„From China to Dinah“

China Moses würdigt die „Queen of Blues“ Dinah Washington.

Von Maria Häfer




Foto: Daniel Hofmann

China Moses und das Raphaël Lemmonier Trio zollten am Freitag Abend der Jazz- und Blues-Ikone Dinah Washington Tribut. Jener „Queen of Blues“, die bei einem Konzert in London selbstbewusst wie unverfroren von der Bühne rief: „There is only one Queen. Yours is a fake.“
Mit dem Album „This One’s For Dinah“ (2009) legte das Ensemble wahrscheinlich den Grundstein für eine große internationale Jazzkarriere. Insbesondere in Frankreich erzielte das Tribute- Album große Erfolge. Neben exzellenten Coversongs finden aber auch Eigenkompositionen wie beispielsweise „Dinah’s Blues“ ihren Platz. An der Seite von China Moses und Raphaël Lemonnier am Piano waren Fabien Marcoz am Bass und der Schlagzeuger Jean-Pierre Dérouard zu hören.
Das Konzert selbst war stimmungsvoll und publikumsfreundlich aufbereitet von dem moderationserfahrenen Multitalent China Moses. Etwas eigenwillig aber doch publikumswirksam führte sie mit kurzen Anekdoten aus dem Leben Dinah Washingtons, schrägen Verweisen auf die Produktionsgeschichte des Albums und gruseligen Emanzipationsforderungen gerichtet an die weiblichen Besucher durch das Konzert. So erzählte sie einleitend: „Today there is something to know about Dinah Washinton. Girls, she managed some amazing things. First of all: She had seven husbands.“ Promt folgte ein erstauntes, bewunderndes Raunen, das noch etwas zäh durch die Reihen quoll. Im Laufe des Abends gab die Sängerin noch einige, zum Teil wirklich witzige Anekdoten über das Leben der „Queen of Blues“ zum Besten und auch das Publikum reagierte mit zunehmender Dunkelheit deutlich offener. China Moses, anscheinend inspiriert vom Männerverschleiß der Diva Dinah, gab reichlich Tipps für die Frau im Umgang mit dem anderen Geschlecht: „Do it like the base-player. He is so cool, he’s got the groove. Every lady got a little baseplayer in mind.“ Beherzigt „Frau“ das, so die Aussage, kann sie sich dem ersten Date ganz anders nähern. Dieses Gefühl sei wie ein paar Schuhe – man könne nie genug davon bekommen.
Wirklich einprägsam an diesem Abend war jedoch die hervorragende Qualität der Cover. Durchweg begeisterte die rauchige Stimme Chinas, die geprägt von Rock und Metal ihren eigenen Stil an die Stücke herantragen konnte ohne Authentizität einzubüßen. Gerade die Interpretation des Jazzstandards “Cry Me A River” ist besonders gelungen. Eine Spur zu hart vielleicht, etwas zu schnell, meinten manche; insgesamt jedoch ungemein stimmig und ausdrucksstark. Mit dieser Interpretation braucht sich das Ensemble nicht hinter den vielen hochrangigen Künstlern verstecken, die sich ebenfalls dem Stück gewidmet haben. Ebenfalls Bemerkenswert war der Song „Call Me Irresponsible“. Der Schlagzeuger Jean-Pierre Dérouard setzte sich mit einem ausgedehnten Schlagzeugsolo gekonnt in Szene, machte Faxen und spielte mit dem Publikum, indem er es irritierte, auf einen Schlag warten ließen, das Tempo verlangsamte, nur um es im nächsten Moment rasant anzuziehen. Nicht nur an dieser Stelle konnte der Zuhörer die starke Swing- und BigBand-Prägung des Drummers bemerken.
Es war ein sehr poppiges Konzert. Das Publikum konnte schnell bemerken, dass die Einflüsse des Swing, des Boogie und des Rock/ Pop sehr stark ausgeprägt sind im Ensemble. Der Blues der Dinah Washington ging hier, im Gegensatz zur Aufnahme, leider etwas unter. Tatsächlich nervig war der latente Mutterkomplex von China Moses, der sich in gequälten Verweisen auf die große, ach so große Dee Dee Bridgewater zeigte und in beinahe schon peinlichen „My mother is great, isn’t she?“-Fragen mündete. Insgesamt jedoch war der Abend sehr unterhaltsam und qualitativ hochwertig. Die Zuhörer konnten eintauchen in die Welt des 50er-Jahre Vocal-Jazz. Durch die anekdotische Aufbereitung biografischer Details aus dem Leben Dinah Washingtons gelang es China Moses dem Publikum ein Bild zu vermitteln vom Leben einer wirklichen Größe des Blues. Was kann man mehr erwarten?

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