Referat gegen Linksextremismus zu gründen. Er sieht das Problem an einer anderen Stelle: „Meiner Meinung nach ist der Stura momentan nicht mehr arbeitsfähig. Es findet keine offene Diskussion über inhaltliche Themen mehr statt.“ In den letzten Wochen sei es nur darum gegangen, um jeden Preis einen dritten Vorstand zu wählen.
Die Forderung nach einer Selbstauflösung sollte deshalb überhaupt erst einmal zu einer Diskussion führen. Die kam aber nicht zustande: Zwar wurde die Debatte um die Arbeitsfähigkeit des Sturas als Tagesordnungspunkt aufgenommen, aber nach der letztendlich erfolgreichen Wahl des dritten Vorstands wieder gestrichen – auch weil nur einer der Jusos erschienen war. Diese Entscheidung kann Marc nicht verstehen: Arbeitsfähigkeit sei für ihn nicht erreicht, nur weil alle Posten formal besetzt seien. Dass Debatten wie diese regelmäßig abgeschmettert würden, sieht er als Zeichen dafür, dass der Stura mehr und mehr zu einem reinen Verwaltungsgremium geworden ist: „Es gibt zwar immer wieder Einzelakteure, die sich einbringen, aber das sind dann vielleicht vier von siebzehn auf einer Sitzung. Da muss sich grundsätzlich etwas ändern.“
Der Stura sieht sich derweil schon mit dem nächsten Kraftakt konfrontiert. Denn mittlerweile ist auch Christin Penz als Vorstand zurückgetreten. Sollte die nächste Wahl ähnlich lange andauern, könnte theoretisch die Schiedskommission die Auflösung des Gremiums veranlassen.

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