Kämpfer wider den links-grün-versifften Moloch

Bernd Zeller ist einer der Gründer des Akrützel. Er schrieb und zeichnete zwischenzeitlich unter anderem für die Harald Schmidt Show, das Neue Deutschland und seit neustem für die Mitgliederzeitschrift AfD-Kompakt.

von Tim Große

Eine helle Dachgeschosswohnung im Damenviertel, auf der schmalen Holztreppe hinauf stehen Kisten voller Bücher mit Titeln wie „Die Gendermerie kommt“ oder „Die Sprache des Grünen Reiches“. Oben lebt und arbeitet Bernd Zeller in einer Wohnung, die aussieht, wie man sich Künstlerwohnungen so vorstellt: Zeichentisch, freiliegende Balken, Röhrenfernseher. Er wohnt hier allein, eine Ehe sei nichts für ihn. „Aber zum Glück haben die heutigen Frauen kein Problem damit“, sagt der 53-Jährige mit einem leicht gequält wirkenden Grinsen im Gesicht.
Der Stadt Jena ist er dagegen seit Beginn seines Medizinstudiums 1990 treu geblieben. Seine erste Bleibe fand Zeller in einem Studentenwohnheim, wo er auch den Vorstand des neu gegründeten Studentenrates – so hieß das damals noch, wie Zeller allzu gern genüsslich betont – kennenlernte. Dieser Mitbewohner habe ihn dann auf ein noch namenloses Zeitungsprojekt hingewiesen, das später, angelehnt an den Namen der Abiturzeitung eines anderen Wohnheimnachbars, den dadaistischen Titel Akrützel bekam. Zeller steuerte Schwein – wie er sagt: „das dem Menschen ähnlichste Tier” – und Schriftart zur ersten Ausgabe bei. Schon 1990 wurde er Chefredakteur, blieb bis 2005 in der Redaktion und veröffentlichte vor allem satirische Texte und legendäre Cartoons.

„Wenn ich schon selbst nicht an der Wende mitgewirkt habe, dann muss ich sie wenigstens verteidigen“, sagt der damals 23-Jährige heute zu seiner Motivation. Bei den Bürgerbewegungen zur Wiedervereinigung habe er nicht teilgenommen, obwohl er immer wieder über die DDR klagt und davon spricht, dass das Leben unter einem linken westdeutschen Ministerpräsidenten (den er stets Ramjeloff nennt) einer neuen DDR gleiche.
Nach zehn Jahren Teilhabe am akademischen Betrieb in den Fächern
Medizin, Jura und Kunst verließ er die Uni Jena ohne Abschluss und versuchte sein Glück nun gänzlich im deutschen Humorgewerbe. Schon seit 1995 arbeitete er als Gagschreiber für die Harald Schmidt Show, der er bis zum Ende 2014 treu blieb. Später versuchte er unter anderem auch für Kaya Yanar und Dieter Nuhr zu schreiben: „Da gefiel mir, anders als bei Harald Schmidt, das Gesamtprodukt aber nicht, ich war da zu überqualifiziert“.

Satiriker Bernd Zeller
Foto: Tim Große

Bis März schrieb Zeller Kolumnen für die sozialistische Tageszeitung Neues Deutschland, seit April veröffentlicht er wöchentlich Cartoons im Mitgliedermagazin AfD Kompakt. Einen Zusammenhang gebe es nicht. „Das Angebot war da und das habe ich angenommen“, antwortet er auf die Frage, ob AfD Kompakt so ein Projekt sei, bei dem ihm das Gesamtprodukt gefalle. Er sei selbst noch nie auf einer AfD-Veranstaltung gewesen, hätte schon einen Auftritt im SPD-Wahlkampf gehabt und bei der letzten Landtagswahl seine Stimme der Partei von Thomas Kemmerich gegeben. „Ich will doch nichts mehr werden, ich will keinen Preis gewinnen“, sagt er, nimmt einen Schluck Kaffee und man fragt sich, meint er nur sich oder die ganze Welt. Greta Thunberg und ihre „Lernschwachen-Umzüge”, „Gendergequatsche”, „Gutmenschen” und „Dreckslochpresse” sind nur einige Begriffe, die Zeller allzu gern verwendet.

In seinem neuesten Projekt, dem Rentnerischen Akrützel – das ohne dessen Einvernehmen aussieht wie das studentische Akrützel in den Anfangstagen und alle drei Wochen kostenlos in ausgewählte Briefkästen gesteckt wird – teilt er gegen Stadtpolitik, Lokalpresse und Akrützel-Kollegen aus. Einen Dozenten an der FSU, Robert Gramsch-Stehfest, bezeichnete er in der vorletzten Ausgabe als „wirren Randständigen”. Dieser hatte ihm in einem Leserbrief mitgeteilt, dass er die Zeitung nicht mehr erhalten wolle und den Namen Akrützel auf dem Machwerk bedauere, weil er die politische Richtung Zellers ablehne. Gramsch-Stehfest war einst direkter Nachfolger Zellers als Akrützel-Chefredakteur. Auch den Chefreporter der Thüringer Allgemeinen, Martin Debes, kennt Bernd Zeller noch aus den Anfangsjahren. Seine Arbeit interpretiert er in fast jeder Ausgabe als „journalistische Dienstleistung der stellvertretenden Wichtigtuerei zugunsten der Mächtigen“.

Zeller arbeitete wie der umstrittene Dresdner Schriftsteller Uwe Tellkamp, vielleicht politisch sein sächsisches Äquivalent, vor Beginn des Medizinstudiums vier Jahre als Hilfskrankenpfleger. Beide begannen ihre künstlerische Laufbahn mit Veröffentlichungen im DDR-Satiremagazin Eulenspiegel. Tellkamp spricht von „Gesinnungskorridoren”, Zeller vom „linksgrünen Hofstaat”. Eine Generation von Künstlern – die sich die Freiheit im Kapitalismus anders vorstellten, die sich vom Mainstream abwandten, die noch was vorhaben? Zeller spricht gegen Ende des Gesprächs von einer Wende, die anstehen würde: „Die mündigen Bürger hätten das Recht, wie damals die Stasi zu stürmen, jetzt den MDR zu stürmen“. Beim Gang durch das Damenviertel, bei dem er auffallend vorsichtig die Straßen quert, sagt er dann etwas kleinlaut: „Ich wünschte, das alles wäre bloß meine Neurose“. Wer nicht.

3 Antworten auf Kämpfer wider den links-grün-versifften Moloch

  • Sind sie AfD – nahe oder gar voll dabei? Ich empfinde es so!!! Man kann da eigentlich nur ein verwirrter Geist sein. ich möchte keine Zeitung von ihnen mehr erhalten. Machen sie es doch besser oder feht ihnen dafür der Geist?

    • Sehr geehrte Frau Böhm,
      bei dem von Ihnen kritisierten Blatt handelt es sich um eine Zeitung von Bernd Zeller mit dem Titel “Rentnerisches Akrützel”. Wir, das studentische Akrützel, haben damit nichts zu tun und distanzieren uns von den Aussagen Zellers.

  • Oh Gott.
    Freistaat Thüringen.
    Demokratie ist doch etwas Wunderbares.
    Auch wenn der Bodo mal kurzzeitig etwas jammern tut. Nicht wahr.

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