Acht Kurze bitte!

Der Musikjournalist Linus Volkmann verreißt im Musikexpress Songs, bevor sie geschrieben werden. Im letzten Jahr erhielt sein Neo-Magazin-Beitrag „Eier aus Stahl – Max Giesinger“ den Grimme-Preis. Ein Gespräch mit dem 46-Jährigen über Popstars, Böhmermann und Journalismus in acht kurzen Fragen bei acht kurzen Apfelkorn.

Interview von Tim Große

Linus auf der Terrasse des Café Wagner | Foto: Julian Hoffmann

Akrützel: Fällt Dir auf die Schnelle ein Jena-Verriss ein?

Linus Volkmann: Schwierig! Es ist hier fast schon ein bisschen zu pittoresk, zu mediterran. Es fehlt der Überlebenskampf! Wo sind die ganzen erloschenen Gesichter? Und warum kriege ich nicht am Bahnhof aufs Maul, wird man hier gar nicht mehr ernst genommen?

Hättest Du den Neo-Magazin-Beitrag zu Max Giesinger gern selbst vorgetragen?

Meine Ambition, das jetzt selbst vor der Kamera vorzuführen, ist wirklich sehr gering. Ich meine, was hat Böhmermann für einen Fame?! Wenn man das alles selber aus Lehm nachbauen muss, dann braucht man ja 20 Jahre. Zum Neo-Magazin bin ich ein bisschen zufällig über Olli Schulz gekommen. Ich biete da immer mal etwas an, zuletzt über Bento und über Red Bull. Das war dann aber nicht so geil.

Warum sind Algorithmen die besseren Musikjournalisten geworden?

Ich habe keine Lust mehr wie die anderen Musikjournalisten andauernd zu jammern, dass es immer noch mehr vorbeigeht. Da fand ich es ganz attraktiv zu sagen: Eigentlich ist es doch ganz praktisch, dass Maschinen alles vorschlagen. Das ist natürlich nicht ganz ernst gemeint, weil Musik immer einen Kontext hat. So etwas wie Identifikation und auch politische Inhalte kann der Algorithmus natürlich nicht leisten. Aber wenn es keiner braucht, muss man es auch nicht mehr machen.

Video-Formate scheinen aber noch zu funktionieren?

Das funktioniert im Rap und für eine jüngere Generation, aber wenn im Metal-Journalismus der Typ von Iron Maiden im Studio genau wie Fler eine Stunde Blödsinn labert, kann man das nicht übertragen.

Warum Verrisse?

Du hast ein Musikmagazin und alle Platten sind eigentlich toll. Deshalb versuche ich auch mal ein bisschen da hinein zu grätschen und Ärger zu provozieren. Mir geht es vor allem um diesen ganz ehrwürdigen weißen Rock-Kanon, denn den hasse ich besonders. Zum Beispiel Radiohead, weil das so eine Geniegedanken-Band ist, gegen die immer keiner etwas haben kann. In der Art: Wir müssen die Polizei holen, hier hat jemand etwas gegen Radiohead.

Was sind die fürchterlichsten Rezensionsfloskeln?

So etwas wie unbedingt laut anhören. Das ist, wie würde man in einem Restaurant in die Karte schreiben: Bitte sehr hungrig kommen. Oder auch hat sich neu erfunden, seine bisher persönlichste Platte oder man darf gespannt sein.

Was ist dein Statement zum aktuellen Hip-Hop?

Ich finde es schwierig, dass Autotune so universell geworden ist. Wenn ich ältere Hip-Hop-Acts höre, die kein Autotune verwenden, denke ich: Geht sofort nach Hause! Es ist ein Signature-Sound für eine gewisse Generation, aber irgendwann hat die dann auch ihren Bachelor gemacht und gründet Familien. Dann haben die Kids keinen Bock mehr auf den Autotune-Kack von den Alten. Aber momentan ist da noch lange kein Ende in Sicht, denke ich.

Willst Du noch Werbung für Dein neues Buch machen?

Ja! Das ist ein Lebenshilfe-Ding: „Wie werde ich Popstar?“. Ich kann keine Garantie geben, aber die Chancen sind 50/50. Also wer Interesse hat, kann ja mal reinlesen. Und wer nicht Popstar werden will, der hats schon gut. Da kann ich auch nicht mehr helfen.

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