Der Spiegel der Popkultur

Die Kunstsammlung Jena zeigt Videokunst von Elodie Pong




Ein Moment der Entspannung – eigentlich steht die Künstlerin selbst nicht gern im Rampenlicht.
Foto: Christoph Worsch

Elodie Pong, 1966 in Boston geboren, lässt sich nicht gerne fotografieren. In diesem Moment, an einem Freitagmorgen, machte sie jedoch gute Miene. Ein Fotograf gibt ihr wie einem kleinen Kind immer neue Anweisungen, wie sie sich zu stellen hat, damit ihm sein Wunschbild gelingt. Elodie Pong war nicht sie selbst und doch beschreibt dieser Augenblick so wunderbar die in der Kunstsammlung Jena ausgestellten Videoarbeiten.
Unter dem Titel „Around Life’s Central Park“ ist noch bis zum dritten Juni das neuere Schaffen der Künstlerin in der Kunstsammlung Jena zu sehen. Dieses ist auf vier aufgehängten Flachbildschirmen, neun Leinwänden sowie 70 bedruckten Platten ausgestellt.

Veraltete, doch aktuelle Rollenvorstellungen

Wer bist du? Wen imitierst du? Wer sind deine Vorbilder? Diese Fragen scheinen Grundlage der gezeigten Werke zu sein. In der heutigen Popkultur, in der jeder nach dem neusten Trend sucht, die Stars in den Hochglanzmagazinen zum Vorbild nimmt, treibt es Elodie Pong auf die Spitze und hält dem Besucher gnadenlos den Spiegel vor. Nichts ist in dieser Welt wie es scheint, und alle sind getrieben von falschen Ansprüchen und festgefahrenen Geschlechtervorstellungen. Das Video „Je suis une bombe“ greift die aktuellen Ansichten von der jungen Weiblichkeit auf, indem es eine Frau in einem Pandabären-Kostüm zeigt, die sich lasziv an einer Polestange bewegt. Obwohl ihre Identität erst am Ende des Filmes aufgelöst wird, käme kaum ein Betrachter auf die Idee, dass es sich nicht um eine Frau handelt, die dort an der Eisenstange tanzt. Hier spielt Elodie Pong mit den festgefahrenen Vorstellungen und Erwartungen, die in der jungen Gesellschaft verankert sind. Eine Frau soll zwar selbstbewusst sein und sich selbst verwirklichen, doch gerät sie immer wieder in alte Rollenverhältnisse und bedient das ausgelutschte Klischee: Das erotisch verführende Mädchen, dass nur dem Mann zu gefallen hat. Doch wer soll und kann sich diesen Erwartungen in unserer übersexualisierten Gesellschaft ernsthaft entziehen? Gerade durch junge Popsängerinnen wie etwa Miley Cyrus oder auch feste Größen à la Rihanna werden ebendiese Klischees weiter an Millionen von Teenagern weltweit transportiert.

Gegenüberstellung des Gleichen

Die Thematik des Übernehmens von Ritualen spiegelt sich auch in weiteren Videowerken von Elodie Pong wider. Mehrfach sind Schauspieler auf schlichten Sockeln zu sehen, wie sie bekannte Posen darbieten. Sei es ein jubelnder Sportler, Michelangelos David-Statue oder ein sich präsentierendes Model auf dem Laufsteg. All diese Posen erkennt der Betrachter ohne weitere Erklärungen, weil sie ihm tagtäglich in den Medien bewusst gemacht werden. Sie gehören zu einer Art kollektivem Pool, aus dem sich die westliche Popkultur eifrig bedient. Das wird in mehreren Ebenen auch in den Installationen „Subjects 1“ und „Subjects 2“ verdeutlicht. An einer schmalen Stelle hängen sich zwei Flachbildschirme gegenüber. Die dort ablaufenden Videos sind synchronisiert und zeigen jeweils die selben Schauspieler, wie sie bekannte Posen einnehmen. Die neben den Bildschirmen platzierten Textbilder mit den Aufschriften „This is what happend“ und „This is what you think happend“ machen das Bild perfekt. Aus der anfänglichen Wahrnehmung der Ähnlichkeit beider Videos wird Gewissheit.Mit der neuen Ausstellung „Around Life’s Central Park“ wird in der Kunstsammlung Jena die noch junge Tradition, Videokunst zu zeigen, fortgeführt. Die Art und Weise in dieser Kunstrichtung Themen aufzugreifen, zu verarbeiten und dem Besucher zu präsentieren, richtet sich eher an ein jüngeres Publikum, das durch die gewählte Darstellungsform, die oft an Musikvideoclips erinnert, einen relativ einfachen Zugang erhält. Die Länge von bis zu 14 Minuten pro Film sowie die gezeigten Inhalte, die sich teilweise in mehreren Videos wiederfinden lassen, erfordern jedoch oft ein mehrmaliges Ansehen und damit eine Eigenschaft, die der heutigen Jugend gern abgesprochen wird: Geduld. Doch der Betrachter wird belohnt mit beißender Ironie, witzigen Szenen und Anregungen, die er sicher noch lange nach dem Besuch der Ausstellung in sich tragen wird. Einzig die gewisse Enge der Räumlichkeiten und die daraus resultierende Überlagerung des Tons einzelner Videos trübt ein klein wenig den guten Gesamteindruck.

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