Studierende für den Stadtrat

Wir stellen euch studentische Kandidaten für die Stadtratswahl am 26. Mai 2019 vor. Dabei ist jeweils ein Mitglied von der CDU, FDP, Die Grünen, SPD, AFD und von der Partei Die Linke. Sie wurden nach ihren Vorstellungen zu Straßenverkehr, bezahlbarem Wohnen und der Jenaer Soziokultur befragt. Außerdem wollten wir wissen, wie sie ihr Studium und das Ehrenamt vereinbaren wollen.

Von Ariane Vosseler und Marcel Haak

Foto: Ariane Vosseler

„Man muss einen Riesenspagat schaffen und extrem on top sein.“

Cornelius Golembiewski, CDU

Cornelius studiert Medizin und macht momentan sein Praxisjahr. Praktisch fände er es auch, wenn die Radwege in Jena einheitlicher und sicherer wären. Außerdem müssten mit Hilfe des Nahverkehrs alle Ortsteile besser erschlossen werden. Trotz dessen darf der Autoverkehr nicht benachteiligt und die einzelnen Verkehrsteilnehmer nicht gegeneinander ausgespielt werden. Was er auch noch anregen möchte, sind Sharing-Angebote für Fahrräder oder E-Scooter. Damit sich diese lohnen soll neuer Wohn- und Arbeitsraum geschaffen werden, insbesondere in Zusammenarbeit mit dem Umland. Bei Bebauung der Stadt Jena soll zukunftssicher geplant werden, nicht einfach möglichst viel und möglichst schnell. Cornelius weiß, dass Bauplatz in Jena nicht unbegrenzt ist. Den Verlust der Insel findet er für eine Studentenstadt schade. Er möchte die Soziokultur unterstützen. Außerdem hat er noch die Hoffnung, dass es durch die jungen Kandidaten im künftigen Stadtrat mehr Verständnis für dieses Thema geben wird. Für Cornelius stellen Amt und Studium einen Spagat dar, auf den er sich mit langer Erfahrung im Politikbetrieb vorbereitet hat.

Foto: Ariane Vosseler

„Es ist eine grundsätzliche Frage, ob Freiräume ein wichtiges Thema sind oder die Gesellschaft sagt: Ach, die paar Leute können sich mit ihrem Wagen woanders hinstellen.“

Lena Saniye Güngör, Die Linke

Lena hat ihr Masterstudium in der Angewandten Ethik und Konfliktmanagement abgeschlossen, jetzt ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin und Dozentin. Ihre Dissertation steht schon in den Startlöchern. Ihr Fokus im Verkehrskonzept liegt auf ÖPNV, Radverkehr und Fußgängern. Autos sollen die Innenstadt nicht mehr befahren. Um das zu erreichen, will sie ein besseres Nahverkehrsnetz, bessere Radwege und Park & Ride-Angebote etablieren. Soziokulturelle Räume sollen stärker geschützt werden, weil sich dort junge Menschen einfach mal ausprobieren können und kulturelle Begegnungen stattfinden. Um der Gewinnorientierung entgegenzuwirken und die Mieten wieder günstiger zu machen, soll Jenawohnen rekommunalisiert werden. Wohnen ist nicht nur ein Grundrecht, sondern es muss auch bedarfs- und bedürfnisorientiert sein. Dass sie sich in ihrer Rolle als Stadträtin wohlfühlen würde, bezweifelt sie nicht. Freunde, Yoga und Musik würden schon für den nötigen Ausgleich sorgen.

Foto: Julian Hoffmann

„Ich sehe absolut kein Problem darin, Studium und Stadtrat unter einen Hut zu bekommen.“ Florian Sebastian Bayer, FDP

Florian studiert International Legal Studies. Dementsprechend unterstützt er auch die Entscheidung von Thomas Nitzsche in Bezug auf die Räumung des Wagenplatzes. Denn dabei hielt dieser sich immerhin an die gültige Rechtssprechung. Aber Soziokultur lehnt er nicht komplett ab. Er findet, sie sollte gefördert werden, sofern sie keine anderen Projekte behindert oder das Gesetz bricht. Was auch unterstützt werden muss, sind der Nah- und Radverkehr. Dennoch sollte das nicht zu Ungunsten des individuellen Automobilverkehrs gehen, auch wenn nicht allzu viele Studierende überhaupt eines besäßen. Durch räumliche Trennung von Radwegen und Straße solle Gleichberechtigung der Verkehrsteilnehmer hergestellt werden. Irgendwo müssen diese Verkehrsteilnehmer aber auch wohnen: Die Devise lautet: Bauen. Um für Wohnraum zu sorgen, sollen in Kooperation mit dem Umland Neubaugebiete ausgewiesen werden. Florian sieht kein Problem darin, Studium und Stadtratsamt zu vereinbaren. Er sieht keinen Unterschied zwischen sich und einer berufstätigen Person.

Foto: Dominik Itzigehl

„Im Stadtrat sitzen viele ältere Menschen, eine neue Perspektive wäre sinnvoll.“

Isabell Welle, Die Grünen

Isabell studiert Philosophie im Master an der FSU, sitzt in diversen Hochschulgremien und ihre Lieblingsfarbe ist blau. Von hohen Mietpreisen ist sie persönlich betroffen und will deswegen trotz eingeschränkter Möglichkeiten auf kommunaler Ebene durchsetzen, dass die Mieten in Zukunft erschwinglicher werden. Das soll beispielsweise durch Mietpreisbindung für neuen Wohnraum geschehen. Auch der Nahverkehr muss für alle günstiger und für die, die keine große Finanzkraft haben, möglichst kostenlos werden. Die Taktung der Bahnabfahrten soll auch gesteigert werden. Für alle, die lieber auf zwei Rädern unterwegs sind, möchte sie, dass mehr und vor allem auch sicherere Radwege gebaut werden. Außerdem wünscht sie sich mehr Fußgängerzonen. Autos sollten gänzlich aus der Innenstadt verschwinden. Was nicht verschwinden soll, sind die soziokulturellen Freiräume. Isabell und die Grünen setzen sich dafür ein, dass für die Insel und andere bedrohte Orte vernünftige Alternativen gefunden werden. Für den Stadtrat wünscht sich Isabell frischen Wind durch junge Menschen. Ihr ist bewusst, dass sie viel Zeit in ihre Stadtrattätigkeit investieren müsste und deshalb würde sie in ihren zahlreichen anderen Ämtern kürzertreten.

Foto: Julian Hoffmann

„Soziokultur braucht aber vor allen Dingen eins und das sind Freiräume.“

Konrad Erben, SPD

Konrad studiert an der EAH soziale Arbeit. Er ist seit etwa zehn Jahren im Jugendhilfeausschuss tätig und sitzt seit einiger Zeit im Beirat für Soziokultur. Dementsprechend wichtig ist ihm dieses Thema. Diese Freiräume, in die weder Kommune noch Unternehmen eingreifen, sollen erhalten bleiben, da sie insbesondere auch für Studierende bedeutsam sind, um neue Dinge auszuprobieren und Erfahrungen zu sammeln. Wohnraum ist ein weiteres Thema, das ihn beschäftigt. Für Konrad sollte Wohnen nicht nur in den Großwohnräumen am Stadtrand bezahlbar sein. Er stellt sich vor, dass mehr kommunal vermietet wird, nicht profitorientiert, sondern kostendeckend. Außerdem will sich Konrad dafür einsetzen, dass blinde Flecken im Nahverkehrsnetz per Bus abgedeckt werden. Um den Verkehr im Allgemeinen angenehmer zu gestalten, möchte er dafür sorgen, dass Radfahrer gegenüber Autofahrern gleichberechtigt werden. Dafür möchte er mehr Radfahrstreifen an Hauptstraßen einrichten, die auch von den Autofahrenden respektiert werden. Er ist sich der Mehrbelastung durch das Ehrenamt im Stadtrat bewusst. Das Studium hat für ihn jedoch die oberste Priorität.

Foto: Julian Hoffmann

„Wenn man am nächsten Morgen früh um sechs aufstehen muss, dann kann man halt nicht feiern gehen.“

Tim Egon Beutler, AFD

Tim studiert Geschichte und Deutsch und schreibt momentan seine Bachelorarbeit. Nebenbei jobbt er. Das Verkehrskonzept der Stadt beurteilt er als stellenweise desaströs. Er will weniger Autos in der Innenstadt, ihnen aber nicht den Zugang zum Zentrum erschweren. Dafür soll eine Tangente gebaut und das Bachstraßenareal verwendet werden. Wenn gebaut wird, dann auch gleich noch sozialer Wohnraum. Neuer Wohnraum allgemein soll in Kooperation mit den umliegenden Gemeinden geschaffen werden. Grundstücke sollen nicht mehr einfach versteigert werden, um den Preis erträglich zu halten. Wofür Geld ausgegeben werden kann, ist Kultur, damit Freizeitangebote weiterhin zur Verfügung gestellt und erweitert werden können. Dabei sollen insbesondere die Ortsteilräte mehr Mitspracherecht und Geld erhalten. Soziokultur finde er auch unterstützenswert, sofern sie sich im rechtlichen Rahmen bewegt. Tim ist zuversichtlich, dass er neben den vier Wochenstunden, die er zurzeit an der Uni verbringen muss, und seinem Job reichlich Zeit für die Stadtratstätigkeit haben wird.

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