Oscar Wildes Rave-Party

Gestern Abend startete die Kulturarena Jena auf dem Theaterplatz mit Oscar Wildes Komödie “Bunbury”. Ein Spektakel, das die Übertreibung feiert.

Von Bernadette Mittermeier

Oscar Wildes Komödie „Bunbury,  oder von der Notwendigkeit, Ernst zu sein“ reiht so viele witzige Aphorismen und schlagfertige Dialoge aneinander, dass man das Stück vermutlich auch als minimalistische Lesung auf der Bühne hätte inszenieren können, und das Publikum hätte seinen Spaß gehabt. Regisseur Moritz Schönecker macht das Gegenteil.

Für das 20. Sommerspektakel des Theaterhauses zur Eröffnung der Kulturarena bringt er mit „Bunbury“ ein multimediales Feuerwerk auf die Bühne, das den Namen „Spektakel“ wahrlich verdient hat.

Alles ist hier spektakulär. Da wären zunächst die Kostüme, die aussehen wie von einer Bad-Taste-Party geborgt. Auch das Schauspiel ist schrill, mit teilweise hysterischen Lachanfällen, großen Gesten und hektischer Sprechweise. Ab und an laufen ein überlebensgroßer Pandabär oder die Queen samt lila-gewandeter Garde durch das Bild.

Man müsste sich diese Inszenierung mehrmals ansehen, um alle Gags mitzubekommen, die sich da im Hintergrund abspielen. Das wilde Slapstick-Gewusel der rund 60 Statisten sorgt bei der ausverkauften Premiere für viele Lacher im Publikum. Ab und an macht es den Zuschauern aber unmöglich, die Dialoge zu verstehen, die oft überdeckt werden von der Geräuschkulisse aus Begleitmusik oder der gelegentlichen Rave-Party. Das ist schade, da Wildes pointierte Bosheiten noch immer zünden, wenn sie die Chance bekommen, sich gegen den Rest des Geschehens durchzusetzen.

Andererseits passt die schrille Party-Inszenierung hervorragend zu Oscar Wildes Stück. Beim Theaterhaus Jena hat man sich noch nie mit Werktreue im Sinne einer text-fixierten Inszenierung begnügt, sondern immer versucht, den Kern der Dramen mit neuen Mitteln zu erfassen. In diesem Fall ist das Experiment auf sehr witzige Art gelungen.

Theaterhaus Jena

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Die Geschichte ist folgende: Die beiden Freunde Algernon und Jack führen Doppelleben. Algernon (Maciej Zera) erfindet einen schwer kranken Freund namens Bunbury, der ihm als Ausrede für langweilige Verabredungen dient. Jack (Leander Gerdes) gaukelt seinen Bekannten auf dem Land einen missratenen Bruder namens Ernst vor, um sich in der Stadt vergnügen zu können. Dort verliebt er sich in Algernons Cousine Gwendolen, die ihn auch gerne heiraten möchte – weil sie schon immer davon geträumt hat, einen Mann zu heiraten, der Ernst heißt. Das Verwirrspiel wird noch komplizierter, als Algernon auf das Landgut seines Freundes fährt und sich dort als dessen Bruder Ernst ausgibt. Algernon verliebt sich in Jacks Mündel, die junge Cecily – die sich ebenfalls schon lange einen Ehemann namens Ernst wünscht. Das Doppelleben der beiden Dandys droht aufzufliegen.

Natürlich ist diese Handlung unrealistisch bis ins Absurde, genau darum geht es auch: Um Lügen, um Schein und Sein; darum, dass keine der Figuren ist, wer sie zu sein vorgibt oder zu sein glaubt. Die überspitzten Dialoge passen deshalb gut mit der überdrehten Inszenierung zusammen. Immer wieder erinnert Regisseur Moritz Schönecker seine Zuschauer daran, dass hier nichts echt ist. Fast wartet man auf ein Schild mit der Aufschrift „Glotzt nicht so romantisch.“

Theaterhaus Jena

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Am schönsten gelingt das durch die clevere Verwendung des Bühnenbildes. Fast die ganze Bühne besteht aus Greenscreen oder Leinwand, wodurch Videoeinblendungen möglich werden. Die Handlung findet auf dem großen Bildschirm teilweise im Flugzeug oder in Mexiko statt, während der Zuschauer gleichzeitig auf der Bühne darunter die bewusst stümperhafte Künstlichkeit vor dem Greenscreen mitbekommt.

Zum Beispiel, als Jack seiner Gwendolen einen Heiratsantrag macht, und zwar in einer behelfsmäßig aus Stühlen zusammengesetzten Gondel, vor der vorbeiziehenden Kulisse Venedigs, während ein Assistent eine Möwe an einer Angel um sie kreisen lässt. Das ist nicht nur unglaublich komisch mit anzusehen, sondern trifft auch die Kernaussage des Stücks: „Bei den wirklich wichtigen Dingen im Leben ist das Entscheidende nicht Wahrheit, sondern Stil.“

Diese Inszenierung mag für diejenigen anstrengend sein, die mit der Handlung nicht ohnehin schon vertraut sind. Aber selbst die werden über die vielen Gags und Slapstick-Einlagen lachen können. Wer es trotzdem schafft, während dieser Aufführung kein einziges Mal seine Mundwinkel zu einem Lächeln zu verziehen, dem ist es zu wichtig, ernst zu sein.

„Bunbury, oder von der Notwendigkeit, Ernst zu sein“ 
von Oscar Wilde
Theaterhaus Jena
6.7. (Premiere) , 7.7. , 8.7. , 9.7.
Beginn: 21:30 Uhr
Theatervorplatz Jena

Fotos: Theaterhaus Jena/ Joachim Dette

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