Der Stura gibt immer mehr Geld für seine eigenen Strukturen aus und vergisst dabei seine eigentliche Aufgabe: die Förderung studentischen Engagements.
von Johannes Vogt und Lukas Hillmann
Der Stura dreht sich im Kreis. Das ist nicht nur ein Gefühl, das man bei endlosen Debatten über Satzungsparagraphen bekommt. Es lässt sich auch mit Zahlen belegen – Zahlen, die der Stura selbst bereitstellt. Er muss seine Ausgaben jährlich im Haushaltsabschluss sammeln und veröffentlichen. Daraus geht hervor, wofür Geld ausgegeben wurde und wofür nicht. Seit 2018 fehlen diese Abschlüsse zwar, aber auch aus den Haushaltsplänen, die im Voraus des Haushaltsjahres gemacht werden, lassen sich die Trends ablesen.
Schaut man sich die Haushaltspläne seit 2011 an, wird ein Trend schnell sichtbar: Ausgaben für FSRe, Referate, eigene Projekte und Veranstaltungen sinken, die für Bürobedarf und Personal steigen. Der Stura gibt immer mehr für seinen Selbsterhalt und immer weniger für Projekte und Veranstaltungen aus.
Aus Elf mach Zwei
Doch beginnen wir bei den Grundlagen. Der Haushalt teilt sich mal in elf, mal in vierzehn Töpfe auf. Nachdem man sich durch etliche Seiten Haushaltstabellen wälzt, kann man diese aber in zwei Kategorien einteilen: in solche, die außerhalb der eigenen Strukturen der Studierendenschaft zugutekommen, und solche, die den Selbsterhalt des Stura ermöglichen.
In die Kategorie Mehrwert für Studierende sortieren wir die Töpfe für FSRe, Referate, Projekte, Veranstaltungen und einige kleinere, die man hier vernachlässigen kann. Referate und FSRe sind die Strukturen der Studierendenschaft, die die meisten Veranstaltungen planen und durchführen (Einführungstage, Fachschaftspartys, Vorträge). Unter Projekte fallen vor allem die Campusmedien (Radio und Zeitung), aber auch die Unterstützung des Prestigeprojekts Haus auf der Mauer. Für alle drei finanziert der Stura zwar noch eine Stelle, die haben wir hier aber herausgerechnet und der Kategorie „Selbsterhalt“ zugeordnet. Zu guter Letzt finden sich in dieser Kategorie Veranstaltungen wie die Alternativen Orientierungstage (ALOTA). Früher waren hier noch andere Veranstaltungen zu finden, an die sich die meisten aber kaum erinnern werden, weil sie schon seit einigen Jahren nicht mehr stattfinden. Oder kennt jemand noch die Cinebeats?
Der Stura gibt immer mehr für seine Selbsterhaltung und immer weniger für Projekte und Veranstaltungen aus.
Der andere, um einiges größere Teil der Ausgaben geht für den Selbsterhalt drauf: rechtliche Hilfe, Beschaffung von Geräten, Geschäftsbedarf und Verwaltung. Das sind Ausgaben, die keineswegs sinnlos sind. Von diesen Geldern werden alle personellen und materiellen Grundlagen finanziert. Die Buchhaltung, das Sekreteriat, die Chefredaktionen der Campusmedien: Stellen, die dafür sorgen, dass die Organisation der studentischen Selbstverwaltung bestehen bleibt. Diese festen Stellen ermöglichen, dass um sie herum ehrenamtliches Engagement aufeinander abgestimmt werden kann. Dafür fallen natürlich auch Materialkosten an. Drucker, Stifte und Kaffemaschinen sind schließlich essentiell für ein gut funktionierendes Büro.
Dass diese Kosten existieren, ist nicht problematisch. Sie werden aber schleichend größer, während andere Ausgaben ins Bodenlose zurückfallen. Seit 2011 sind die Ausgaben mit Mehrwert jährlich gesunken. Im Jahr 2013 lagen sie noch bei 470.000 Euro, für den neuen Haushalt 2023/24 sind nur noch 150.000 Euro eingeplant – ein Rückgang um fast siebzig Prozent. Währenddessen sind die Ausgaben für den Selbsterhalt von 145.000 Euro (2011) auf 300.000 Euro (2022) gestiegen. Diese Zahlen belegen, was viele ohnehin schon vermuteten: Der Stura kümmert sich immer mehr um sich und immer weniger um seine Aufgaben.
Was ist geschehen?
Für diesen Trend gibt es drei Gründe: Erstens steigen die Personalkosten seit 2018 immens. Seitdem werden alle Angestellten des Stura nach dem Tarifvertrag der Länder (TV-L) bezahlt. Für jede Stelle werden dadurch Sozialversicherungsbeiträge fällig, diese liegen jährlich bei knapp 60.000 Euro. Außerdem veränderte der Stura 2021 seine internen Personalstrukturen. In den letzten Jahren wurden vier neue Stellen eingeführt. Vorher gab es in der Technikberatung und Verwaltung je eine Stelle. Heute gibt es jeweils zwei, die besser bezahlt sind und auch Sozialversicherungsbeiträge erfordern. Beides entlastet die Angestellten und ermöglicht eine faire Bezahlung, führt aber auch dazu, dass die Personalkosten in die Höhe schießen. Vor der Reform lagen diese unter 100.000 Euro, heute über 150.000 Euro.
Zweitens hat der Stura seine Steuern nicht richtig abgerechnet und muss dafür rückwirkend ab 2013 nachzahlen. Die Mühlen des Staates mahlen vielleicht langsam, aber sie mahlen. Und sie fordern ihr Geld auch noch nach zehn Jahren ein. 2020 plante der Stura dafür noch 35.000 Euro ein, im nächsten Jahr waren es schon über 100.000 Euro, die jedes Jahr ins Land fließen sollen. Damit werden nicht nur die Steuern zurückgezahlt, sondern auch eine Steuerberatung finanziert.
Drittens – und schlimmstens: Das Engagement der Jenaer Studierendenschaft schläft ein. FSRe geben ihr Budget nur noch selten vollständig aus, sie organisieren immer weniger Veranstaltungen. Das liegt oftmals am Personalmangel, der vor allem seit der Pandemie zu einem Problem geworden ist. Der Stura finanziert auch selbst immer weniger Veranstaltungen. Außer den ALOTA findet sich in diesem Topf nichts mehr.
Also: Der Stura dreht sich im Kreis. Er finanziert vor allem sich selbst. Personalkosten und Steuerrückzahlungen steigen in die Höhe. Währenddessen schläft die gesamte Studierendenschaft ein. Die Gründe dafür liegen vor allem im fehlenden Engagement, das mit Personalkosten kompensiert wird. Die Festanstellung ersetzt das Ehrenamt.
Dieser Artikel wurde am 23.01.2023 um 13:27 Uhr aktualisiert.
Fortsetzung: Stura du bist politisch. Benimm dich auch so!
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