Und er lohnt sich doch

Der FH-Stura kämpft gegen fragwürdigen Gebäudeabriss

Von Matthias Benkenstein und Robert Wegner

Vom Aussterben bedroht: das Kastanienhaus auf dem FH-Gelände. Foto: FH-STURA

Es ist eine dieser Situationen, in denen man merkt, dass es doch ganz praktisch ist eine Studentenvertretung zu haben, die sich für die Interessen ihrer Kommilitonen einsetzt. Noch im Sommer dieses Jahres war es der feste Entschluss der FH-Hochschulleitung das sogenannte „Kastanienhaus“ abzureißen, einen Flachbau in der Nähe der Mensa an der Carl-Zeiss-Promenade. Das zweistöckige Gebäude sollte – trotz akuten Raummangels – durch eine „Grünfläche“ ersetzt werden. Das ist jetzt aber gar nicht mehr so sicher. Denn sowohl der FH-Stura als auch die Fachschaftsräte und andere engagierte Studenten investierten in den letzten Monaten viel Zeit und Energie, um für den Erhalt des Hauses zu kämpfen.
Bereits im Frühjahr wurde der Abriss des Hauses, in dem bisher die Räume und Büros mehrerer Fachbereiche und ein Computerlabor untergebracht waren, zum ersten Mal im Senat der Fachhochschule besprochen. Kurze Zeit später folgte der entsprechende Beschluss. Grund: Geldknappheit. Die laufenden Betriebskosten seien zu hoch und der Haushalt gebe es nicht her, das Gebäude weiter zu unterhalten.
Kurz darauf schlug Studentenrats-Mitglied Falk Pißler, der auch im Senat sitzt, ein erstes Konzept des Stura zur Rettung des Kastanienhauses vor. Denn weil die FH sichtlich überfüllt sei – inzwischen studieren hier 5.000 statt der ursprünglich geplanten 3.000 Studenten – könne man die Räume sehr gut gebrauchen. Alle anderen Gebäude auf dem FH-Gelände seien komplett ausgelastet. Rektorin Gabriele Beibst sagte damals zwar ihre Unterstützung zu, später ließ die Hochschulleitung aber nichts mehr von sich hören. „Ich hoffe sehr, dass sie uns nicht auflaufen lassen will“, sagt Natalja Rieck vom Stura-Vorstand. Auf die angeforderten Raumpläne des FH-Gebäudes wartet dieser bis heute vergebens.
Auf einer gemeinsamen Klausurtagung des Stura und der Fachschaftsräte nach den Semesterferien rückte das Thema Kastanienhaus dann vollends in den Mittelpunkt ihrer Arbeit. Sie überlegten sich, wie man es weiter nutzen könnte und wer die Räume am dringendsten benötigt. Mehrere Fachschaftsräte haben beispielsweise seit langem keine eigenen Büros. Auch fehlt in Campusnähe ein Platz für kulturelle und interkulturelle Veranstaltungen. Eine ausreichende Anzahl an festen Aufenthaltsräumen für Studenten, in denen gemeinsame Studienarbeiten innerhalb der FH erledigt werden können, ist ebenfalls nicht vorhanden. Und auch in der Bibliothek gibt es für Lerngruppen nur drei kleine Räume. Ein weiterer Punkt ist die flexible und ganztägige Kinderbetreuung, die an der FH derzeit sowohl am Platzmangel als auch an einer stiefmütterlichen Behandlung scheitert.

Überraschendes Engagement

Das Nutzungskonzept wurde daraufhin in großem Stil mit Postern, Flyern und einer Unterschriftenliste an der Fachhochschule beworben. Zudem setzte es der Stura kurzfristig auf die TOP-Liste der Senatssitzung im Oktober. 500 Unterschriften hatte er bis dahin bereits gesammelt. „Die Senatoren waren von unserem Engagement völlig überrascht“, sagt Natalja. Seitdem sei die Stimmung im Senat zugunsten eines Erhalts gekippt.
Danach gründeten Stura, FSR und andere interessierte Studenten die „AG Kastanienhaus“, die sich seitdem wöchentlich trifft, um das Konzept zur Gebäudenutzung weiter auszuarbeiten. Vergangenen Dienstag erfolgte auch eine Begehung des Objekts mit einem Architekten, um die Möglichkeiten, aber auch die Hürden des Erhalts abzuklären. „Uns ist klar, dass an einer Sanierung kein Weg vorbei führt“, sagt Natalja. Das Gebäude sei zwar nicht einsturzgefährdet, doch müsse Geld investiert werden, um die Fußböden und Fenster zu erneuern.
Mit Rektorin Beibst hat sich der Stura dahingehend geeinigt, dass er zur Senatssitzung am 16. Dezember ein detailliertes Finanzierungskonzept zur Rettung des Kastanienhauses vorlegen darf. Das ist jedoch paradox, hat doch der Senat laut Aussage von Beibst gar nicht die Befugnis über eine mögliche Sanierung zu entscheiden. Das Land sei schließlich Eigentümer der Hochschul-Immobilien.
Schwammig und verwirrend findet das Natalja: „Wenn der Senat keine Entscheidungsgewalt über die Finanzierung hat, wieso sollen wir ihm dann ein Konzept vorstellen?“ Sie hofft, dass die Senatsvorsitzende an einer wirklich konstruktiven Lösung interessiert ist.
Dennoch hat die Hochschulleitung bereits einen Betrag von 250.000 Euro aus dem semesterweisen Verwaltungskostenbeitrag in Aussicht gestellt. „Das wird jedoch nicht reichen“, prognostiziert Natalja vom FH-Stura. Zur Verwirklichung der Pläne wäre eine Kooperation mit Studentenwerk, Hochschulrat und anderen Geldgebern nötig.
Bereits in der Vergangenheit hatten mehrere privatwirtschaftliche Unternehmen ihr Interesse am Kastanienhaus bekundet. Damals wurden Sanierungskosten in Höhe von 2 Millionen Euro veranschlagt. „Ein solcher Standard wird für unsere Zwecke nicht nötig sein“, meint die Stura-Vertreterin. „Wir müssen das Haus ja nicht totsanieren, wir brauchen einfach nur Räume.“

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