Wer nichts wird, wird Dieb

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Ein krimineller Selbstversuch in der Abbe-Mensa

Von Anna Zimmermann

Fette Beute.                                                                                      Foto: Katharina Schmidt

Man kennt das ja: Hier steht ein Mensaglas auf dem Wohnheimküchentisch, dort liegt ein Mensalöffel im Besteckkasten und auch die Dessertschälchen machen sich besonders gut beim gemütlichen Eisessen mit den Mitbewohnern. Dass Mensatassen so schön sind, dass sie mühelos jede Studenten-WG zieren können, weiß auch Dr. Heidrun Hoffmann, die Leiterin der Verpflegungsabteilung der Mensa. Für sie ist Klauen von Geschirr jedoch ein überschaubares Problem. Gerade am Anfang des Semesters, wenn üblicherweise viele WGs neu bestückt werden, ginge dennoch viel „verloren“, sagt die Wirtschafterin der Abbe-Mensa, Elke Weiß.
Wie schwierig ist es aber eigentlich, in der Mensa Geschirr mitgehen zu lassen? Und noch wichtiger: Was passiert, wenn die anderen Esser etwas davon mitbekommen? Dazu haben wir, fünf junge Menschen mit temporär stark ausgeprägter krimineller Energie, unsere weiße Weste ausgezogen, den Mantel der Illegalität übergeworfen und einen Diebeszug durch die Mensa am Campus gestartet.

Aufwärmphase

Zunächst tarnen wir uns als gewöhnliche Mittagsgäste. Nur: Zwischen Hackbraten und Nudelpfanne liegt unser Beutesack, eine Plastiktüte. In den stopfen wir – zunächst unauffällig – unser Besteck. Die erste Auffälligkeit: Keiner unserer Nachbarn hebt seinen Kopf auch nur ein winziges bisschen. Na dann offensichtlicher: „Sag mal, brauchst du deine Gabel noch?“ Unser Nachbar guckt verwirrt, als wir unsere Tüte öffnen. „Ach, ihr braucht das wohl für zu Hause…“ Ein Grinsen. Daumen hoch. Aha, so einfach ist das. Na dann kann‘s ja weiter gehen.
„Entschuldigung, wir würden gerne euren Salzstreuer haben.“ Die Mädels am Tisch gucken komisch, nicken aber. Demonstrativ packen wir ihn in unsere Tasche und ziehen weiter. Viel mehr als einen verwunderten Blick hat unsere Klauerei nicht bewirkt. Also ran an den Besteckkasten. Einer hält die Tüte auf, der andere schaufelt Besteck hinein. Wir schaufeln und schaufeln… nichts. Dann also noch ein paar Tabletts unter den Arm und raus aus der Mensa. Der erste Beutezug war hinsichtlich unseres Diebesguts erfolgreich, die Reaktion der Mitstudenten eher ernüchternd. Wie weit muss man für einen empörten Aufschrei gehen?
Wir gehen in die Vollen
Wir krempeln uns die Ärmel hoch, lächeln zuckersüß und fragen ein Pärchen, ob wir nicht zwei Stühle mitnehmen könnten. Möglichst auffällig tragen wir sie die Treppe hinunter. Doch auch das erweckt keinerlei Aufmerksamkeit. Dann eben auch noch den Tisch, vielleicht können wir wenigstens damit ein bisschen für Furore sorgen. „Jetzt weißte, warum in der Mensa immer nicht genug Tische sind!“, raunt eine Passantin einer anderen zu, während wir den Tisch die Treppe hinunter wuchten. Mehr Kritik kann ihr unsere Aktion aber dann doch nicht abringen. Auf Nachfrage meint eine Hälfte des Pärchens später: „Ich dachte nicht, dass ihr den Tisch klauen wolltet. Ist ja nicht mal ‘n cooler Tisch.“ Rätselnd sitzen wir an unseren Mensamöbeln auf dem Campus und überlegen, wie wir doch noch zu unserem ersehnten Aufstand kommen könnten.

Größenwahn

Einen letzten Anlauf wagen wir noch: Wir rollen eine der exotischen Mensapalmen durch den Saal zum Fahrstuhl und schieben damit über den Campus. Das macht einen Heidenlärm, bringt die Umstehenden aber lediglich zum Lachen. Auf die Frage, ob man nicht mal die Tür aufhalten könnte: „Hey klar, ich helf dir gern bei deinem Diebstahl!“ Aha. Nun fehlen nur noch Teller. Leider stehen die nicht unbenutzt herum. Als professionelle Meisterdiebe haben wir aber an alles gedacht: Schnell Gummihandschuhe angezogen und auf zur Besteckabgabe. Wir drängeln uns in der Schlange vor, zücken unsere Plastiktüte und greifen uns die saubersten Teller heraus. Nach dem ersten haben wir eigentlich schon genug: „Könnt ihr nicht mal aufessen? Das ist ja ekelhaft!“, rufe ich den Anstehenden zu. Mit spitzen Fingern packen wir tapfer weiter ein und endlich – ein couragiertes Fräulein hat sich von hinten angepirscht und fragt: „Ey, was macht‘n ihr hier?“ Auch unsere Erklärung, das Geschirr für die Party am Wochenende zu brauchen (Plastik ist doch so unökologisch!), kann sie nicht von unserer Rechtschaffenheit überzeugen. Nachdem wir eine dreiviertel Stunde geklaut haben wie die Raben, ist das unsere erste Anschnauze. Danke Daniela!

Fazit

Zufrieden sitzen wir vor der Mensa: zwischen Tellern, Besteck, Tabletts, Salz- und Pfefferstreuern, an unserem eigenen Tisch (den man uns nicht einmal wieder wegnehmen wollte, als wir uns laut über den Verkaufswert desselben unterhielten), auf eigenen Stühlen mit einer dekorativen Südseepalme im Hintergrund. Mehr hat eine durchschnittlich ausgestattete WG-Küche auch nicht zu bieten. Trotzdem: Für schwache Nerven ist so eine Unternehmung nichts, schließlich könnte jederzeit eine Daniela um die Ecke kommen und auf die langen Finger klopfen.

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