„So was braucht eine Stadt“

Das Electronica-Quartett Klinke auf Cinch im Akrützel-Interview

Die Fragen stellte Christian Fleige




Klinke auf Cinch sind: Lutz Hartmann, Clemens Kynast, Martin Hansmann und Patrick Föllmer (v. l. n. r.).
Quelle: Pressekit

Im Pressekit von Klinke auf Cinch steht folgendes: „Heraus kommt ein homogenes Ganzes, irgendwo zwischen gebremstem House, beschleunigtem Jazz, reduziertem Pop, harmoniegetränktem Minimal.“ Es ist der Versuch, die Komplexität der eigenen Musik in Worte zu fassen.
Ihr Studio hat die Thüringer Band im Kunsthof. Dort trafen wir die Jenaer Bandhälfte, Lutz Hartmann und Clemens Kynast, zum Interview.


Eine Standardfrage zu Beginn: Wie kam es zu diesem Namen?
Der Name ist mehr oder weniger aus einem Running Gag entstanden, weil dieses Kabel in den Anfangszeiten immer gefehlt hat. DJ-Equipment arbeitet immer viel mit Cinch und Studioequipment mit Klinke. Da war dann immer diese Brücke notwendig und als Metapher zieht sich diese Brücke auch in unsere Musik rein: als Verbindung von elektronischer und jazziger Livemusik mit Improvisationscharakter.

Manch ein Kritiker vergleicht Euch schon mit Four Tet oder Flying Lotus.Wird bei Euch demnächst dann auch Thom Yorke als Gastmusiker auftauchen?
Schmunzelt. Weiß ich nicht?

Verantwortlich für diese Lobeshymnen war der Track Lentis und ein dazugehöriges Video, das durch die Blogosphäre ging. Das Netz hat das Veröffentlichen von Musik und die Rezeption schon stark vereinfacht, oder?
Es ist definitiv einfacher geworden zu veröffentlichen. Die eigentliche Frage ist aber, ob es einfacher geworden ist, damit Geld zu verdienen. Und das sehe ich nicht so. Die meisten CDs verkaufen wir zum Beispiel auf Konzerten.

Spielt auch Wehmut eine Rolle, wenn man das ganze „nur“ als MP3 veröffentlicht und nicht als Vinyl-Maxi?
Also bei uns beiden definitiv. Wir legen ja auch noch mit Platten auf. Außerdem haben Vinyl-Veröffentlichungen mehrere Vorteile. DJs nehmen dich wahr. Und man hat die Möglichkeit, eigene Samples auf die Platte mit drauf zu packen, die dann unser DJ bei Konzerten scratcht. Das ganze heißt dann „DJ-Tool“ und ist auch bei der letzten Vinyl-Veröffentlichung angehängt.

Ist es auch ein Kostenpunkt?
Es ist bei vielen Labels eine Kostenfrage. Oft sind es Kleinauflagen, die dann im besten Fall die nächste Veröffentlichung bezahlen.

In dieser Ausgabe geht es ja ausschließlich um Jenaer Stadtgesichter. Sprechen wir also ein bisschen über die Stadt. Inspiriert sie Euch?
Was die künstlerischen Einflüsse angeht – auf jeden Fall. Hier gibt es so viele Leute, die Musik machen und auftreten. Man sieht sich oft, bleibt dadurch in Kontakt und kann auch mal spontan andere Musiker mit ins Studio nehmen. Im Gegenzug spielt man selbst für jemanden eine Bassline ein. Es ist ein Geben und Nehmen und am Ende ist das hoch kreativ.

Und wo lässt es sich in Jena am bes­ten auftreten?
Das Kassa mit seiner großen Bühne, dem guten Sound und seiner Tanzfläche ist natürlich schön. Ich spiele immer wieder gerne dort. Aber es hat auch Spaß gemacht, am Strand 22 am Wasser zu stehen und zu spielen. Es kommt halt auch immer auf die Atmosphäre an, die durch die anwesenden Leute und die Location entsteht.

Euer Studio ist im Kunsthof, einer ehemaligen Karosseriewerkstatt. Da liegt die Vermutung nahe, dass andere Künste bei Klinke auf Cinch auch eine Rolle spielen.
Für mich definitiv. Ich finde, dass andere Einflüsse, andere kreative künstlerische Formen, genauso dazugehören müssen. Wenn zum Beispiel ein Video zur Musik passt, dann finde ich das gelungen und auch sehr wichtig. Wir haben auch ein Bild einer kanadischen Künstlerin an der Wand, das bei uns im Studio entstanden ist, während wir Musik gemacht haben.

Ist der Kunsthof als Institution für Jena von Bedeutung?
Er ist wichtig, weil es durch ihn noch eine Art Gleis 2-Atmosphäre in Jena gibt – und das auch noch mitten in der Stadt. Mir hat es immer gefallen, welche unterschiedlichen Einflüsse im Gleis 2 auf einer sehr kleinen Fläche zusammenfanden und wie man daraus immer wieder einen kreativen Nutzen ziehen konnte. Das ist dann eine schöne Basis, ein schöner Dachverband. Ich finde, so was braucht eine Stadt.

Eine Standardfrage zum Schluss: Gibt es eine Sommerplatte, die Ihr empfehlen könnt.
Mir gefällt das neue Ada-Album „Meine zarten Pfoten“, das bei Pampa Records erschienen ist.


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