Die Fee und das Duracellhäschen

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kategorie:Allgemein
  • Beitrags-Kommentare:0 Kommentare

Lamb bringen die Arena zum Tanzen

Von Johanne Bischoff und Anna Zimmermann

John Throne: Hier war der Bogen seines Kontrabasses schon nicht mehr zu gebrauchen

John Throne: Hier war der Bogen seines Kontrabasses schon nicht mehr zu gebrauchen
Foto: Sebastian Weise

Der Sommer kam wie ein Schlag. Nach Thermoskannentee und warmen Strümpfen zur Premiere von »Frankenstein«, konnte das Publikum beim Lamb-Konzert auf dem Theatervorplatz zu mitreißenden Beats und der warmen Stimme von Louise Rhodes unter der glühenden, langsam untergehenden Sonne tanzen.

Die 1996 gegründete britische Triphop-Band schaffte es von Anfang an, die Musikbegeisterten für sich zu gewinnen und hatte dabei selbst sichtlich Spaß auf der Bühne. Rein äußerlich wirkten die drei Musiker auf den ersten Blick genauso verschieden wie ihre Musik eigenwillig: Neben der elfenhaften Sängerin Rhodes, die ein fließendes rückenfreies Kleid in beige und silber trug, wirkten ihre beiden männlichen Mitstreiter grobschlächtig, aber gerade dadurch so liebenswert. An den Plattentellern rastete Andy Barlow regelrecht aus und kommunizierte in einer verwirrenden Batikhose mit den Tanzenden als wäre er gerade von einem Loveparadewagen der 1990er Jahre gestiegen. Dieses durch Fruchttiger aufgeputschte Duracellhäschen war es auch, das die Menschen persönlich einbezog und auch ohne Mikrophon die Kulturarena zum Lachen brachte. Auf der anderen Seite der Sängerin spielte sich der E-Kontrabassist John Thorne um Kopf und Kragen, warf die halblangen dunkelbraunen Haare so lange um sich, bis sie irgendwann nur noch schweißnass an seiner Stirn Halt zu suchen schienen, und wirkte vertrauensvoll wie ein Skipper vom Fischkutter. Zwar gehört er genauso wenig wie der ältere Mann im Hintergrund (erfinden wir ihm eine Identität: Bob, 52, Pubtherapeut) zur Stammbesetzung der Band, doch machte erst er das skurrile Bild perfekt.

Gewohnt melancholisch, voller Rhythmuswechsel und Taktbrüche, kamen die Lieder von Lamb daher und bildeten in ihrer Gesamtheit eine dichte Wolke, die die Tanzenden umwaberte. Sie, das Publikum, erschienen wie ein Spiegel der Band auf der Bühne: Bunt zusammengewürfelt, jeden Alters, mit nur einem einenden Merkmal – der Abwesenheit von Handykameras und Fotoapparaten, um das Konzert aufzunehmen und bei youtube umgehend hochzuladen. Alles ein bisschen 90er also.

Musikalisch hatten gerade die elektronischen Elemente eine so befreiende Wirkung, dass dieses Konzert als eines der Highlights der Veranstaltungsreihe betrachtet werden kann. Insgesamt feierten 1.600 Menschen den Sommer und die elektronische Tanzmusik und wuchsen zu einer einzigen freudigen Masse heran, der das Nach-Hause-Gehen gar nicht so leicht fallen sollte.

Schreibe einen Kommentar