Die doppelte Ungerechtigkeit

Ein Gespräch mit dem Stura-Ankläger Philipp Scholz

Das Gespräch führte Johannes Wander

Am 10.11. verkündete die Schiedskommission offiziell ihr Urteil zur Anfechtung der Stura-Wahl vom letzten Juli. Akrützel sprach mit Philipp Scholz, einem von zwei Klägern, über das Ergebnis und seine Konsequenzen für den Stura.

Könntest du bitte kurz nochmal zusammenfassen, worum es in eurer Anfechtung und dem Schiedsspruch geht?

Ursprünglich ging es darum, dass wir glaubten, es bestünde ein Fehler in der Satzung, der der Gleichheit der Wahl widerspricht. Es stellte sich jedoch heraus, der Fehler liegt nicht in der Satzung, sondern in deren Anwendung. Ein klassischer Wahlfehler, mit dem sich der Schiedsspruch hauptsächlich befasst.

Worin bestand dieser Fehler?

In der Satzung steht, die Wahl sei gleich, also dass die Wähler in ihrer Stimmkraft gleich sein müssen. In Bezug auf die Wahl bedeutet das, dass jeder Wähler über so viele Stimmen verfügt wie Mandate an der Fakultät zu vergeben sind. In der Wahlbekanntmachung heißt es: „Der Wahlberechtige kann seine Stimmen auf verschiedene Wahlvorschläge verteilen.“ Wahlvorschläge sind laut Satzung Einzelwahlvorschläge oder Listenwahlvorschläge, wobei mehrere Stimmen für einen Kandidaten nur als eine Stimme für den Kandidaten und seine Liste zählen. Es wurden aber vom Wahlvorstand die Begriffe Kandidaten und Wahlvorschläge vermischt.

Und das hatte zur Folge?

Es war plötzlich verboten Stimmen zu kumulieren, also mehrere Stimmen einer Person zu geben. Man musste sie verschiedenen Personen geben. Erlaubt war aber die Verteilung auf die Kandidaten einer Liste, obwohl die Liste ja eigentlich nur ein einzelner Wahlvorschlag ist.
Das Problem ist folgendes. Zwar wurden so Einzel- und Listenkandidaten gleich behandelt, entscheidend sind aber die Wahlvorschläge. Bei der Stimmabgabe konnte jeder Listenkandidat eine Stimme erhalten, bei der Auszählung wurden die Stimmen dann aber wieder zusammengezogen, weil ja nur ein Wahlvorschlag vorlag. Wollte man seine Stimme nur einem Einzelwahlvorschlag geben, hätte man seine übrigen verfallen lassen müssen, während man je nach Größe der Fakultät ein Vielfaches der Stimmen den Listenwahlvorschlägen zukommen lassen konnte.

Wie sah das Ganze dann in der Realität aus?

Im Extremfall war es dadurch möglich, dass Einzelwahlvorschläge lediglich eine Stimme, Listenwahlvorschläge bis zu fünf Stimmen pro Wähler erhalten konnten und so die fünffache Chance besaßen.

Die Schiedskommission kommt zu dem Ergebnis, dass Neuwahlen innerhalb von sechs Wochen durchgeführt werden müssen. Würde eine Neuauszählung der Stimmen nicht genügen?

Nein, das würde die Wahl vollkommen verfälschen. Mit Blick auf die Satzung müsste man alle Stimmzettel, auf denen mehrere Stimmen für eine Liste abgegeben wurden, als ungültig betrachten oder überall, wo z.B. fünf Stimmen auf eine Liste gegeben wurden, vier streichen und die übrige Stimme einfach willkürlich einem Kandidaten zuordnen. Aufgrund der Wahlbekanntmachung und des gängigen Procedere hat eine große Mehrheit der Wähler den Fehler gemacht mehrere Stimmen für eine Liste abzugeben. Ergo würde eine solche Neuauszählung den Wählerwillen vollkommen verzerren.

Es bleibt also abzuwarten, wie sich der Stura verhält? Offiziell gibt es keine Aussagen und auch im Protokoll der Sitzungen der letzten Wochen wurde das Thema nicht angesprochen. Was würde also als nächstes passieren, sofern der Stura nicht reagiert?

Zurzeit stellt der Stura vollkommen auf Ignoranz. Im letzten Akrützel-Interview ließ man verlauten, die Argumente der Schiedskommission wären noch nicht überzeugend. Ob überzeugend oder nicht: Der Schiedsspruch ist verbindlich, was jeder in §35 der aktuellen Stura-Satzung nachlesen kann. Wenn der Stura innerhalb von sechs Wochen nicht neu wählt, so wäre der nächste Schritt der Verwaltungsrechtsweg.

Wer würde den einleiten?

Die Kläger müssten dies tun – ob das nun allen so recht ist oder nicht. Wir hoffen, dass der Stura sich doch noch besinnt, nachdem im letzten Wahlkampf alle Parteien mehr Demokratie gefordert haben. Die demokratische Legitimation können sie sich jedenfalls nur durch eine demokratische Neuwahl verschaffen. Sollten sie diese nicht durchführen, so wäre es nur folgerichtig und konsequent den Fall vor das Verwaltungsgericht zu tragen.

Wie lange würde so ein Verfahren erfahrungsgemäß dauern?

Ich selbst habe da keine Erfahrung, aber es ist absehbar, dass es sich um eine langwierige Angelegenheit handeln wird. D.h. dem StuRa würde die Grundlage seiner eigentlichen Arbeit wesentlich später entzogen werden. Würden jetzt Neuwahlen durchgeführt, so hätte der neue Stura noch fünf Sechstel seiner Amtszeit vor sich und könnte alle wichtigen Entscheidungen treffen.

Käme es für dich als Kläger nicht vielleicht auch in Frage von einer weiteren Klage zugunsten der Studenten abzusehen?

Am liebsten wäre es mir, wenn ich gar nicht in die Situation komme darüber nachdenken zu müssen und der StuRa erkennt, dass er sich auflösen muss. Ich würde mir auch wünschen, dass das Problem universitätsintern gelöst werden könnte, da es ansonsten ein schlechtes Licht auf die FSU werfen würde. Trotzdem wäre jeder Schritt, den wir jetzt nicht weitergehen, inkonsequent.

Allgemein

4 Antworten auf Die doppelte Ungerechtigkeit

  • Hauptsache ein Geltungssüchtiger Hansel klagt sich in den Stura! Und das Akruetzel feiert den Chefankläger! Zahlen ja nur die Studenten…Man wird sagen, es sind nur 37 MdSturas, die neugewählt werden müssen, dass aber dreifach so viele dann auch HANDLUNGSUNFÄHIG sind, und selbst das Akruetzel Geldprobleme bekommt (Da sind einige Beschlüsse illegal, es gibt keinen Haushalt, und Geld gibts erst nach der Konstituierung des “neuen” Gremiums (im Juni?!?)

    Schneidet euch nur selbst ins Fleisch. Der Typ hat den Stura noch nie von innen gesehen, hat der überhaupt ne Ahnung wo der Stura ist? Er sollte mal lieber mitarbeiten, anstatt sich in den Stura zu klagen. Warum hat er es abgelehnt, in den AK zur Wahlordnung zu gehen? Weil es arbeit macht? Aber Geltungssüchtige wollen keine Arbeit…

    Schön Schön. Ab sofort klagen wir uns alle ein Mandat ein. Irgendwas finden wir schon. Zum Glück gibts ja Leute wie PS, die meinen, die Demokratie nach Jahren des Unrechtsregimes und Unterdrückung wieder einzuführen!

  • “Zum Glück gibts ja Leute wie PS, die meinen, die DEMOKRATIE nach Jahren des Unrechtsregimes und Unterdrückung wieder einzuführen!”

    Ja, genau DARUM geht es! Vorausgesetzt es wird sachlich formuliert, wozu mein Vorredner offensichtlich nicht in der Lage war. “Geltungssüchtig” sind Personen, die meinen, sich über geltendes Recht hinwegsetzen zu können, aber nicht diejenigen, die nach Jahren der (leider unerkannten) Benachteiligung dem Gleichheitsgebot zum Recht verhelfen wollen. In einer Demokratie ist das glücklicherweise ebenso möglich wie die Meinungsfreiheit die Äußerung falscher juristischer Ansichten toleriert.

    Durchsetzen sollte sich am Ende allerdings das Recht.

  • Die FSU hat einen MOGEL-STURA und seine 37 Bildungsbürger in spe machen seit 4 Wochen den Strauß, den Vogel. Alle??? Oder sollen sie es ??? Wie man lesen kann, wird mit dem Schiedsspruch der Schiedskommission ein zum Himmel schreiendes Unrecht bei der STURA-Wahl beseitigt.Die Wählerschaft erwartet von ihrer Mogel-Vertretung mindestens den ordentlichen Beschluss zum Schiedsspruch: Ja, wir sind undemokratisch gewählt und werden die Rechtmäßigkeit durch Wahlwiederholung bis … herstellen. Das bisherige primitive Gegackere einiger STURA-Hühner kann einen Bescluss nach ernsthafter Beratung nicht ersetzen. Es sind Fehler passiert über Jahre. Das kommt vor. Entscheidend ist, dass sie zügig beseitigt werden.Und hier liegt das eigentliche Desaster.Der Wahlbeschiss, ungewollt oder gewollt, ist so klar, dass es nur die verlangte Lösung – Wiederholung – geben kann und zwar ganz schnell. Es geht jetzt um Fundamentales in Jena : Um Demokratie, Rechtmäßigkeit und Sauberkeit, nicht um ein paar Euro. Das sollte auch dem Rektor zu denken geben.

  • Das ist schon bedenklich! Da sitzen zum überwiegenden Teil Studis im StuRa, die für sich in Anspruch nehmen, die zukünftige Elite in unserem Land präsentieren zu wollen, die auf Grund ihrer bisherigen politischen Tätigkeit sicherlich auch in Zukunft in der einen oder anderen großen Volkspartei ihren Weg gehen werden. Zukünftige Juristen, Politikwissenschaftler, Lehrer ….
    Was vergibt sich der StuRa eigentlich, wenn er den Spruch der Schiedskommission einfach akzeptiert, der Studierendenschaft mitteilt, wir haben einen Fehler gemacht, jetzt erst recht?! Wir bringen das Verfahren zu unserer Wahl auf einen ordentlichen Weg.
    Ihr habt gut gelernt von den Großen! Aussitzen, Ignorieren, eigentlich alles, was wir schon kennen – auch Arroganz genannt! Das Traurige ist nur, dass es nach der gestiegenen Wahlbeteiligung in diesem Jahr wieder einen Abwärtstrend geben wird, weil Demokratieverständnis von vermeintlich demokratisch legitimierten sollte vorgelebt werden! Und das Ansehen der Uni … scheint wohl auch egal zu sein, jedenfalls wird ein mögliches rechtsstaatliches Verfahren der Uni nicht unbedingt zur Ehre gereichen.
    Es ist einfach nur traurig und bedenklich …

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