Die kleine nuttige Schwester von Wertschätzung

Birdman ist eine wunderbar bissige Satire auf das Streben nach Berühmtheit

Von Bernadette Mittermeier

Riggan Thomson (gespielt von Michael Keaton) hat seine Zeit als Hollywood-Celebrity hinter sich. Als Birdman begeisterte er Millionen Kinozuschauer, nun mit Anfang 60 will er endlich das Superheldenkostüm loswerden und als Schauspieler ernst genommen werden. Dafür inszeniert er ein Theaterstück mit sich in der Hauptrolle am Broadway. Doch Birdman lässt ihn nicht los, als hämische Stimme in seinem Kopf und großes Plakat in seiner Garderobe verfolgt er Riggan bei jedem Schritt. Dazu kommen eine sarkastische Tochter frisch aus der Entzugsklinik, ein unberechenbarer Nebendarsteller auf Ego-Tour, eine Ex-Frau und eine Geliebte, die mit einer vorgetäuschten Schwangerschaft um mehr Aufmerksamkeit kämpft.

Man weiß gar nicht, wen man bei Birdman zuerst loben soll. Da wären zunächst die DarstellerInnen, vor allem Hauptdarsteller Michael Keaton, der wie üblich brillante Edward Norton und Emma Stone, die dem breiteren Publikum ironischerweise aus der aktuellen Spiderman-Verfilmung bekannt ist, und der man den Oscar gegönnt hätte, für den sie nominiert war. Gewonnen hat ihn Birdman in den Kategorien Bester Film, Bester Hauptdarsteller, Regie (Alejandro González Iñárritu), Originaldrehbuch und Kamera.

Vor allem die Kameraführung sei hier noch mal hervorgehoben: Die Kamera schwenkt durch die katakombenhaftigen Gänge, in denen sich die Figuren gegenseitig nicht entkommen. Ein Bild geht so fließend ins andere über das die Illusion entsteht, es gäbe keinen einzigen Schnitt in diesem Film.

Ein moderner Don Quixote

Birdman ist tiefsinnig, aber nicht überfordernd. Wann immer eine Szene auch nur in weiter Ferne droht, in Rührseligkeit abzudriften, kommt ein satirischer Bruch. Die Figuren werden mit all ihren Macken, Fehlern und Träumen ins Scheinwerferlicht gezerrt, aber erst dadurch menschlich. Regisseur Iñárritu ist Riggan ein „moderner Don Quixote. Er träumt vom großen Abenteuer, von großer Bedeutung. Und doch überzeugt ihn die Realität immer wieder vom Gegenteil und weist ihn in die Schranken. Er ist regelrecht süchtig nach Bewunderung, nach dem Publikum, nach Applaus.“

Riggans Bekanntheit als Comicfigur reicht ihm nicht, er will ewigen Ruhm, den Applaus im Theater und diese eine Rezension, die Schauspieler zu Legenden macht. Beliebtheit ist eben nur die kleine nuttige Schwester von Wertschätzung, wie Kollege und Konkurrent Mike Shiner im Film sagt.

Was von beidem Riggan am Ende seiner Suche findet, soll hier nicht verraten werden. Regisseur Iñárritu jedenfalls verdient für Birdman nicht nur flüchtige Beliebtheit, sondern die große Schwester Wertschätzung.

Foto: http://www.foxsearchlight.com/birdman/

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