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Bericht über den Jenaer Hackerspace
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Foto: Tarek Barkouni

Nerdbrille, Retrogames, Comics. Spätestens seit die Serie „The Big Bang Theory“ in Dauerschleife läuft und die Hipster-Welle auch den Campus erreicht hat, sind die angeblichen Kellerkinder von früher in der Mitte der Gesellschaft angekommen. In Jena können sich Geeks, Bastler oder Interessierte im „Hackspace Jena“ treffen.


Wer dabei an Datendiebe und andere Internetkriminelle denkt, der sei beruhigt. Hier wird nach dem Credo „Öffentliche Daten nutzen, private Daten schützen“ gelebt. Im Allgemeinen ist ein Hackerspace ein Treffpunkt, in dem sich Menschen begegnen und zusammenarbeiten. Meist geht es dabei um Computer und Technik, aber auch um digitale und elektronische Kunst. Besonders die kreative Veränderung von altbekannten Gegenständen ist beliebt. In Jena ist so etwa aus einem alten W-LAN Router, ein paar Kabeln und einem elektrischen Türschloss eine Handysteuerung für Türen entstanden. Niemand muss mehr aufstehen, um dem Pizzaboten zu öffnen und Schlüssel sind auch überflüssig geworden. Ein Smartphone reicht aus.
Entstanden sind die Hackerspaces in den 1990ern, wobei die „c-base“ in Berlin als einer der ersten der Welt gilt. Inzwischen gibt es über 60 dieser Orte in Deutschland, in denen unter anderem gebastelt und programmiert wird. 3D-Drucker, Drehmaschinen und anderes Werkzeug laden dazu ein, die fantastischsten Ideen zu verwirklichen. In der Bauhausstadt Weimar steht zum Beispiel insbesondere der künstlerische Aspekt im Vordergrund. Untereinander stehen die, meist als Vereine geführten, Hackerspaces in einem freundlichen Wettstreit miteinander. Besondere Geräte rufen da schon mal einen gewissen Neid hervor, sagt Frank L.* vom „Hackspace Jena“, aber bei der Gründung und Organisation hilft man einander immer gerne. Konrad S.*, ebenfalls vom „Hackspace Jena“, gefällt besonders, dass er durch die Treffen auch in fremden Städten immer Anschluss und gleichgesinnte Leute findet. Die meisten dieser Vereine sind offene Räume, in denen jeder willkommen ist und mitmachen kann. Konrad erzählt aber auch von einem Hackerspace in San Francisco, zu dem Gäste mit verbundenen Augen geführt werden.
In Jena kann dagegen jeder vorbeikommen und sich beteiligen. In der Entstehungszeit des Vereins trafen sich die Technikfreunde noch im fünften Stock des Jentowers auf knapp 15 m². Da die gesponserten Räume nur als Übergangslösung gedacht waren, machten sie sich auf die Suche nach Alternativen. Heute hat der Verein, der inzwischen 34 Mitglieder zählt, 58 m² in der Krautgasse gemietet. Es fehlt nur noch das Internet, denn was ist schon eine Hackergruppe ohne? Die Räume sind hell und Retrogamesticker versprühen Nerdcharme, während Lötkolben und Oszilloskop den düsentriebschen Umgang mit Elektronik ermöglichen. Auf Sofas kann man sich mit anderen Bastlern unterhalten oder ein gemeinsames Projekt planen. Ein beachtlicher Mate-Vorrat und genug Snacks, um nächtliche
Sessions durchzuhalten, sind vorhanden. Dabei wechseln technische Veranstaltungen wie die Elektronik-runde oder der Schlossknackabend mit freien Themen. So kommen bei den Koch- und Spieleabenden auch weniger technikbegeisterte Menschen auf ihre Kosten.
Den typischen Hackerspacer gäbe es zwar nicht, aber die meisten Besucher seien dann doch die, die sich auch in ihrer Freizeit mit Technik beschäftigten, beschreiben Frank und Konrad die Mitglieder des Vereins. Ein Besuch der offenen Runde zeigt: Wer einen dunklen Raum voller schwitzender Computerfreaks erwartet, die nur von ihren Bildschirmen beleuchtet werden, hat die falschen Vorstellungen.
Grundsätzlich ist das Ziel des Vereins, das Interesse für Technik zu wecken und Hilfestellung beim Umgang mit ihr zu bieten. Besonders die Sensibilisierung für Datensicherheit ist ein Anliegen, das aktiv verfolgt wird. Vorträge und Workshops sollen nicht nur Mitgliedern die Möglichkeiten des Schutzes der eigenen Daten im Netz und des eigenen Computers aufzeigen. Deswegen finden Hilfesuchende auch meist Unterstützung, solange die Mitglieder nicht nur als kostenloser Support missbraucht werden. Wer sich einbringt, dem wird in den meisten Fällen auch geholfen, versichert Frank. Die ultimativ technische Lösung für alle Computerprobleme können aber auch sie nicht bieten. „Selbst das beste Mailprogramm wird dich niemals daran hindern, deine Freundin zu beleidigen“, schränkt er ein.
Zurzeit basteln die Hacker in Jena an einem 3D-Drucker und einem Theremin, einem berührungslos gespielten elektronischen Musikinstrument. Außerdem soll eine größere selbstgebaute, programmierbare Blinkleiste die unauffälligen Papierschilder in den Fenstern ersetzen. Langfristig möchte man noch mehr Geräte, weitere Mitglieder und zusätzlichen Platz haben. Dann könnten auch weitere Projekte in Angriff genommen werden, wie zum Beispiel einige künstlerische Vorhaben. Grundsätzlich sind sich Frank und Konrad aber einig: Der Weg ist das Ziel! Das Erschaffen ist das, was Spaß macht.

Tarek Barkouni
* Name der Redaktion bekannt

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