Blut und Briefe

Schillers “Don Carlos” am Nationaltheater in Weimar

Von Johannes Weiß

“Geben Sie Gedankenfreiheit!” Marquis Posa redet König Philipp ins Gewissen.
Foto: David Graeter/DNT

Nur selten kommt es vor, dass ein Programmheft so viel über eine Theatervorstellung aussagt. Während man sich sonst durch theoretische oder literarische Texte quälen muss, die mit dem Geschehen auf der Bühne sowieso nichts zu tun haben, ist es bei der Begleitbroschüre des neuen Weimarer „Don Carlos“ ganz anders: Abgesehen von der Besetzungsliste und einer Kurzzusammenfassung der Handlung sucht man hier vergebens nach Inhalten. Besser hätte die Inszenierung nicht beschrieben werden können. Gut, die Vorderseite des ausklappbaren Programmheftes zeigt zudem ein mit vielen bunten Pfeilen ausgestattetes Dia­gramm, das einen Überblick über die im Stück vorkommenden Briefe samt Absender und Empfänger bietet. Auf der kompletten Rückseite hingegen darf man ein Poster vom Alten Museum in Berlin mit der installierten Leuchtschrift „all art has been contemporary“ bewundern. Es drängt sich der Verdacht auf, dass der Regisseur Felix Ensslin und die Dramaturgin Susanne Winnacker eben einfach wenig zu sagen hatten. Die über dreieinhalbstündige Vorstellung widerlegt dies nicht.

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Dominas, Eierköpfe und Reinigungskräfte

“Turandot” und “Bajazzo” am Nationaltheater in Weimar

Von Johannes Weiß

Foto: DNT/Anke Neugebauer

Einfallsreich ist sie ja, das muss man Lydia Steier zugestehen. Für die erste Überraschung sorgte die Nachwuchsregisseurin bereits mit der Entscheidung, Ferruccio Busonis eher unbekannte „Turandot“-Oper zusammen mit dem etablierten „Bajazzo“ Ruggero Leoncavallos aufzuführen. Das gewohnte, ja fast schon kanonisierte Gespann eines solchen Doppelabends bildet der „Bajazzo“ nämlich mit Pietro Mascagnis Einakter „Cavalleria rusticana“. Statt dessen sieht der Zuschauer in Weimar seit Mitte September nun also eine zweite „Turandot“ – neben der wesentlich populäreren Fassung Puccinis in der überzeugenden Inszenierung von Andrea Moses.

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A capella in der Kapelle

“Die Prinzen” spielten in der Jenaer Stadtkirche

Fotos: Katharina Schmidt

(mat) „Kommt doch einfach nach vorne, wenn die Akustik da hinten so schlecht ist“. Sebastian Krumbiegel von der Leipziger Musikgruppe „Die Prinzen“ hatte vorigen Dienstagabend gut reden. Schließlich war die Jenaer Stadtkirche, in der die A-capella-Band ein Konzert gab, mit 650 Besuchern fast ausverkauft – auch in den hinteren Sitzreihen war kaum noch ein Platz zu ergattern.

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Wilde Mischung

Freshlyground spielten eines der mitreißendsten Konzerte der Kulturarena

Von Louisa Reichstetter

Foto: Akrützel/Louisa Reichstetter

Der Erfolg von Freshlyground liegt, so könnte man den Eindruck haben, vor allem an einer politisch korrekten Zusammensetzung der Musiker: Eine dunkelhäutige Sängerin, die aus einem Dorf nach Kapstadt kam und deren Muttersprache Xhosa ist, eine Geigerin mit englischen Vorfahren, ein jüdischer Pianist, ein Gitarrist aus Mozambique, ein Flötist aus Zimbabwe – alle vier in den Zwanzigern – werden durch zwei prominente Veteranen des südafrikanischen Popgeschäfts an Bass und Schlagzeug komplettiert.

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Leichte Sommerabendklänge

Soha hinterließ keinen bleibenden Eindruck

Von Louisa Reichstetter

Foto: Akrützel/Louisa Reichstetter

Soha sei die Entdeckung aus Frankreich, wirbt die Plattenfirma und die Pressearbeit der Kulturarena schließt sich in gleichem Wortlaut an. Wenn die junge Sängerin, die mit ihrer Familie als Kind aus Algerien nach Südfrankreich zog, die Bühne betritt, achtet man allerdings zunächst nicht unbedingt auf die Musik.

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Reggae vom Rhein

Gentleman brachte das Jenaer Publikum zum Schwitzen

Von Pauline Weiß

Foto: Akrützel/Anna Zimmermann

Schwül war es, als eine bunte Menschenmenge am Abend des 17. Juli in die Kulturarena strömte, um Gentleman zu lauschen, zu huldigen und ausgelassen zu tanzen und zu springen. Pünktlich um 20 Uhr läuteten die beiden Background-Sängerinnen Tamika und Mamadee das Konzert ein und entfachten stimmgewaltig die Feierlaune des Jenaer Publikums, das sich sogleich zu den smoothen Rhythmen im Takt wiegte. Ließ man den Blick über die sanft wogende Masse schweifen, konnte man Menschen von unter fünf bis über 50 Jahren entdecken. Besonders süß war inmitten der Menge ein kleiner Junge mit quietsch-grünen Ohrenschützern.

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