Schwarze Kunst

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Zu Besuch in Jenas Schallplattenläden „Fatplastics“ und „Mr. Music“

Von Elisa Nößler


Foto: Katharina Schmidt

Ruhig ist es dieser Tage im Schillergäßchen. Die sommerlichen Temperaturen scheinen die Jenaer eher ins Freibad zu locken. Wer sich dennoch hierher verirrt, hat neben Theater und Grünowski vor allem ein Ziel: seine Leidenschaft nach frisch gepresstem Vinyl zu befriedigen.
Im „Fatplastics“ können Musikliebhaber im Angebot der insgesamt 17.000 Platten stöbern – vorrangig Scheiben aus der Elektro-, House-, Techno- und Drum’n’Base-Szene stehen in den Regalen. Wöchentlich kommen bis zu 150 neue Platten hinzu, gekauft werde nach Kundenwunsch. „Besonders DJs und alle, die sich für elektronische Musik interessieren, kommen zu uns“, verrät Mathias Veit. Der 32-Jährige ist verantwortlich für den auf elektronische Musik spezialisierten Plattenladen, den es seit September 2001 gibt. Betrieben wird „Fatplastics“ vom Verein „Freude am Tanzen“, in dem auch Veit Mitglied ist. Neben dem Plattenladen gehören eine Booking-Agentur sowie zwei eigene Musik-Labels zum Verein.
„Man sollte die Schallplatte nicht für tot erklären. Unsere Künstler beispielweise legen alle mit Platten auf“, betont der gebürtige Jenaer. Dennoch könne man den Trend spüren, dass mehr DJs zu Musik im MP3-Format als zur Platte greifen. Der Rückgang an Käufern gleiche sich aber mit neuen Interessierten aus. Vor allem Jüngere entdeckten die Schallplatte für sich. „Monatlich verkaufen wir immerhin bis zu 1.500 Platten“, unterstreicht Veit.
Vinyl-Fetischisten, die auf der Suche nach dem „schwarzen Gold“ aus allen Musik-Genres sind, werden im „Mr. Music“ gegenüber vom Universitätshauptgebäude fündig. Bis unter die Decke stapeln sich hier 50.000 Schallplatten aller Genres, reihenweise CDs, aber auch Band-Merchandising und Musiker-Biografien. Vor allem der Hard-Rock- und Independent-Fan kommt hier musikalisch auf seine Kosten. „Zu uns kommen vor allem Stammkunden, aber auch neue Kunden, welche die Schallplatte als Kunstobjekt sehen“, erklärt Johann Mitterbauer. Der gebürtige Regensburger eröffnete den Musikladen in Jena 1994. „Am besten verkaufen sich bei den Jüngeren die älteren Sachen, wie beispielsweise unsere zwei- bis drei-Euro-Angebote. Das gesetztere Publikum leistet sich auch mal teurere Platten“, verrät Mitterbauer. Es sei jedoch schwierig einzuschätzen, wie viele Platten er monatlich verkaufe. So passiere es schon mal, dass ein Kunde nur einmal in sechs Monaten käme, „dann aber auch 50 Platten mitnimmt“. Momentan suchten die Leute aber vor allem eines: „Die Platten `Thriller` und `Bad` von Michael Jackson laufen derzeit besonders gut“, fasst Mitterbauer den Run nach dem Tod des King of Pop zusammen.


Foto: Katharina Schmidt

Seit drei bis vier Jahren erkennt auch Mitterbauer den Trend, dass „wieder mehr verkauft wird“. Ursache dafür sei die Zunahme an gepressten Scheiben. Ob Madonna oder Coldplay – viele erscheinen zusätzlich auch auf Platte, oft weil es gut fürs Image sei. „Die Schallplatte wird jedoch auch in Zukunft immer nur eine Nischenfunktion einnehmen“, resümiert Mitterbauer. Der Jahresbericht 2008 des „Bundesverbandes Musikindustrie“ bestätigt diese Einschätzung. Am Gesamtumsatz der Musikindustrie von mehr als 1,5 Milliarden Euro hat die Schallplatte nur einen Anteil von einem Prozent. Hauptumsatzträger im deutschen Musikmarkt ist mit insgesamt 1,28 Milliarden Euro noch immer die CD. Nichtsdestotrotz kann sich die Schallplattenbranche über steigende Verkaufszahlen freuen. 2008 wurden 900.000 LPs verkauft, immerhin 200.000 mehr als im Vorjahr. Aufgrund des wärmeren Klangs, des knisternden Geräuschs und ihrer Eigenschaft als handfestes Werkzeug sei die schwarze Scheibe auch in den nächsten Jahren nicht wegzudenken – da sind sich Mitterbauer und Veit einig. Wer sich für das Klangerlebnis Schallplatte interessiere, werde diese auch weiterhin kaufen. Unter die Platten-Liebhaber reihen sich auch die Besitzer der Jenaer Plattenläden ein. Die schwarze Kunst ist also 61 Jahre nach ihrer Geburt noch quicklebendig und erfreut sich größter Beliebtheit. Das Schallplattenangebot der beiden Jenaer Läden ergänzt sich dabei auffallend gut. Die Spezialisierung von „Fatplastic“ auf elektronische Musik scheint genau ins Schwarze zu treffen, denn diese Genres sucht man im „Mr. Music“ vergebens. „Die Techno- und House-Richtung haben wir gar nicht“, klärt Besitzer Mitterbauer auf.

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