Aspekte vs. Jena

Ein ostdeutsches Städtlein schlägt zurück

Von Maximilian Gertler

Montag Abend, 5. Dezember 2011, 20 Uhr. Es war soweit. Der große Showdown konnte beginnen. Und so versammelten sich Jenas Schwergewichte aus Politik, Wissenschaft und Gesellschaft im Theaterhaus, um Christhard Läpple entgegenzutreten, dem Redaktionsleiter der Fernsehsendung, die es gewagt hatte, unser Jena in den braunen Schlamm zu ziehen. „Angstzone“, „kein Paradies für Menschen mit Migrationshintergrund“, all das war Jena nun für den Rest der Republik, Europa und der ganzen Welt. Ein echter Eklat, der Skandal des neuen Jahrtausends. Zumindest scheint das die Selbstwahrnehmung der Jenenser und Jenaer dieser Tage zu sein, die sich doch erst am Freitag zuvor bei Bier und Bratwurst von Udo Lindenberg und Peter Maffay beim Rock gegen Rechts unterhalten ließen – will heißen: gegen Nazis engagierten.

So trieb es an besagtem Montagabend 500 Menschen zum Theater, wobei 300 von ihnen draußen bleiben mussten und so das Spektakel live auf der Großbildleinwand verfolgten. Was an diverse Fußballgroßevents erinnert, kam dieser Stimmung auch im Inneren des Theaters gleich: Erster Angriff von Läpple gegen das rebellische Städtlein, die Masse tobt erbost. Kurz darauf umgeht Stadt-Papa und Oberbürgermeister Schröter geschickt die Frage des Moderators und kontert stattdessen sofort in Läpples Richtung. Die 300 Jenaer Ultras auf dem Theaterplatz sind nicht mehr zu bremsen und grölen sich bei tosendem Applaus die Stimmen aus dem Hals.
Wenn sich doch nur so viele Menschen in diesem August bei der Blockadedemo in Gera und der Mahnwache für die Opfer des Rechtsterrors den Nazis mit ihrer Stimme entgegengestellt hätten. Es ist offensichtlich leichter, gegen die Nestbeschmutzer von auswärts zu pöbeln, als sich selbst zu engagieren, damit das Nest sauber wird und bleibt.
Trotz der befremdlichen Geräuschkulisse von außen verlief die Diskussion recht gesittet. Dass der Aspekte-Beitrag redaktionell schlecht und eindimensional ist, darin waren sich noch alle einig. Außer Herrn Läpple natürlich, der die Rolle des Bösewichts überzeugend spielte und nicht einsehen wollte, was Jenas Problem ist. Aber was ist das Problem? Ost-West-Klischees? Jena ist nicht rechts? Warum einen Münchner Schnösel ankarren, wenn es in Jena doch genügend Menschen mit Migrationshintergrund gibt, die von ihrer Sicht der Dinge hätten berichten können? Alles wurde angesprochen, aber in die Tiefe ging es nicht. Und so redeten die Protagonisten gute zwei Stunden aneinander vorbei, wenn auch sehr kurzweilig und unterhaltsam. Der Abend war gerettet, Chapeau.

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