Vier Stimmen und ein müdes Publikum

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Die Urban Mash Up All Stars in Jena

Von Philipp Franz

Beim Auftritt von Cassandra Steen tauten die Konzertbesucher dann langsam auf.

Beim Auftritt von Cassandra Steen tauten die Konzertbesucher dann langsam auf.
Foto: Kulturarena

Kennt ihr das, wenn ihr kurz nach Sonnenaufgang durch die semimüde Stadt fahrt und eigentlich ist es noch zu kalt? Die Sonne steht schon am Himmel, mit jeder Minute wird es wärmer und irgendwann mag man gar nicht mehr vom Fahrrad absteigen. Ähnlich entwickelt sich ein Konzert der Urban Mash Up All Stars – klein und leise fängt es an und mit ganz viel Wärme hört es auf.

Zu Beginn betritt jeder des Quartetts einzeln die Kulturarena – Matteo Capreoli macht den Anfang. Seine Musik und Stimme sind dabei so exotisch wie sein Name, dabei bleibt er aber im Urbanbereich. Urban meint all die Musikrichtungen, die vor allem im städtischen Raum entstanden sind – also R’n’B, HipHop, Soul. Von Reggae über deutschsprachigen Soul bis hin zu HipHop bietet Capreoli also viel. Mit seiner Gitarre und einer Stimme, die mehr von Max Herre hat als sein Äußeres, aber dabei neu und anders klingt singt er mehrere Titel aus seinem aktuellen Album “Ein Stück vom Weg”. „Heute nur bis morgen“ ist seine eingängigste Nummer an diesem Abend.

Nach einer Portion Capreoli gibt es auf der Bühne einen fliegenden Wechsel zu Fetsum, einem Mann mit krausem Haar. Er selber betitelt seine Musik in einem Interview nur als Urbanfolk, das Publikum in der Arena weiß aber, dass sie viel mehr ist. „Waitin‘ For You“ und „Say Who You Are“ erinnern eher an große Balladen aus den 90ern erfrischt durch orientalische Klänge und Bässe.

Nach den zwei männlichen Jammern dieser zu knappen Konzert-Session kommt das erste weibliche Pendant auf die Bühne. Ihre Vorbilder Billie Holiday und Erykah Badu lassen sich nur an den Sounds und der Stimme erahnen. Ihr optischer Stil ist ein anderer. In der Art, wie sie ihre Röhrstimme nutzt und die Titel interpretiert, liegt etwas ganz eigenes. Das Publikum lauscht für einen Song bedächtig Y’akoto.

Dann kommt eine große Frau, auf die fast alle Zuhörer heute Abend gewartet haben. Cassandra Steen bricht den Bann des Nicht-Tanzens und des Nicht-Mitsingens, der scheinbar auf dem Publikum lastet. Spätestens bei „Stadt“, dem wohl bekanntesten Titel der deutschen Soulstimme, welchen sie heute mit Fetsum neu auflegt, hält das Publikum nichts mehr und alles tanzt, grölt und klatscht. Die Jenenser Zuschauer waren bisher irgendwie leicht eingerostet und mussten sich erst bitten lassen.

In dieser Aufrittsreihenfolge läuft das Konzert weiter. Am Ende verabschieden sich die vier Stimmen der deutschen Urbanszene mit einem Cover von Tracy Chapmans „Talkin‘ `Bout A Revolution“ – im Sinne einer Jamsession eben, all mashed up.

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