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Exzellenz mit Einschränkungen

Die Streichung von 100 Vollzeitstellen, die im Sommer vom Präsidium beschlossen wurde, muss jetzt umgesetzt werden. Informationen fließen zäh.

von Bastian Rosenzweig

Während man im Juni nur eine Stunde lang dabei zuhören durfte, wie das Präsidium sich per Zoom selbst interviewte, darf bei der zweiten Infoveranstaltung zur Finanzlage der Uni diskutiert werden. Das Podiumsgespräch, das am letzten Ferientag im Hörsaal 1 stattfindet, leiten Präsidium und Staatssekretär zwar wieder hauptsächlich mit Eigenlob ein. Dank der anderen Beteiligten kommt man aber bald zur Sache.Den zynischen Erzählungen von der „Exzellenz“ der FSU hält Personalratschef Karsten Horn die schlichte Tatsache entgegen, dass die Uni durch die Einsparungen – die außerdem viel zu schnell umgesetzt werden müssten – erhebliche Schwierigkeiten bei der Aufgabenerfüllung bekommen wird. Die Senator:innen Anna Mehlis und Helen Würflein betonen, dass das Versprechen, die Lehre solle nicht leiden, nicht umsetzbar sei. Selbst der kürzlich verabschiedete Präsident Rosenthal gesteht im Laufe des Gesprächs ein, dass die Kürzungen ein „mieses Instrument“ seien, weist aber im gleichen Atemzug auf den angeblich exzellenten Betreuungsschlüssel der FSU hin.

Was sagen die Fakultätsräte?

Dass an der Uni Jena auf eine Professor:in tatsächlich nur 46 Studierende kommen, wird von Mitgliedern mehrerer Fakultätsräte bezweifelt. Die Mittelbauvertreter:innen der Biowissenschaften kritisieren, dass das Präsidium außeruniversitäre und Forschungsprofessuren mit reduziertem Lehrdeputat in seine Berechnung einbeziehe. Die meisten Fakultäten sehen sich personell bereits an der Belastungsgrenze und

fürchten eine Überlastung. Eine Vertreter:in der Statusgruppe Technik und Verwaltung schreibt auf Anfrage, man werde „entweder wichtige Aufgaben aufgeben oder [sich] selbst ausbeuten müssen.“ Zudem herrscht Unmut darüber, dass an der Administration so wenig gespart wird und die knapp dreißig Stellen, die dem Präsidium zugeordnet sind, vom Sparzwang gänzlich ausgenommen sind.
Wie die Fakultäten selbst mit der Aufgabe umgehen, ist unterschiedlich. Während die Studierendenvertreter:innen der Theologischen Fakultät berichten, eng in den Prozess eingebunden zu sein, beklagen die Mittelbauvertreter:innen der Biowissenschaften sowie die Studierendenvertreter:innen der Sozial- und Verhaltenswissenschaften, völlig außen vor gelassen zu werden.

Was sagt das Land Thüringen?

Immer wieder betont das Präsidium, unverschuldet in Not geraten zu sein und kurzfristig handeln zu müssen. In einer von dem Bündnis FSU unterfinanziert organisierten Podiumsdiskussion, an der auch Landtagsmitglieder teilnehmen, wird dieses Narrativ allerdings in parteiübergreifender Einstimmigkeit infrage gestellt.
Einerseits weist der ehemalige studentische Senator Patrick Riegner darauf hin, dass die finanzielle Schieflage im Senat mindestens seit Dezember bekannt ist. Andererseits wird die aus mehreren Fakultäten geäußerte Frage nach einem Selbstverschulden der Uni von Olaf Müller (Grüne), Lutz Liebscher (SPD) und Christian Schaft (Linke) recht deutlich beantwortet: Die FSU sei in den letzten Jahren häufig andere Wege gegangen als die anderen Thüringer Hochschulen und habe sich dabei schlicht überschätzt. Als Beispiel wird die Bauherrentätigkeit genannt, die die Uni bei ihren aktuellen Bauprojekten statt des Landes Thüringen ausübt: Anders als das Präsidium weisen die Abgeordneten darauf hin, dass die Universität diese Aufgabe übernehmen wollte, laut Müller aber „einfach nicht gewuppt gekriegt“ habe. Trotz sinkender Studierendenzahlen und obwohl das Land einen Stellenabbau erwartet hatte, habe die FSU kontinuierlich Stellen aufgestockt und ins eigene Prestige investiert. Der Idee, der Uni, die laut Schaft „eigene Brötchen backt und damit auf die Nase fällt“, nun aus ihrem Finanzloch zu helfen, steht das Land entsprechend reserviert gegenüber.

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