Über Anfeindungen lachen können

Wolfgang Schäuble über seine Studentenzeit

Das Gespräch führten Kristin Haug und Conrad Ziesch

Eigentlich wollte Wolfgang Schäuble nach Jena kommen, als er den Termin an der FSU aber absagte, schlug er uns einen anderen Ort vor. Also trafen wir ihn im Juli in den MDR-Studios in Halle. Als er in einer schwarzen Limousine vorfuhr, fragten seine Securitymänner uns nach den Personalausweisen.

Politik war frühersein Hobby.
FOTO:Jens Borghardt

Streber oder Straßenkämpfer – Wie war er so, der Student Wolfgang Schäuble?
Ein Streber bin ich nie so richtig gewesen. Dafür habe ich im Studium zu viele andere Sachen gemacht. Ich hab immer viel Sport getrieben und mich politisch engagiert. Studiert habe ich natürlich auch noch einigermaßen erfolgreich. Ein Straßenkämpfer war ich auch nicht. Man sollte sich eher im System engagieren, als es außerparlamentarisch zu bekämpfen. Davon war ich schon als Student überzeugt.

Dabei haben Sie 1968 die Studentenproteste in Freiburg und Hamburg hautnah miterlebt.
Freiburg war eine der Hochschulen, wo viele Auseinandersetzungen begannen. Aber die Studenten haben die Regeln selber bestimmen wollen, und das durch Minderheiten, nicht durch Mehrheiten. Ich bin fest überzeugt, dass stets die Mehrheit entscheiden muss.

Sie haben sich doch aber sicher auch für Ihre Ideale stark gemacht?
Natürlich habe ich mich engagiert. Politik war damals noch mehr ein Hobby für mich. Und dann war ich mit 30 plötzlich Bundestagsabgeordneter, das war natürlich ein Traum.

Stört es Sie, dass heute viele Studenten auf die Straße gehen, um gegen Sie zu protestieren?
Das kränkt mich nicht. Es gehört zur Demokratie dazu, zu demonstrieren. Wenn ich die Chance habe, mit jungen Leuten zu diskutieren und Argumente auszutauschen, erlebe ich es immer wieder, dass sich viele Vorurteile auflösen. Häufig handelt es sich um falsche Vorurteile, die die jungen Menschen auf die Straße treiben.

Gehen die Anfeindungen gegen Sie zu weit?
Kürzlich habe ich bei einer Tagung der europäischen Innenminister eine Zeitungs-Karikatur gesehen, auf der man mich mit Walter Ulbricht und seiner Aussage „Niemand hat die Absicht eine Mauer zu bauen“ verglichen hat. Auch das muss man ertragen. Man kann darüber nur lachen.

Viele Studenten empört die massenhafte Speicherung persönlicher Daten. Auf der anderen Seite stellen sich viele Jugendliche im Studi-VZ zur Schau. Was halten Sie von diesen Menschen?
Ihnen rate ich, sich mit der Veröffentlichung ihrer Daten zurückzuhalten. Das Problem des Datenschutzes in Zeiten der modernen Kommunikationstechnologien ist nicht ein Problem des demokratisch verfassten Rechtsstaates. Der überwacht die Menschen nicht. Jeder Vergleich mit Diktaturen ist daher einfach falsch.
Natürlich bergen die neuen Kommunikationstechnologien Gefahren. Die scheinbare Anonymität im Internet veranlasst gerade junge Menschen, völlig hemmungslos ihre Daten online zu stellen. Sie meinen, das sei privat. Aber jeder hat darauf Zugriff. So ist das Internet.

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