Wo sind die Idealisten?

Ein Kommentar zu den Problemen des FH-Sturas

Von Isabel Schlegel

Die Fachhochschule Jena ist mit ihrem Kandidatenmangel nicht allein: Ob Erfurt, Weimar oder die FSU – an fast allen Thüringer Hochschulen gibt es in den Fachschaften oder den Sturas mehr Plätze als Bewerber. Das bedeutet zwar nicht überall das Ende studentischer Interessenvertretung, aber doch das Ende demokratischer Wahlen. Bei zu wenigen Bewerbern bekommt jeder einen Platz im Gremium – selbst, wenn sich bei der Wahl kein einziger Student für ihn entscheidet. Es ist also ein wenig wie in der DDR: Man wählt nicht, man bestätigt nur noch Listen. Wie unter solchen Umständen aktive studentische Interessenvertretungen entstehen sollen, die sich jeden Tag aufs Neue motiviert in einen Kampf für ein besseres Studium stürzen, ist fraglich. Dabei wären starke Studentenräte gerade jetzt, nach der Bologna-Reform und mit Verwaltungsgebühren, bitter nötig.
Die wenigsten wissen aber, weshalb sie einen Stura überhaupt brauchen: Der Studentenrat hat die Aufgabe, so heißt es in der Selbstbeschreibung, die Studierenden gegenüber der Hochschule, der Stadt, dem Land und dem Bund zu vertreten. Das klingt sehr wichtig, aber gehört hat man in den letzten Jahren wenig von Erfolgen des FH-Sturas. Manche Projekte sind noch nicht abgeschlossen (wie das Kastanienhaus, das ein Treffpunkt für Studenten werden soll), viele gescheitert (z.B. Kinderbetreuung, Verwaltungsgebührenboykott) oder wurden gar nicht erst in Angriff genommen. Die erfolgreichste Aktion des Jahres, so zynisch das klingen mag, ist da noch das Zelebrieren des eigenen Unterganges. Zwar erinnerte es zuerst an Don Quichottes Kampf gegen Windmühlen, als ein Trüppchen Sturamitglieder versuchte eine träge Studentenschaft aufzurütteln. Aber das Säbelrasseln scheint tatsächlich etwas gebracht zu haben: Man interessiert sich an der FH wieder für seine eigene Interessenvertretung, ein paar Studenten denken ernsthaft darüber nach, sich im Stura zu engagieren. Bleibt nur zu hoffen, dass die Euphorie bis ins neue Semester anhält.
Würde ein Engagement im Stura nicht so viel Zeit kosten, wären es wohl noch mehr Interessierte. Zeit, die viele (nicht nur) als Bachelorstudent einfach nicht haben. Zeit, die man mit dem Lernen für Klausuren, Praktika und bezahlten Nebenjobs verbringen könnte. Mit dem Überleben also. Der Stura ist ein Luxus, von dem viele Studenten glauben, ihn sich nicht mehr leisten zu können. Dass sie damit nicht nur dem Stura, sondern auch sich selbst ein Grab schaufeln, ist ihnen nicht bewusst. Denn wer nicht für seine eigenen Interessen einsteht, darf sich nicht beschweren, wenn über seinen Kopf hinweg entschieden wird. Die viel zu vollen Stundenpläne werden sich nicht von selbst leeren, sie werden es nur, wenn wir protestieren. Wenn wir das Studium zurückfordern: auch als einen Hort des Ausprobierens, der Selbstentfaltung und als vielleicht schönste Zeit des Lebens. Wenn fast die Hälfte der Studenten ihr Studium wegen Leistungsdrucks und Zukunftsangst abbricht, muss dagegen irgendetwas schief gelaufen sein und verändert werden.
Der richtige Ort für solche Veränderungen ist der Stura. Dort kann man direkt mit der Hochschulverwaltung oder Studierenden anderer Hochschulen in Kontakt treten, kann sich vernetzen und hat genügend finanzielle Mittel, um spektakuläre Projekte zu verwirklichen. Der Stura ist also – so fremdartig der Begriff in unserer auf Creditpoints fixierten Studentenwelt anmuten mag – eine Spielwiese für Idealisten. Und Idealisten brauchen wir.

1 Kommentar zu „Wo sind die Idealisten?“

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