Die Demonstration rollt an

von Isabella Weigand

Das Fahrrad wird in Jena zu einem immer beliebteren Verkehrsmittel. Eine bessere Infrastruktur ist daher notwendig, um Konflikte zu vermeiden. Dafür setzt sich der ADFC Jena gemeinsam mit dem Umweltreferat ein.

„In Jena wird der Radverkehr von der Politik oft nicht mitgedacht, sondern auf verbliebene Flächen gequetscht“, sagt Florian Reinhardt. „Auf denen kommt es dann regelmäßig zu Konflikten mit Fußgängern und KFZ“, er selbst radelt jeden Tag von Lobeda in das Stadtzentrum, auf einer der wenigen sehr gut ausgebauten Strecken. Als stellvertretender Vorsitzender des Kreisverbands Jena und Saaletal engagiert er sich im Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) für die Mitalltagsradfahrer und dafür, die Bedingungen für den Fahrradverkehr zu verbessern.

Politische Arbeit spielt dabei die größte Rolle. Vor der Wahl des neuen Oberbürgermeisters machte der ADFC eine Umfrage unter den Kandidaten, um herauszufinden, welchen Stellenwert das Thema Radverkehr einnimmt. Der neue Oberbürgermeister Thomas Nitzsche, selbst überzeugter Radfahrer, versprach, sich unter anderem für den Radverkehr einzusetzen. Bis jetzt sei allerdings nichts passiert. Durch die geplante Fahrraddemonstration soll mit Nachdruck auf die Probleme in der Innenstadt hingewiesen werden: „Es ist wichtig, dass entlang des Löbdergrabens zwischen Universität und Leutragraben nicht unbedingt Autoverkehr stattfinden muss, denn die Autofahrer haben die Möglichkeit, das Gebiet zu umfahren“, argumentiert Reinhardt. Mehr Abstellmöglichkeiten für Räder sollten außerdem bereitgestellt werden.

Fahrradfahren für alle

das wünscht sich der junge Familienvater. Der ADFC Jena bietet einmal im Jahr einen Fahrradkurs für geflüchtete Frauen an. Der werde zwar sehr gut angenommen, trotzdem trauen sich viele Frauen nicht alleine auf einem Fahrrad in den Straßenverkehr. „Die Angst davor ist zu groß und erst nach mehreren Jahren versuchen sich manche wirklich außerhalb unseres Übungsgeländes“, sagt Reinhardt. Um das Radfahren attraktiver zu machen und Ängste abzubauen, muss die richtige Infrastruktur geschaffen werden. Die Stadt Jena lag in der weltweit größten Befragung zu diesem Thema, dem Fahrradklimatest des ADFC, bisher auf Platz 16 von 38 befragten Städten mit vergleichbaren Einwohnerzahlen und damit im Mittelfeld.

Das Umweltreferat der FSU ist Mitorganisator der Fahrraddemonstration und steht hinter Reinhardts Forderung. Zwischen Damenviertel und Zentrum gebe es einen großen Aufreger: Fehlende Alternativen führten hier dazu, dass sich Radfahrer schlecht fühlten und Fußgänger ängstlich.

Die Zukunft gehört nicht dem
motorisierten Individualverkehr

„Wir sind davon überzeugt, dass der motorisierte Individualverkehr in Innenstädten, gerade in Orten wie Jena mit einem kleinen Zentrum, nicht die Zukunft sein kann und wird“, sagt Julia von Gönner vom Umweltreferat. Einerseits stellten die regelmäßig überschrittenen Grenzwerte für Luftbelastung in deutschen Städten ein gesundheitliches Problem dar und andererseits falle es schwer, Senioren und jüngere Menschen zum Radfahren zu motivieren, da diese sich innerhalb des Straßenverkehrs einer großen körperlichen Gefährdung berechtigterweise ausgesetzt fühlten. „Das größte Problem, das die Autofahrer in Jena haben, das sind die anderen Autofahrer“, erklärt Reinhardt, „je mehr Leute auf das Radfahren umsteigen, umso besser fließt auch der Autoverkehr“. Das Umweltreferat sieht in Kopenhagen ein Beispiel und Vorbild für eine gelungene Fahrradinfrastruktur, in welcher Pendler auf eigenen Fahrradstraßen und mit einem eigenen Ampelsystem sicher durch die Stadt geführt werden. Die Routen für neue Fahrradwege legt der ADFC in Jena bereits fest: „Wir haben dieses Jahr eine Politikerradtour gemacht und alle Stadträte eingeladen, mit uns auf dem Projekt des Gleis 3 eine Runde zu fahren. Die Idee ist vom Westbahnhof entlang der Schienen bis hoch zum Beutenberg einen Radweg anzulegen“. Seit beinahe 15 Jahren wird dieser Vorschlag im Stadtrat diskutiert. Der geplante neue Zeiss-Campus gibt jetzt den Anlass, eine Umsetzung ernsthaft in Betracht zu ziehen. In diesem Herbst sollte laut OTZ eine Machbarkeitsstudie vorgelegt werden. Doch der Winter naht schon und damit die kalten Temperaturen, sinkt damit auch die Fahrradlust? „Für mich gibt es kein Wetter, das zum Fahrradfahren ist“, sagt Julia. Reinhardt steigt auf den Nahverkehr um, sobald die Straßen vereist sind, bei Schnee sei das Radeln in Jena kein Problem: „Denn das ist ein Punkt, an dem ich die Stadt loben muss. Der Kommunalservice bemüht sich sehr um die Räumung der Fahrradwege.“ So muss auch im Winter nicht auf das Radfahren verzichtet werden.

 

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