Die erste Diagnose

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Auf einer Podiumsdiskussion zeigte sich, welchen Problemen sich das Institut für Erziehungswissenschaft in Jena zu stellen hat

Von Kay Abendroth




Es tut sich was im Lehrerzimmer
Foto: Rob Shenk / flickr.com

Der Fachschaftsrat des Instituts für Erziehungswissenschaft warb auf seinem Plakat zur Wahl 2010 mit den Zielen „Für mehr Kommunikation, mehr Transparenz und eine bessere Studiensituation!“ Zumindest mehr Kommunikation und Transparenz, als bisher am Institut üblich war, gab es am 22. Juni im Hörsaal 3 des Abbe-Campus, als der FSR zur Podiumsdiskussion einlud. Thema waren die „aktuelle Situation und Zukunftsperspektiven der Institute und Studiengänge“. Auf dem Podium saßen die Direktorin des Instituts für Erziehungswissenschaft Michaela Gläser-Zikuda, der Direktor des Instituts für Bildung und Kultur Michael Winkler, Lehrstuhlvertreter Jörg Fischer (Erziehungswissenschaft) und Ulf Sauerbrei (Bildung und Kultur) sowie Robert Römer und Christian Seidler vom FSR. Studiendekan Stephan Lessenich moderierte.
Zu dieser öffentlichen Veranstaltung hätten mehrere Faktoren geführt, sagt Christian: ein Strukturpapier der Leitung des Instituts über dessen Ausrichtung, mit dem der FSR nicht einverstanden ist, die Berichterstattung im Akrützel und in der Regionalpresse, das schlechte Ergebnis beim CHE-Ranking und „frischer Wind“ durch neue Mitglieder im FSR. Ein Anliegen war es, „manche Sachen in öffentlicher Runde zur Sprache“ zu bringen, so Christian. Den Studenten sollte darüber hinaus vermittelt werden, wie die Situation innerhalb der Institute ist. Und schließlich „wollten wir uns auch nicht mehr vorwerfen lassen, dass wir keine Initiative zeigen“.

Massive
Veränderungen

Nach einer kurzen Bestandsaufnahme gab es einen „kritisch-historischen“ Rückblick auf die Umstände, die zur Spaltung in die beiden nun bestehenden Institute Erziehungswissenschaft (IfE) und Bildung und Kultur (IBK) geführt haben. Im Prinzip stecke das Institut für Erziehungswissenschaft in Jena in einer „sehr unglücklichen Situation“, die aus einem Zusammentreffen von verschiedenen Faktoren entstanden sei, meint Winkler. Auf der einen Seite gab es massive strukturelle Veränderungen in der Hochschullandschaft insgesamt, insbesondere auch in den Studiengängen. Dies sei schon ein „Arbeitsprogramm“, das selbst von normal funktionierenden Instituten „nur mit Schwierigkeiten gemeistert“ werde. Und auf der anderen Seite – und das mache die Situation erst so brisant – sei in diesem „normalen Zustand der Unnormalität“ ein nahezu kompletter Wechsel der beteiligten Hochschullehrer erfolgt. Der äußere Anlass der Teilung stehe „nicht zuletzt auf Initiative des Rektors“ in Zusammenhang mit dem „Forschungszentrum Laboratorium Aufklärung“. Es ging darum, dass eine Beteiligung der Erziehungswissenschaft daran nicht gleichzeitig mit dem Forschungsschwerpunkt des Instituts in Einklang gebracht werden konnte. Daraufhin sei gesagt worden: „Dann macht ihr ein eigenes Institut mit diesem Schwerpunkt auf. Das soll dem Zentrum nahestehen.“ So entstand dann das Institut für Bildung und Kultur. Die Auswirkungen dieser „Melange“ von Strukturveränderungen, Generationenwechsel bei den Lehrstühlen und Professuren und schließlich der Institutsteilung sind heute die Probleme am Institut für Erziehungswissenschaft. Dazu kommt, dass das Institut nicht gemäß den Strukturplänen ausgebaut worden sei und deshalb unter einer „strukturellen Minderaustattung“ leide, sagt Winkler. „Mehrere Professuren, die eigentlich vorgesehen waren, wurden überhaupt nicht eingerichtet“.
Gläser-Zikuda kam erst nach Jena, als die Trennung schon beschlossen war, und kann sich deswegen nicht weiter dazu äußern. Sie findet es aber „sehr bedauerlich“, dass sich das Institut aufgespalten hat.
Diese Trennung sei bei der Vielzahl der zu bewältigenden Aufgaben eine Belastung, sagt Jörg Fischer, der auch die Perspektive der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in das Podium einbringt. „Inhaltlich ist sie für mich nicht nachvollziehbar und nach außen nicht vermittelbar“, so Fischer weiter.
Kommunikation und Transparenz blieben durch die Teilung auf der Strecke, fügt Christian an: „In den Institutsräten stehen teilweise die gleichen Dinge auf der Tagesordnung, aber es wird hier und da anders entschieden.“ Gerade ein effektives Zusammenarbeiten sei in dieser brisanten Situation aber vonnöten, um sich nicht nur innerhalb eines Instituts zügig zu einigen, sondern eben auch zwischen beiden. Sie verantworten zusammen drei Studiengänge: den Bachelor, den auslaufenden Magister und das Lehramt.
Winkler warnt anschließend „dringend“ davor, diese Trennung zum „Fetisch“ zu stilisieren: „Das ist überhaupt nicht das Problem“. Er verweist auf andere Universitäten, die auch mehrere Bildungsinstitute haben und nicht in einer solch schwierigen Lage seien.
Auch wenn die Institute IfE und IBK nun getrennte Einheiten sind, bleibt trotzdem die Verantwortung für die Ausrichtung von drei Studiengängen. Winkler machte deutlich, dass eine bessere Zusammenarbeit auf allen Ebenen aufgrund von früheren Zerwürfnissen nicht ohne Weiteres möglich sei, woraufhin Gläser-Zikuda zu Gesprächen einlud, um an dieser Stelle weiterzukommen.
Kommunikationsprobleme beseitigen, die Transparenz erhöhen, die Zusammenarbeit verbessern: Konstruktive Gespräche zwischen den beiden Instituten sind in der derzeitigen Situation offensichtlich notwendig.
Es wurden im weiteren Verlauf der Podiumsdiskussion viele Probleme besprochen: die vier in Vertretung besetzten Lehrstühle und Professuren, die laut Robert Römer vom FSR „prekäre Beschäftigungssituation der Mitarbeiter“, die unter anderem dazu führt, dass Seminare nicht wiederholt angeboten werden können, die Überlastung der Prüfer, die keine Prüfungen mehr annehmen können (offenbar ist hier schon seit Längerem die Kapazitätsgrenze erreicht) und das miserable CHE-Rankingergebnis.

Keine konkreten Ergebnisse

Ziemlich genau zwei Stunden wurde die Podiumsdiskussion geführt. „Es war nicht ganz unser Plan, dass eben nur der aktuelle Stand auf den Tisch kommt“, sagt Christian. Auch Perspektiven hätten angesprochen werden sollen. „Aufgrund der begrenzten Zeit und der Fülle der Themen war es einfach nicht möglich. Da haben wir uns vielleicht ein klein wenig verschätzt“, gibt Christian zu. Trotzdem bewertet er die Veranstaltung positiv: „Es war ein erster Schritt. Wir müssen das für uns selbst jetzt auch erst einmal auswerten“. Es soll im Nachgang weitere Gespräche im kleinen Kreis geben, mit einzelnen Personen, aber auch zwischen den Instituten. Wann die nächste öffentliche Veranstaltung dieser Art stattfinden wird, konnte Christian noch nicht sagen: „Ich denke, dass es nicht die letzte Podiumsdiskussion gewesen ist“.
Auch wenn es noch keine konkreten Ergebnisse gab, war sie doch ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Institutsleiterin Gläser-Zikuda stellte sich dem öffentlichen Diskurs und sieht die schwierige Situation auch als Chance. Und der Fachschaftsrat zeigt nicht nur mit dem Ausrichten der Podiumsdiskussion, dass er die Kritik der Vergangenheit ernst nimmt. Auf seinem Wahlplakat verspricht er: „Die Zeit des Kuschelns ist vorbei.“

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