Allen Klischees zum Trotz

Wir sind die Neuen überrascht mit guten Pointen und originellen Dialogen

von Bernadette Mittermeier

Einige Trailer schrecken vom Kinobesuch ab. Im Fall von Wir sind die Neuen sind es die nervigen Stereotype: Studierende von heute interessieren sich nur für ihre Noten, die Generationen unserer Eltern und Großeltern dagegen haben auf den Barrikaden gewohnt. Wer sich den Film gestern in der Kulturarena angesehen hat wurde allerdings eines Besseren belehrt.

Zunächst ist Wir sind die Neuen tatsächlich voller Stereotypen. Eine Gruppe aus Alt-Hippies zieht in die Wohnung über einer WG aus drei Streber-Studenten, die ihre Schuhe fotografieren und die Fotos dann auf die Kartons kleben, um sie richtig zu sortieren. Damit ist die Geschichte schon zusammengefasst, der Film aber noch nicht.

Einige Befürchtungen aus dem Trailer bestätigen sich: Die Figuren bleiben Karikaturen, Hintergrundgeschichten werden nur angedeutet und verlieren sich als lose Handlungsstränge. Eddi zum Beispiel (gespielt von Heiner Lauterbach), einer der drei Senioren, ist schwer krank und hat eine komplizierte Scheidung hinter sich. Beides wird mehrmals erwähnt, dabei bleibt es allerdings.

Wirklich anstrengend sind die Voice-Over-Kommentare, mit denen Alt-68erin Anne (Gisela Schneeberger) als Erzählerin das Geschehen bewertet. Dieses Stilmittel gehört in die Mottenkiste, und das eigentlich schon seit den 1940ern, als es populär wurde.

Glücklicherweise besteht das Drehbuch allerdings vor allem aus Wortduellen zwischen den beiden WGs, und diese sind witzig und originell. In schriftlicher Form zünden Pointen nicht so gut wie im Kino, deshalb sei an dieser Stelle nur verraten, dass kaum je eine Minute verging, bevor der nächste Lachanfall den ganzen Theatervorplatz im Griff hatte. Als Generationenporträt funktioniert der Film nicht, aber als schlichte Komödie ist er immer unterhaltsam und stellenweise rasend komisch.

Zielgruppe des Films sind eigentlich alle, die sich als Alt-68er fühlen und nostalgisch in nie dagewesenen Zeiten schwelgen wollen. „Wir wollten zurück ins Paradies“, schwärmt Anne von ihrer Studienzeit. Heutige Studierende müssen über sich lachen können, wenn alle jungen Menschen im Film nicht nur unhöflich, sondern zeitweise regelrecht bösartig sind und selbst die Kunststudentin Barbara (Karoline Schuch) neben ihrer Verlobung nur die Abschlussprüfung in ein paar Wochen im Kopf hat.

Das alles verzeiht man Wir sind die Neuen allerdings schnell, weil er sich als lockerer Unterhaltungsfilm lohnt und das viele Lachen vom Lernstress ablenkt, den sich einige Studierende gerade jetzt tatsächlich machen.

Foto: http://www.wirsinddieneuen.x-verleih.de

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