WIRTSCHAFT UND POLITIK: MANGELHAFT

Zweckwidrig, unwirtschaftlich, unnötig – was der Rechnungshof noch kritisiert.

Von Lenah John

Neben dem Vorwurf, die Studierendenschaften Thüringens seien zu links, hat der Landesrechnungshof die Haushalts- und Wirtschaftsführung von neun Thüringer Studierendenschaften an vielen Stellen stark kritisiert. Sturae dürfen über ihre Finanzen selbst entscheiden, jedoch nur unter bestimmten, durch das Thüringer Hochschulgesetz festgelegten Richtlinien. Zu ihren Aufgaben gehört die Auseinandersetzung mit hochschulpolitischen Belangen, die Förderung politischer Bildung sowie Kulturelles. Wichtig dabei: der Bezug zu den Studierenden.
Dieser sei jedoch nicht immer gegeben, kritisiert der Landesrechnungshof. Die Finanzen des FSU-Stura zeigen: Auch externe Vereine und Veranstaltungen sind in der Vergangenheit unterstützt worden, wie zum Beispiel das Geburtshaus Jena oder die Refugee Law Clinic Jena. Die Unterstützung des queerfeministischen Sommercamps 2018 oder einer AfD-Gegendemonstration stehen „allenfalls in einem bedingten Zusammenhang“ mit den Aufgaben der Studierendenschaft, kreidet der Rechnungshof an.

Zu viele Partys, Reisen, Glühweinkocher

In die weitläufige Kategorie „unwirtschaftlich und nicht sparsam“ fallen dazu zahlreiche Vergnügungsveranstaltungen, mit einhergehend Ausgaben für Grillgut und überwiegend alkoholische Getränke, die sich jährlich bis in den vierstelligen Bereich summieren. Florian Rappen, Vorsitzender des FSR Wirtschaftswissenschaften und Sturamitglied, sieht dies nicht ganz so problematisch: „Ich glaube, bei jungen Studierenden gehört auch eine Tanzkultur dazu. Man darf das nicht verteufeln.“     
Der Landesrechnungshof bemängelt weitere anfallende Kosten, wie beispielsweise für die Klausurtagung des FSR Wirtschaftswissenschaften 2019 auf Mallorca. Die Kritik an einer solchen Reise lehnt Florian ab: „Am Ende spricht für Mallorca nicht nur das Wetter und die gute Stimmung, sondern auch der Preis. Mallorca ist günstiger als Deutschland. Die Klausurtagung verteidige ich bis aufs Letzte.“
Die Fachschaften der Uni im Allgemeinen kommen nicht besser davon. An der FSU können die Fachschaftsräte eigenständig über ihre Mittel entscheiden und Ausgaben tätigen. Bei 34 Fachschaften sei es „nicht oder kaum realisierbar“, sämtliche Abrechnungen zu überprüfen, urteilt der Bericht. Mangelhafte Dokumentation führt zu unnötigen Mehrfachanschaffungen von beispielsweise neunzehn Glühweinkochern und fünf Bierzeltgarnituren. „Wir wissen selber nicht, was wir in diesem Büro liegen haben, wir müssen teilweise erstmal die Schlüssel finden“, fasst es Jil Diercks vom Stura-Vorstand treffend zusammen.

Die Hamsterbäckchen sind voll

Eigentlich sollen sich Einnahmen und Ausgaben innerhalb des Haushaltsjahres decken. Rücklagen dürfen 20 bzw. 30 Prozent der jährlichen Studierendenbeiträge nicht übersteigen, was jedoch bei sieben der neun geprüften Hochschulen der Fall war: An der EAH und FSU betrugen die Rücklagen 2017/18 40.800 bzw. 193.700 Euro – fast das Vierfache des erlaubten Betrags. Die Haushaltspläne seien „nahezu durchgängig verspätet vorgelegt und genehmigt“ worden, heißt es im Bericht.  

Stura- und FSR-Inventar, geordnet nach Menge. Grafik: Lenah John.

Die Verzögerungen entstünden durch die Neuzusammensetzung des Gremiums im September sowie langwierige Diskussionen um die einzelnen Punkte, bemerkt Sebastian Wenig, Haushaltsverantwortlicher des FSU-Stura. „Wenn das Haushaltsjahr auf den 31. Dezember/1. Januar wechselt, hast du es nie geschafft, den Haushalt rechtzeitig fertig zu bekommen.“ Dies habe eine Sperrung des Haushalts für den Jahresanfang zur Folge. „Dadurch konnten die Leute kein Geld ausgeben. Da sammelt sich automatisch ein immer höherer Betrag an Rücklagen an“, erklärt er. Mit der Gesetzesnovellierung in Thüringen könne der Wechsel aber nun verschoben werden. „Wenn das Haushaltsjahr zum ersten April hin wechselt, ist länger Zeit, die Leute einzuarbeiten und es gibt die Möglichkeit, den Haushalt rechtzeitig und ordentlich einzureichen, ohne dass das Haushaltsjahr eigentlich schon begonnen hat“, führt er aus. 
Verstöße stellte der Rechnungshof auch im Bereich Steuerrecht fest. Zum Beispiel haben Einnahmen bei Veranstaltungen die festgelegte Umsatzgrenze überschritten, wozu jedoch entsprechende Erklärungen gar nicht oder nur unvollständig abgegeben wurden. Eine gesonderte Prüfung sowie strafrechtliche Ermittlungen gegen betroffene Studierendenschaften seien noch nicht abgeschlossen. „Ich begegne dem Satz der strafrechtlichen Konsequenzen mit einem sehr müden Lächeln. Es muss richtig laufen. Wir müssen uns an mancher Stelle mehr Mühe geben. Wir müssen anfangen, Dinge zu ändern und Strukturelles umzusetzen“, kommentiert Florian. Auch Sebastian Wenig zeigt sich wenig besorgt. 

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