Auf Seelenreise mit Sa Dingding

Die Sängerin bezirzte das KulturArena-Publikum

Von Janina Rottmann
und Isabella Weigand

Sa Dingding

Sie ist schon eine Erscheinung, diese kleine Lady in ihrem wehenden Paradiesvogel-Kostüm: Die mongolische Popsängerin Sa Dingding, die in China bereits große Hallen füllt, tanzte und schwebte am Samstag über die Bühne des Theatervorplatzes. Etwa 1000 Zuschauer hatten sich bei klarem Wetter dort eingefunden, um ihre „Sirenenstimme“ und das zuvor angekündigte „Gesamtkunstwerk“ erleben zu können.

Der Musikstil der Sängerin und ihrer vierköpfigen Band war poppig, rockig und durchaus tanzbar, dabei vermengt mit elektronischen Beats. Als besonderes Element aber wirkten die für das europäische Ohr fremden Klänge traditioneller asiatischer Instrumente wie die Guzheng, ein klassisches chinesisches Zitherinstrument und die mongolische Pferdekopfgeige.
Zwischen den Stücken erzählte sie dann auf Englisch von ihrer Kindheit in der mongolischen Grassteppe, die sie mit Nomaden durchwanderte. Sie erwähnte ihren strengen Schullehrer, der anscheinend permanent darin scheiterte, sie zu disziplinieren und würdigte auch die starken asiatischen Frauen, von denen so manche ihre betrunkenen Männer des Nachts auf den Schultern nach Hause tragen können.
Obwohl sie schon sehr früh mit ihrer Musik begann, erschien das erste Album der 34-jährigen Künstlerin zuerst 2006 in China. Seitdem folgte ein weiteres, welches ihren Bekanntheitsgrad im asiatischen Raum weiter steigerte. Doch ein Live-Konzert der Künstlerin ist kein Vergleich zur Platte – viel berauschender wirkt sie auf der Bühne mit dem fröhlichen „Xi Carnival“ oder dem durch Sprechgesang gekennzeichneten „Alive“. Die Macht ihrer klaren hellen Stimme versetzte so manch einen Zuschauer in einen Trance-ähnlichen Zustand. Sie ergriff auch uns und versetze uns in die Weiten der mongolischen Steppe.
Die geballte Ladung Spiritualität ihrer Show (einmal fiel Sa Dingding hinter dem Lautsprecher plötzlich betend auf die Knie) verbunden mit ihrer ungewöhnlichen Offenherzigkeit („ I love Germany and I love you and I love music!“) war dabei allerdings nicht jedermanns Sache. So hielt sich das Publikum der Kulturarena trotz des guten Wetters und Sa Dingdings Einsatz zunächst eher zurück. Unsicher ob der Begeisterungsfähigkeit des Publikums wurden vorsichtshalber sogar Stuhlreihen direkt vor der Bühne aufgebaut. So manch einer mag sich deshalb gefragt haben, wie er denn die Musik am besten genießen könne – im Sitzen, tanzend, mit dem Kopf wippend oder gar klatschend? Viel interessanter erschien es dann den meisten, der hüpfenden Lady und ihrer betörenden Stimme einfach zuzuhören und zuzuschauen.
Die Zurückhaltung der Gäste merkte man ihrer Show in keinster Weise an – was sie im Herzen fühlte, das trug sie unbändig nach außen. Beinahe fliegend bewegte sie sich über die Bühne, ihre Stimme erklang auf Englisch, Mongolisch, Tibetisch, Mandarin und sogar in ihrer eigens kreierten Sprache über den Theaterplatz. So konnte sich das Publikum während des etwa 90-minütigen Konzerts gezwungenermaßen seiner eigenen Fantasie hingeben.
Zum Ende zog es dann doch noch einige zum Mitschwingen und -schweben vor die Bühne. Der lange Applaus sorgte für zwei Zugaben, bei denen dann auch der leidenschaftliche Keyboarder ein Vollblutsolo hinlegen konnte.
Das Konzert war letztendlich weder ein Spektakel für die Massen noch ein hochkarätiges Gesamtkunstwerk. Doch wer sich darauf einließ, vermochte in Sa Dingdings Welt einzutreten und wie nach einem Seelenwaschgang befreit nach Hause zu schlendern.

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