Auf halber Strecke

Die Hälfte der Amtszeit der Studierendenräte ist um. Was der Stura der FSU im letzten Semester beschlossen hat und was noch geplant ist. Eine Zwischenbilanz.

von Robert Gruhne

Die Sitzverteilung im Stura

Sieben Euro zahlt jede und jeder Studierende pro Semester für die studentische Selbstverwaltung, insgesamt im Jahr 250.000 Euro. Die wesentlichen Entscheidungen, was damit passiert, werden alle zwei Wochen im Studierendenrat getroffen. Aber womit beschäftigen sich unsere Vertreterinnen und Vertreter da eigentlich? Das Akrützel hat alle 35 Mitglieder gefragt. Zehn haben geantwortet und über ihre Highlights des Semesters erzählt – vom Kulturticket bis zum Toilettenschild.

Redaktion schrott

Die neue Amtszeit begann wie die alte endete: Der Bewerber auf die Akrützel-Chefredaktion wurde abgelehnt (siehe Akrützel Nr. 384). „Ins kalte Wasser geworfen“ fühlte sich Stura-Neuling Markus Leipe (Liste „/begin{itemize“, Physik) mit so einer Entscheidung gleich zum Anfang. Damit war er nicht der einzige, denn zwei Drittel der Mitglieder saßen vorher noch nie im Stura. Eine Übergangslösung wurde beschlossen und mittlerweile hat das Akrützel wieder eine Chefredakteurin.

Ein Toilettenschild bei der Party „Friedrich tanzt“, auf dem ein Mann einer Frau den Rock hochzieht, brachte das Thema Sexismus im November auf die Tagesordnung. Die Ellis setzten durch, dass bei vergleichbaren Partys ein Awareness-Team unterwegs sein muss. Diese Teams sollen Menschen, die auf Partys Diskriminierung und übergriffiges Verhalten erfahren, zur Seite stehen. Das Gleichstellungsreferat hat nun zu Schulungen eingeladen.

Räder schrott

Inhaltlich beschäftigte sich der Stura mehrfach mit dem Thema Verkehr. Das Semesterticket für Busse und Straßenbahnen in Jena sollte teurer werden, forderte der Jenaer Nahverkehr. Scania Steger (unabhängig, Psychologie) handelte aus, dass der Preis erstmal bis 2020 konstant bleibt. Benjamin Kintzel (Alternative Liste für Fachschaften, Chemie) gründete den Arbeitskreis Radverkehr, damit es bald weniger Schrotträder und mehr Radständer am Campus gibt.

Vergleichsweise schnell, nämlich im Januar, verabschiedete das Gremium einen Haushalt für 2019, so dass die Fachschaften und Referate wieder Geld beantragen können. Da der Stura sein Personal in Zukunft nach dem Tarifvertrag der Länder bezahlen muss, ist das geplante Defizit des Haushalts mit 90.000 Euro jedoch besonders hoch.

Die größte Kontroverse entwickelte sich gegen Ende des Semesters um die Zukunft der Prüfungsberatung. Marcus Ðào (unabhängig, Theologie) und Scania forderten eine Umstrukturierung. Der bisherige studentische Prüfungsberater sollte durch einen Anwalt auf Honorarbasis ersetzt werden.

Gut beraten?

Der Antrag spaltete das Gremium. Die eine Seite erhoffte sich eine Professionalisierung, die andere fürchtete den Verlust eines Angebots auf Augenhöhe. Vor allem die Ellis stellten sich inner- und außerhalb des Sturas schützend vor den bisherigen Angestellten. „Wir waren dagegen, dass die Prüfungsberatung outgesourcet wird, weil wir Studierende unterstützen wollen, sich selbst zu ermächtigen“, meint Jessica Herrmann (Elli, Politikwissenschaft und Öffentliches Recht). Nach langen Diskussionen, in denen auch die Arbeitsweise des aktuellen Prüfungsberaters kritisiert wurde, stimmten die Mitglieder für den Antrag. Scania sieht sich damit bestätigt: „Das war ein klares Zeichen. So wie es bisher war, kann es nicht weitergehen.“

Alle befragten Stura-Mitglieder sehen die Diskussion um die Prüfungsberatung heute als einen Tiefpunkt des Semesters an, sie war über weite Strecken chaotisch und teilweise respektlos. Jessica kritisiert im Nachhinein auch die Haltung ihrer eigenen Liste: „Unser Problem war, dass wir versucht haben, Idealpolitik zu betreiben.“ Dabei war ein Kompromiss, der einen studentischen Prüfungsberater und den Anwalt vorsah, greifbar. Trotzdem stimmten einige Ellis dagegen. Jessica, die sich für den Kompromiss einsetzte, zeigt sich enttäuscht: „Was haben wir jetzt davon? Den Prüfungsberater, so wie er jetzt ist, gibt es bald nicht mehr. Also haben wir eigentlich nichts erreicht.“

Die Debatten im Stura drehten sich oft im Kreis und dauerten zu lang, meint Florian Rappen (AEM, BWL): „Wir schaffen es, uns ein Vierteljahr mit dem Haushalt zu beschäftigen, die Zeit einfach mal so wegzuschmeißen und die ganze Studierendenschaft lahmzulegen.“ Und dennoch: Vorstandsmitglied Lea Zuliani (Jusos, Soziologie und Politikwissenschaft) findet, dass die Zusammenarbeit insgesamt „gut funktioniert, auch über Hochschulgruppen und Listen hinweg“.

Das Schweigen der Listen

Benjamin stimmt zu: „Was diesem Gremium sehr stark gefehlt hat, war Empathie. Das ist in diesem Jahr besser geworden.“ Florian würde nach der Sitzung gern noch mit anderen Stura-Mitgliedern „ein Bierchen trinken“. Er könne sich zwar nicht vorstellen, mit einigen Linken befreundet zu sein, aber „manche Ansätze, die ich heute für falsch erachte, würde ich einfach mal gern verstehen“.

Der RCDS ist im Gremium bis zum Ende des Wintersemesters kaum mit eigenen Initiativen in Erscheinung getreten, auch wenn einzelne Mitglieder wie Kai Hölzen (RCDS, Nordamerikastudien) als stellvertretender Kassenverantwortlicher, Selina Dürrbeck (RCDS, Medizin) als Vertreterin im Mensaausschuss und Markus Wolf (RCDS, Lehramt Sport und Wirtschaft) als Vorstand wichtige Aufgaben wahrnehmen. „Wir müssen ehrlich sagen, wir haben erst jetzt in der Mitte angefangen, aktiv Anträge einzubringen“, zeigt sich Friedrich Gallon (RCDS, VWL) selbstkritisch.

Nicht nur der RCDS, auch ein großer Teil der anderen Mitglieder, nimmt die Pflicht zur Mitarbeit in den Referaten bisher nicht ernst. Die Ellis sind dort hingegen gut vertreten, wie zum Beispiel Jessica im Referat gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Martin Jäger (Elli, Psychologie) als Referent für Hochschulpolitik. Aber auch sie seien am Anfang „überfordert“ von der Stura-Arbeit und „in einer Art Schockstarre“ gewesen, sagt Jessica. Sie betont, dass die Ellis eine lose Liste und sehr heterogen seien. Im verbleibenden Semester wolle man mehr gemeinsame Punkte einbringen, die auf einer Klausurtagung besprochen werden.

Und nun?

Der RCDS hat in den Semesterferien zwei Anträge eingebracht, die listenübergreifend begrüßt werden. Der Stura solle sich dafür einsetzen, dass die Bibliotheken länger geöffnet sind, vor allem am Wochenende, und es endlich Monatsschließfächer am Campus gibt. Friedrich will, „dass sich der Stura nicht ewig damit beschäftigt, irgendwelche Pressemitteilungen, offenen Briefe oder Aktionen von außerhalb Unterstützung auszudrücken“, sondern zurückkehrt „zu dem, was die Uni betrifft“.

Dem widmen sich beispielsweise Marcel Horstmann (Liste „/begin{itemize“, Physik) und Jonathan Schäfer (Liste 42, Mathematik). Sie vertreten die Studierenden bei der Überarbeitung von Friedolin und setzen sich zum Beispiel für eine mobile Version ein. Marcel organisiert zudem mit Markus Leipe eine Urabstimmung über das Kulturticket: Die Studierenden sollen noch in diesem Jahr entscheiden, ob sie für zwei Euro im Semester die Angebote des Theaterhauses, der Philharmonie und der städtischen Museen kostenlos nutzen möchten.

Große Ziele hatten die Kandidatinnen und Kandidaten des Stura im Wahlkampf: Langzeitstudiengebühren abschaffen, eine Campus-App einführen, bedingungslose Drittversuche und mehr. „Jetzt hat sich das Gremium gefunden“, meint Kai. Noch ist Zeit, das Mandat zu nutzen und sich für die Studierenden einzusetzen.

Ihr könnt es besser?
Im Juni sind wieder Gremienwahlen. Bis zum 22. Mai können sich alle Studierenden aufstellen lassen.
Alle Infos: www.uni-jena.de/wahlamt

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