400.000 Euro sind viel Geld. Man kann es besser investieren als in Druckerschwärze und Tarifverträge. Ein Appell.
von Johannes Vogt
Das Verhältnis im Stura hat sich in den letzten Jahren verändert: Die Idee einer autonomen Selbstverwaltung gerät in den Hintergrund. Stattdessen ähnelt er immer mehr einem bürokratischen Koloss. Das liegt nicht an den Personen, die sich engagieren, sondern vor allem an denen, die es nicht tun.
Wenn sich keiner ehrenamtlich engagiert, müssen stattdessen Stellen geschaffen und bezahlt werden. Zwar verbessern feste Stellen auch ehrenamtliches Engagement, denn sie können Struktur und Stabilität bieten, sie können ehrenamtliches Engagement aber nicht ersetzen. Eine Selbstverwaltung kann nicht funktionieren, wenn sich die Mehrheit nicht dafür interessiert. Gerade das ist aber die bittere Realität und sie zeigt sich auch auf den Stura-Sitzungen. Es wird immer häufiger über Satzungsparagraphen diskutiert. Oftmals scheitern Anträge nicht, weil sie nicht umsetzbar wären, sondern aufgrund irgendwelcher formellen Fehler: Antrag zu spät eingereicht oder Fehler bei Abstimmungen.
Sowohl die steigenden Personalkosten als auch die versteiften Satzungsjünger sind Symptome des selben Prozesses. Der Stura entfremdet sich laufend von seiner Studierendenschaft und entwickelt sich zu einer bürokratischen Schildkröte, die sich immer stärker in ihren eigenen Panzer zurückzieht.
Wie sich das ändern lässt? Durch Engagement! Der Stura braucht frischen Wind, ein neues Selbstverständnis und eine Studierendenschaft, die sich dafür interessiert, was mit ihrem Geld passiert. Sonst verwandelt sich die Idee einer studentischen Selbstverwaltung zu einer Floskel.
Es könnte auch anders sein. Mit dem Geld könnten nicht nur Personalstellen und Steuerrückzahlungen, sondern eine regionale Subkultur finanziert werden. Studentische Initiativen in Jena könnten von den Geldern der Studierendenschaft profitieren. Wieso gibt es keine finanzielle Zusammenarbeit zwischen Stura und Fridays For Future, der Unibesetzung oder kommunalen Wohnprojekten? Warum finanziert der Stura keine Studikneipe in Jena, wo man nicht vier, sondern einen Euro für ein Bier bezahlt?
Der Stura ist der Kern der studentischen Selbstverwaltung, nicht einer bürokratischen Fremdverwaltung. Das müsste auch sein Selbstverständnis sein. Dafür braucht es aber eine engagierte Studierendenschaft, die es nicht cooler findet, einen Marx-Lesekreis zu organisieren, als 400.000 Euro zu verwalten. Ob das eine realistische Vision oder Utopie ist, wird sich zeigen. Wenn es denn jemand probiert.
Kommentar zu den Artikeln FSU-Stura im Zahlungsverzug und Wofür gibt der Stura eigentlich unser Geld aus?
Pingback: Wofür gibt der Stura eigentlich unser Geld aus? - Akrützel
Ich bin am Überlegen wie ich bei diesem Artikel vernünftig Antworten oder reagieren soll. Deswegen fange ich sehr einfach bei deinem ersten Satz an und stell ein paar fragen da ich noch nicht einmal diesen Verstehe.
„besser investieren als in Druckerschwärze und Tarifverträge“
Welche Druckerschwärze meinst du? Meinst du die 2700 €, die der Großdrucker braucht, wo aber schon auf der nächsten Sitzung darüber geredet werden soll diese mit einem neuen Vertrag auf 1700€ zu bringen? Oder meinst du die 7000€, die der Druck vom Akrüzel jährlich kostet.
Weiter bin ich doch sehr verwundert, warum ein StuRa von dem du forderst, dass er sich mehr mit den Besetzern (also auch TV-Stud, einem AK vom StuRa) beschäftigen soll, seine acht Angestellten nicht nach TVL bezahlen soll. Oder verstehe ich die Forderung falsch? Dies ist insbesondere komisch, da es doch vor einem Jahr einen Vorschlag im StuRa gab, die Personalkosten stark zu reduzieren, aber aus irgendeinem Grund habt ihr wie kein anderer dagegen gewettert.
Was mich aber am meisten an diesem Artikel verwundert ist, wer hier angesprochen wird. So sagst du „Wie sich das ändern lässt? Durch Engagement! Der Stura braucht frischen Wind“ aber die Überschrift richtet sich an den StuRa. Weiter förderst du doch gerade dieses Narrative, dass man im StuRa nichts erreichen kann mit Worten wie:
„Oftmals scheitern Anträge nicht, weil sie nicht umsetzbar wären, sondern aufgrund irgendwelcher formellen Fehler: Antrag zu spät eingereicht oder Fehler bei Abstimmungen.“
Hier frage ich mich auch auf was du dich beziehst, da meines Wissens nach „formale Fehler“ nur dann einen Antrag aufhalten, wenn der Antragsteller nicht motiviert ist was deswegen zu machen oder es sehr Zeitkritisch war. Also kann man auch einfach anfangen auf die Kritik einzugehen, da erstaunlich viele von den Regelungen einen guten Grund haben. Aber hier scheinst du dich lieber am Narrative, des unmöglich zu erreichenden StuRa zu bedienen als wirklich Methoden aufzulisten, wie man was im StuRa machen kann.
Die wohl beste Taktik, die ich bis jetzt gesehen habe, um formellen Fehlern und ähnlichen Problemen aus dem Weg zu gehen ist immer noch sich mit anderen (am besten erfahreneren Mitgliedern) vorher auszutauschen. Dann kann man viele mögliche Probleme sehr schnell aus dem Weg gehen. Aber auf diese Idee scheinen nicht sonderlich viele zu kommen. Hier spielt auch das Beispiel der Besetzer recht gut rein. So baute man dort lieber eine eigene Struktur auf als sich der bereits Vorhandenen zu bedienen. Nur mal so, der StuRa Vorstand trifft sich regelmäßig mit dem Präsidenten und damit ist das Thema Geschlechtergeschichte zwischen Vorstand und Präsidenten schon im August aufgekommen (kann man im Protokoll vom 30.08 nachlesen). Wieso kommt keiner auf die Idee mal nachzufragen und zu schauen, was man mit dem StuRa machen kann? Wieso glauben so viele, dass man im StuRa nichts machen kann ohne gewähltes Mitglied zu sein (habe diese Einstellung zu oft von Besetzern in Einzelgesprächen gehört)? Meine Vermutung liegt hierbei bei einer sehr schlechten Kommunikation vom StuRa nach außen und Artikeln wie diesem, die lieber ein Narrative verfolgen als wirklich versuchen etwas zu machen oder zu erreichen.
Deswegen beende ich meinen Text hiermit.
„Warum finanziert der Stura keine Studikneipe in Jena, wo man nicht vier, sondern einen Euro für ein Bier bezahlt?“
Warum versuchst du dies nicht selbst ins Rollen zu bringen? Jeder Student kann einen Antrag an den StuRa stellen oder sich in den Referaten/Arbeitskreisen zu den verschiedenen Themen einbringen. Es braucht Personen, die was machen und nicht glauben, dass (Umsatz)Steuern zahlen (was eben bei Veranstaltungen ausrichten, passiert) ein Zeichen für Inaktivität ist.
P.S. ich hoffe doch, dass du als sehr gut informierter Redakteur weiß, dass das Umweltreferat als teil des StuRa schon Veranstaltungen mit z.B. Studens for Future oder dem ADFC Jena hatte.