Rückkehr der Stempelgroschen

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Verwaltungsgebühren kommen durch die Hintertür zurück

Von Philipp Böhm und Charlyn Koch

So manch ein Student wird wohl doch sein Sparschwein schlachten müssen.
Foto: Dennis Nuij

Mit 50 Euro kann man eine Menge machen: zum Beispiel mit dem Zug nach Leipzig und zurück fahren oder 66 Kaffees in der Uni-Cafeteria trinken – oder aber den Verwaltungskostenbeitrag bezahlen, der seit 2007 an den Thüringer Hochschulen erhoben wird.

Nun soll der Beitrag abgeschafft werden, darin ist sich die neue schwarz-rote Koalition einig. Der Jubel ist groß: „Endlich!“, meint der Stura-Vorstand der Uni Jena in einer Pressemitteilung. Mit einem euphorischen „Auf Nimmerwiedersehen!“ verabschiedete sich die Konferenz Thüringer Studierendenschaften (KTS) schon von der Gebühr, gegen die seit ihrer Einführung stetig protestiert wurde, auf der Straße wie im Gerichtssaal.
Doch es könnte sein, dass sich die Thüringer Studenten zu früh gefreut haben: Ein genauerer Blick in das „Thüringer Hochschulgebühren- und Entgeltgesetz“ zeigt, dass eine Abschaffung des Verwaltungskostenbeitrags nicht zwingend eine finanzielle Entlastung für die Studenten bedeuten muss. Es sieht fast so aus, als würde der Beitrag überhaupt nicht abgeschafft, sondern lediglich umbenannt werden.

Zwei kleine Paragrafen

Festgeschrieben ist der Beitrag in Paragraf 4 des Gesetzes. Dort heißt es: „Die Hochschulen erheben für die Verwaltungsleistungen, die sie für die Studierenden außerhalb der fachlichen Betreuung erbringen, einen Verwaltungskostenbeitrag in Höhe von 50 Euro für jedes Semester.“
Wenn nun lediglich dieser Paragraf des Gesetzes gestrichen würde, griffe aber nach wie vor Paragraf 14. In diesem heißt es wiederum, die Hochschulen sollten für „sonstige öffentliche Leistungen“, die im „Zusammenhang mit dem Studienbetrieb“ erbracht werden und nicht durch die restlichen Paragrafen abgedeckt sind, „Gebühren und Auslagen“ erheben.
Zu diesen Leistungen zählen „insbesondere Verwaltungsdienstleistungen wie die Ausstellung von Ausweisen und Bescheinigungen.“ Was sich etwas obskur und umständlich liest, bedeutet nichts weiter, als dass die Universität den Verwaltungskostenbeitrag in Zukunft selbst eintreiben kann, nur dass er dann wahrscheinlich einen anderen Namen trägt. Dabei gibt es gesetzlich keine Grenze nach oben, was die Höhe der Gebühren angeht.
Auf die Frage, ob die Uni Jena diese Gebühren erheben wird, antwortet Rektor Dicke ausweichend. Er könne das jetzt noch nicht sagen, aber: „Es werden Mittel wegfallen, die wir kompensieren müssen.“ Dicke bleibt auch äußerst vage bei der Frage danach, wie sich die Abschaffung des Verwaltungskostenbeitrags auf die Uni Jena auswirken wird: Zwar bleibe die Planung „flexibel“, aber weniger Geld sei schließlich „nie gut“. Im Verwaltungsapparat zu kürzen kommt für ihn nicht in Frage, denn dieser sei schon „sehr schlank“.
Auch Kanzler Klaus Bartholmé machen diese „finanziellen Engpässe“ große Sorgen, die Uni müsse die Million nun an anderen Stellen abziehen. Er hoffe darauf, dass von Seiten des Landes ein Ausgleich geschaffen werde – etwas, wofür sich auch Bildungsminister Matschie im Interview mit Akrützel einsetzte. Bartholmé möchte aber zunächst den Gesetzesentwurf abwarten, bevor er Konsequenzen für die Uni zieht.

Neue Immatrikulationsordnung

Allerdings sieht es ganz danach aus, als hätte die Uni-Leitung schon längst still und heimlich diese Konsequenzen gezogen: In der Senatssitzung vom 3. November wurde eine Änderung der Immatrikulationsordnung beschlossen.
Dort heißt es nun: „Die Rückmeldung erfolgt durch Überweisung des Semester- und Verwaltungskostenbeitrags in der jeweils geforderten Höhe und fälliger Gebühren.“ Früher gab es in diesem Paragrafen noch den Einschub „soweit gesetzlich gefordert“. Dieser wurde nun gestrichen.
„Die Uni kann damit alle möglichen Gebühren erheben, wenn nur Paragraf 4 und nicht gleichzeitig Paragraf 14 im Hochschulgebührengesetz verändert wird“, meint Mathilde Schäfer, Stura-Vorstand und Mitglied des Senats. Der Senat hatte sich explizit dagegen entschieden, das Wort „Verwaltungskostenbeitrag“ aus der Ordnung zu nehmen, obwohl der ja offiziell eigentlich abgeschafft werden soll. Die vertrackte Begründung lautet, man wolle mit dem jetzigen Wortlaut der Ordnung vorbeugend verhindern, diese noch einmal verändern zu müssen, wenn der Beitrag abgeschafft wird.
Ob und in welcher Höhe nun die Gebühren statt vom Land zukünftig von der Uni Jena erhoben werden, ist eine Entscheidung, die an den Studenten vorbei getroffen wird. Denn dank des Thüringer Hochschulgesetzes darf solche Beschlüsse das Präsidium fällen. Und das besteht nur aus Rektor, Prorektoren und Kanzler.

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