Es wird heißer

Die Jugendbewegung Fridays for Future setzt sich für Klimaschutz ein, auch hier in Jena. Was sie wollen, wer sie unterstützt und was schon passiert ist – ein Überblick.

von Ariane Vosseler

Einen Wiederbelebungsversuch starten | Foto: Julian Hoffmann

„Komplett im Arsch“ von Feine Sahne Fischfilet beendet die Demonstration von Fridays for Future (FfF) nicht zufällig. Die Verbindung zu unserem Planeten herzustellen, ist leicht, wenn er uns von den Plakaten ringsum mit traurigem Gesicht anschaut. Die Streikenden machen sich langsam auf den Heimweg, die Demo ist für diese Woche vorbei. Aber da ihre Forderungen noch nicht umgesetzt wurden und die Ziele noch nicht erreicht sind, werden sie sich kommenden Freitag wieder versammeln.

Angefangen hat alles mit Greta Thunberg, der mittlerweile weltbekannten Schwedin. Die ersten Wochen des Sommers 2018 verbrachte sie nicht in der Schule, sondern streikte für das Klima. Immer mehr junge Menschen folgten ihrem Vorbild, freitags nicht in die Schule zu gehen. Auf allen sieben Kontinenten gab es bereits Demonstrationen, inspiriert von Greta – seit Dezember letzten Jahres auch in Jena.

Justus Heuer, Mitorganisator der Ortsgruppe der FfF in Jena, erfuhr Mitte Dezember über die Grüne Jugend von einer Protestaktion in Erfurt. „Das Umweltreferat des Sturas hat uns angeschrieben, ob wir nicht etwas zusammen organisieren wollen. Wir haben den BUND und Greenpeace dazugeholt und kurz vor Weihnachten die erste Aktion in Jena geplant.“ Im Laufe der letzten Monate kamen immer mehr Leute dazu. Bei der bisher größten Demonstration im März waren über 1.000 Menschen dabei.

Die jungen Protestierenden streiken für das Klima, aber was fordern sie? „Es reicht nicht aus, dass jeder selbst im Kleinen Veränderungen vornimmt, was natürlich auch wichtig ist“, sagt Justus, „sondern die Regierungen müssen Beschlüsse treffen und sich an das halten, was sie schon versprochen oder beschlossen haben.“ Mitglieder der FfF haben für die deutsche Regierung acht Forderungen aufgestellt, durch deren Hilfe das Maximum der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius begrenzt werden soll. Markus Reichstein, Mitarbeiter beim Max-Planck-Institut für Biogeochemie, erklärte bei seinem Vortrag nach einer Kundgebung: „Das Wissen ist bei den Regierungen vorhanden und in ihren Abkommen und Plänen integriert.“ Hinzu kämen die schnellen Entwicklungen in der Wissenschaft und Technik.

Reichstein ist Mitglied der Scientists for Future, einem Zusammenschluss von über 27.000 Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen aus dem deutschsprachigen Raum. Die Arbeit der Regierungen stimmt ihn optimistisch: „Es wird möglich sein, die Ziele einzuhalten. Dafür muss aber jetzt gehandelt werden.“ Geoengineering, das Eingreifen in natürliche Kreislaufsysteme der Erde mit technischen Mitteln, ist für ihn an dieser Stelle keine Lösung, sondern höchstens Symptombekämpfung. Es müssten vor allem die Emissionen von Treibhausgasen drastisch verringert werden.

Entschuldigung, bitte

Meistens wird bei FfF vor allem über die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler gesprochen. Nach den Beobachtungen von Zippora Vogel, die auch im Organisationsteam der FfF in Jena ist, sei der Anteil an Studierenden jedoch ungefähr ausgeglichen. Kritisiert werden diese dennoch häufig dafür, dass sie sich nicht stärker beteiligen. Dabei wäre es für sie einfacher, an einem Streik teilzunehmen. Außerdem kann durch mehr Menschen bei einer Demonstration auch mehr Interesse in der Öffentlichkeit geschaffen werden. Andererseits ist einer der Hauptgründe, warum es überhaupt so viel Aufmerksamkeit für die Demonstrationen gibt, der Verstoß gegen die Schulpflicht.

Greta fragt daraufhin gern: „Warum sollen wir für eine Zukunft lernen, die es vielleicht gar nicht mehr gibt?“ Das ist sicherlich provozierend, stößt aber auch auf Verständnis.

In Jenaer Schulen sind die Reaktionen verschieden. Zippora erzählt von ihrer Schule, dem Christlichen Gymnasium Jena, wo sie häufig vom Schulschwänzerargument zu hören bekommt. Ihre Lehrerin sagte zu ihnen, „dass wir das doch samstags machen können, da würde sie sich auch dazustellen.“ Auch wenn es an ihrer Schule nicht gutgeheißen wird, so duldet man die Teilnahme, wenn eine Entschuldigung der Eltern vorliegt. „Man muss kreativ werden“, meint auch Ekkehard Schleußner, Präsident des Geburtsklinikums und Teil von Scientists for Future in Jena, „wenn eine Lehrerin ihre einzigen beiden Schulstunden freitags von 11 bis 13 Uhr hat und ihre Schüler fehlen“.

Auch aus vielen weiteren Richtungen kommt Kritik. Gerade solche, die überzeugt davon sind, dass der Klimawandel überdramatisiert wird, oder ihn leugnen, sehen in der Bewegung nicht viel Sinn. Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner twitterte in Bezug auf FfF, dass er politisches Engagement von Schülerinnen und Schülern toll fände, die Klimapolitik jedoch eine Sache für Profis sei. Die Antwort darauf kam prompt von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern von Scientists for Future: Die Anliegen der jungen Menschen seien berechtigt und gut begründet. Neben den Scientists for Future erhält FfF auch von Leuten aus der Wirtschaft und Eltern, die den Parents for Future angehören, Unterstützung.

Und was passiert hier?

Auf regionaler Ebene konnte schon ein kleiner Erfolg erzielt werden. Im Thüringer Klimarat, in dem vor allem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mitwirken, hat nun auch Justus als Vertreter der FfF einen Platz bekommen. Dort kann er an der Gestaltung und Umsetzung von Klimaschutzzielen direkt mitwirken. Die FfF veranstalten am 21. Mai im Klimapavillon eine Podiumsdiskussion, dazu sind anlässlich der anstehenden Kommunal- und Europawahlen Vertreterinnen und Vertreter von sieben Parteien aus Jena eingeladen. Sie können dort ihre Parteiprogramme und Ideen zur Klimapolitik vorstellen und diese diskutieren.

Ein Vertreter der Parents for Future gab den jüngeren Anwesenden, die noch nicht wahlberechtigt sind, bei einer Demonstration eine Hausaufgabe auf. Sie sollten mit ihren Eltern über die Wahlen diskutieren und so versuchen, sie dazu zu motivieren, sich für einen Wandel in der Klimapolitik einzusetzen. Kurz vor den Europawahlen wird am 25. Mai international zu Demonstrationen aufgerufen, zu der auch in Jena wieder groß gestreikt werden soll. Denn die FfF möchten so lange weitermachen, bis ihre Forderungen an die Politik umgesetzt werden!

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