„Only trying to be a musician“

Ravi Coltrane überzeugt in Jena mit dem Ravi Coltrane Quartet

Von Maria Häfer



Foto: Dörte Hamann

Wen stört schon der Regen wenn Ravi Coltrane das Sax in die Hand nimmt und mit Drew Gress am Bass, Drummer E.J. Strickland und Louis Perdomo am Klavier aberwitzigen Jazz zum Besten gibt. Das Ravi Coltrane Quartet hat trotz frierenden, etwas gelähmten Zuschauern, schlechtem Wetter und viel leerem Raum ein grandioses Jazzkonzert gegeben. Mit Charme, einer Spur Dreistigkeit und deutlich spürbarer „Let`s Jazz“-Stimmung begeisterten sie das Publikum.
Es war, wie so häufig im Jazz, kein Konzert für das Publikum. Auf der Bühne hat sich das prämierte Quartett ausprobiert. Doch für Ravi Coltrane, den Liebhaber von Experiment und Variation, war es dennoch ein erstaunlich klassisches Konzert. „I want to be involved with music that is truly honest – that’s not trying to follow trends or fit into someone’s idea about what jazz is“, zitiert ihn eine Coltrane-Biografie im Netz. Er möchte einfach nur Musik machen und Musik machen heißt: versuchen, sich ausprobieren, die Grenzen des Geistes erweitern wo immer es möglich ist. Auf der Bühne hat das Quartett Spaß gehabt. Sie freuten sich mit dem Kopf halb abwesend wippend über gelungene Soli, klatschten sich gegenseitig Beifall und jubelten bei besonders bemerkenswerten Passagen. Dabei interessierte weder das Wetter noch das ab und an zurückhaltend applaudierende Publikum wirklich. Ravi Coltrane wandte sich nur sporadisch an die Zuhörer, die unter Schirmen und wasserdichten Capes im Regenguss verschwammen. Kein Wort, keine Anekdote zuviel. Nichts störte die musikalische Erfahrung – einmal abgesehen vom Wolkenbruch. Coltrane zollte mehrmals seinen Kollegen Tribut, unterstützte sie musikalisch, hielt sich zurück und verschwand respektvoll im Hintergrund. Wie nebenbei erzählte er von dem ersten Zusammentreffen. Besonders in Erinnerung bleibt den Gästen wohl eine rührende Wortmeldung des Jazzsaxophonisten die seiner Mutter der Jazzpianistin Alice Colttrane galt. Mit ihr gemeinsam wollte er das nächste Album gestalten. Doch 2007 starb die starke Frau (auch wenn die taz etwas anderes behauptet). Ein Verlust der Ravi Coltrane offenbar noch immer sehr vereinnahmt. Er widmete ihr gleich drei Songs und erwähnte sie oft, nur scheinbar nebenbei.
Mit dem Album In Flux (2005) schaffte er es nach Meinung der New York Times Kritiker seine Musik zu finden. Für den Titel Away gewann er den Grammy in der Kategorie Bestes Jazz-Solo. Seine Musik, das bedeutet wohl unabhängige, freche Soli die gleichermaßen von enormer Emotionalität und distanziert technischem Spiel, in jedem Fall von größter Virtuosität zeugen. Sein Ton ist manchmal etwas hart, beinahe blechern. Dann im nächsten Moment, der ruhigen Passage, mittlerer Lage, dann ist sein Ton butterweich und kriecht dem Hörer bis ins Mark. Sein Spiel ist ganz anders als das seines Vaters. Viel direkter, virtuoser. Aber es ist deswegen nicht weniger schön. Der oft bemühte Vergleich zwischen dem berühmten Vater John Coltrane und seinem Sohn ist müßig. Ravi selbst steht in seinem Spiel anderen Musikern, zum Beispiel Dexter Gordon näher. Neben dem Saxophonisten glänzte aber noch ein weiterer Jazzer ganz besonders: Bassist Drew Gress. Der Vertreter des Avantgarde Jazz gab dem Quartett Einheit. Avantgarde Jazz darf man wohl kaum mehr sagen, schließlich ist der Bassist längst ein international anerkannter und etablierter Künstler, der sogar an renommierten Universitäten und Konservatorien lehrt. Seine viel zu kurzen Soli waren ungewohnt energisch und über die Maßen mitreißend. Am Jazz des Quartetts faszinierte wohl am meisten die in einigen Stücken greifbare strukturelle Einfachheit in Harmonie und Arrangement, die meisterhaft aufgebrochen wurde mit, man kann es schlicht so sagen: Know How to play Jazz.Ein musikalischer Hochgenuss. Ein Weltstar -Quartett in Jena.
Die Kulturarena hat noch weitere Größen des Jazz und Soul geladen. Trompeter Hugh Masekela, Soul-Queen Sharon Jones sind nur zwei der herausragenden Künstler die man noch gespannt erwarten darf.

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