Wie feministisch ist Porno?

Der PorYes-Award ist ein feministischer, europäischer Pornofilmpreis, der seit 2009 in Berlin an hochwertige Pornofilme verliehen wird. Laura Méritt ist Mitbegründerin der Initiative und gibt im Interview Einblicke in die Welt des feministischen Pornos und wie sie mit PorYes dazu steht.

Interview von Tabea Volz

Was genau ist feministischer Porno?

Es gibt kein Genre feministischer Porno, sondern es gibt drei Hauptkriterien, die wir uns aus der Vorarbeit der Frauenbewegung erarbeitet haben: Zum einen sollen alle Geschlechter zu sehen sein, zum anderen muss Vielfalt gezeigt werden. Vielfalt an Praktiken, an Körpern, an kulturellen Hintergründen und so weiter.. Das dritte Hauptkriterium ist Fairness. Also gute Arbeitsbedingungen und einen Konsens vor der Kamera, welcher auch zu sehen sein sollte.

Was war euer Antrieb, mit PorYes anzufangen?

Mit PorYes haben wir bereits vor zehn Jahren angefangen. Mein eigenes Unternehmen, den ältesten feministischen Sexshop Europas, gibt es nun schon seit 30 Jahren. Natürlich ist mir im Laufe der Zeit aufgefallen, dass es in Europa relativ wenig zu feministischer Pornografie gab. Nichtdiskriminierende Pornografie und Darstellung von Körpern und Sexualität gab es kaum. Aus diesem Grund habe ich mich irgendwann über den Tellerrand Europas hinaus orientiert. In Kanada gibt es beispielweise eine Schwesterorganisation, die einige Jahre zuvor auch einen feministischen Porn Award ins Leben gerufen hatte. Davon war ich begeistert und dachte: So etwas brauchen wir auch hier. Das besondere bei PorYes ist, dass wir auch wirklich einen Schwerpunkt auf Europa legen, hier gab und gibt es viele tolle Leute. Wir wollen mit dem PorYes Award ein Stück Geschichte schreiben, die Namen und Arbeiten der Menschen richtig ehren und wertschätzen.

Warum sind feministische Pornos wichtig? Was wollt ihr damit erreichen?

Wir haben hier in gewisser Weise den Bildungsauftrag übernommen, der eigentlich ein staatlicher sein sollte: Wir wollen aufzeigen, dass es Diversität gibt. Das Hauptunterdrückungsmerkmal aller Gesellschaften ist tatsächlich noch immer Geschlecht und Sexualität. Reduziert wird diese auf das Kleinhalten, auf eine normierte hetero-Fortpflanzungssexualität, die als Basis von Kapitalismus und Patriarchat verstanden werden kann. Dagegen kämpfen wir an, indem wir schauen, wie wir die Vielfalt an Möglichkeiten, mit dem Körper Freude zu erzielen und insofern auch Freude in unser Leben zu bringen, aufzeigen können.

Was ist der Unterschied zwischen den Pornos, die bei euch ausgezeichnet werden, und dem Mainstreamporno?

Was den Mainstreamporno ausmacht, ist eine sehr getaktete Darstellung in Vorspiel, Hauptakt und Abgang. So eine Kurve wollen wir gar nicht als Norm vorgeben. Jede sexuelle Äußerung ist schön, der Fokus der Kamera ist nicht nur auf den primären Sexualorganen, sondern auch auf der Haut, auf den Rundungen, auf Reaktionen z.B. der Hand oder des Pulses. So werden auch andere Aufmerksamkeiten geschaffen. Beim feministischen Porno spielt auch der Orgasmus eine andere Rolle als im Mainstreamporno. Orgasmen werden anders gezeigt, können auch als Wellen auftreten und sind nicht immer notwendig. Es sollen verschiedene Wellen der Erregung gezeigt werden können, womit auch der Leistungsstress aus der Sexualität geholt werden soll. 

Aber es geht nicht nur um den Akt an sich?

Kommunikation ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt, der im Mainstream beinahe gar nicht vorkommt, dort wird hauptsächlich gestöhnt. Im feministischen Porno wird Kommunikation allerdings gerne gesehen, auch weil es im realen Leben oft schwer fällt, über Sex zu reden. Was möchte ich? Was möchte ich vielleicht gerade nicht, was aber mein Partner gerade möchte? Das vor der Kamera in einer schönen Art und Weise zu zeigen, damit Zuschauer inspiriert sind und Anregungen bekommen, wie sie Kommunikation in ihr eigenes Sexleben aufnehmen können, will feministischer Porno erreichen.

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