Wie die Firma MLP versucht, die Studenten auszunehmen
Von Daniel Hofmann
Vor Neppern, Schleppern, Bauernfängern ist man auch an der Uni nicht sicher. Foto: Katharina Schmidt |
Eine der größten Sorgen des Studenten ist die berufliche Zukunft. Es gibt viele Schritte, die man auf dem Weg zum Traumjob gehen muss. Angefangen bei der Bewerbung bis hin zum finalen Bewerbungsgespräch. Der Uni fehlt es meist an Mitteln, um diesen Bereich der Karriereförderung gezielt zu unterstützen. Unternehmen wie der Finanzdienstleister MLP versuchen diese Lücke zu schließen. Sie bieten Rhetorikkurse und Berufsstarterseminare für interessierte Studenten an – kostenlos. Bleibt die Frage, welche Firma es sich leisten kann, nur im Interesse des Studenten zu handeln.
Der FSU-Student Stefan Schmidt* besuchte die Seminare von MLP und fand sich wenig später mit einem Versicherungsvertrag in den Händen wieder. Angefangen hatte alles mit einem Gespräch auf dem Campus, bei dem er seine Telefonnummer gegen ein kostenloses Berufsstarter-Seminar tauschte. „Sie sagten, sie wären Mitarbeiter der Universität Jena“, berichtet Stefan. Der Wahrheit entsprach das nicht. Eigentlich hatte MLP nicht mal eine Erlaubnis, sich auf dem Uni-Gelände aufzuhalten, um Werbung zu machen. Die Rechtsabteilung der Universität Jena sieht in diesem Fall noch Klärungsbedarf.
Einige Zeit später erhielt Stefan einen Anruf, bei dem er sich einen Termin für das Berufsstarterseminar auswählen konnte. Neben ihm hatten sich noch zehn weitere Studenten für diesen Termin entschieden und saßen mit Stefan im Schulungsraum von MLP in Jena. Die Leiter des Kurses waren selber MLP-Mitarbeiter und berichteten von eigenen Berufserfahrungen. „Das Seminar war ganz interessant, aber ab und zu haben die schon Werbung in eigener Sache gemacht“, sagt Stefan.
Zum Ende des Kurses wurde dann noch ein kleiner Fragebogen verteilt. Neben Fragen über das eigene Studium und ob man sich vorstellen könnte, für MLP zu arbeiten, gab es auch die Möglichkeit ein kostenloses Buch für Berufsstarter zu erhalten. Alles, was man dafür preisgeben musste, waren fünf Handynummern von Freunden oder Bekannten. „Es geschieht alles auf freiwilliger Basis“, kommentiert Michael Schäfer, der Geschäftsstellenleiter von MLP in Jena. Die Methoden zur Sammlung von Kontaktdaten geben dennoch zu denken.
Möglichst viele Daten
„Der richtige Verkauf begann aber erst danach“, sagt Stefan. Ein telefonisches Angebot für ein Finanzberatungsgespräch machte den Anfang. Darauf folgten mehrere persönliche Gespräche mit einem Berater der MLP. Diese waren immer davon geprägt, Vertrauen zwischen Käufer und Verkäufer aufzubauen. Während der Gespräche wurden nun immer mehr persönliche Daten zusammengetragen. Dadurch soll der Student am Ende die angeblich beste Versicherung erhalten, die für wenig Geld zu bekommen ist. Zum Schluss wurde Stefan eine Arbeitsunfähigkeitsversicherung angeboten, mit einem monatlichen Beitrag von rund 35 Euro. Auf was ihn damals kein Berater hingewiesen hatte, war die Rentenversicherung bis zum Jahr 2050, die er mit seiner Unterschrift ebenfalls abgeschlossen hätte. Eine finanzielle Zusatzbelastung, die sich in den nächsten Jahren hätte rächen können.
Beiträge im vierstelligen Bereich
„Zum Glück hab ich das beim Durchlesen noch gesehen, sonst hätte ich da direkt unterschrieben.“ Der monatliche Beitragssatz wäre jedes Jahr um zehn Prozent gestiegen und setzt damit auch ein Einkommen voraus, das sich ebenfalls so stark entwickelt. Es gibt zwar Möglichkeiten die Erhöhung für zwei Jahre zu umgehen, aber spätestens danach muss man den Preisanstieg hinnehmen. Nach einiger Zeit hätte man es dann mit Beitragszahlungen im vierstelligen Bereich zu tun. Der Gedanke daran, dass man als Student im späteren Berufsleben ein Gehalt hat, bei dem zwei- bis dreitausend Euro für die Versicherung egal sind, mag verlockend sein. Realistisch ist er allerdings nicht. „Man muss sich die Zeit zum Lesen nehmen, egal wie lang der Vertrag ist“, rät Stefan allen Studenten, die für ihre Zukunft gut versichert sein wollen.
MLP selbst ist ein Unternehmen, das Geldanlagen und Versicherungen anderer großer Konzerne an die Kunden weitergibt, um dafür eine Provision zu erhalten. Die Vermittlung einer sehr günstigen Versicherung würde damit nicht so viel Provision einbringen wie die Vermittlung einer teuren. Akademiker bilden die Hauptzielgruppe von MLP, da hier das zukünftig größte Einkommen zu erwarten ist. Das damit verbundene Angebot von kostenlosen Kursen für Studenten dient als erste Kontaktaufnahme zu möglichen Neu-Kunden. MLP strebt daher eine Zusammenarbeit mit Hochschulen an, indem sie einen Teil der Karriereförderung auf eigene Kosten durchführt. Eine solche vertragliche Zusammenarbeit, wie sie bereits mit anderen Universitäten stattfindet, existiert in Jena noch nicht. Dennoch ist das Unternehmen auch hier präsent. „Wir haben uns mit manchen Professoren abgestimmt, um uns in Vorlesungen vorstellen zu können“, sagt Michael Schäfer von MLP, der sich auch für den Fall Stefan entschuldigt: „Wir werden daran arbeiten die Fakten auf den Tisch zu legen“.
MLP ist natürlich nicht das einzige Unternehmen, das innerhalb der Universität Studenten direkt ansprechen will. Eine Genehmigung durch die Raumverwaltung ist aber für alle Pflicht. Eine solche Erlaubnis erhielten allerdings nur die Anbieter, von denen die Studenten profitieren könnten, erklärt Katrin Dischmann, Mitarbeiterin der Raumverwaltung. Eine Bank könne sich mit einem kostenlosen Giro-Konto für Studenten durchaus innerhalb der Uni präsentieren. Ein Ausstellungsplatz werde aber meist nur für sehr kurze Zeit vergeben und müsse bezahlt werden. „Wir wollen keinen Marktplatz in der Universität und auf das Geld kommt es uns auch nicht an, sondern auf den Vorteil der Studenten“, so Dischmann.
Wartet dann doch einmal ein Vertrag auf eine Unterschrift, dann sollten drei Sachen nicht fehlen. Eine gesunde Portion Misstrauen gegenüber dem Berater, viel Zeit für den Vertrag und keine Hemmungen davor, einen externen Fachmann zu fragen. Mit den Worten von Norbert Plandor, dem Rechtsberater für Studenten in Jena: „Ein guter Rat kann nie teuer genug sein“!
*Name von der Redaktion geändert