Nicht mit Glied?

Demnächst wird wieder gewählt. Neben den Gremienwahlen für den Stura geht es an der Uni Jena auch um den Beirat für Gleichstellungsfragen. Die Geschlechtervorgaben aus dem neuen Thüringer Hochschulgesetz werden dabei umgangen.

von Martin Emberger und Isabella Weigand

Es gibt verschiedene Ordnungen und Gesetze, an die sich die Hochschulen halten müssen, wenn es um die Gleichstellung der Geschlechter geht. Als beratendes Gremium wurde an der FSU ein Beirat für Gleichstellungsfragen eingesetzt. Er besteht fast völlig aus nicht studentischen Mitgliedern der verschiedenen Fachbereiche. Die Mitglieder werden parallel zu den Gremienwahlen für ihre Tätigkeit als Gleichstellungsbeauftragte ihrer Fakultät gewählt und verpflichten sich für drei Jahre. Für die studentische Vertretung im Beirat sind zwei Stellen vorgesehen, eine aus den Geistes- und Sozialwissenschaften und eine aus den naturwissenschaftlichen Fachbereichen.

Seit einem Jahr gibt es das neue Thüringer Hochschulgesetz und es hat bereits für Verwirrungen gesorgt. So wurden alle männlichen Mitglieder des Beirates für Gleichstellungsfragen an der Uni Jena vom Gleichstellungsbüro darüber informiert, aufgrund ihres Geschlechts zukünftig nicht mehr für ihren Posten kandidieren zu können. Das Gleichstellungsbüro erhält Arbeitsaufträge vom Gleichstellungsbeirat, beispielsweise wenn dieser mit einem Beratungsfall nicht weiterkommt, bei Rechtsfragen oder für Infoveranstaltungen.

Auch Kevin Bayer hat die Nachricht erhalten. Gemeinsam mit Lilly Krahner (beide RCDS) vertritt er die studentische Stimme im Beirat. „Es bewerben sich für Posten in Gleichstellungsfragen häufig nur Frauen. Da wir Gleichstellung aber so interpretieren, dass es um beide Geschlechter geht, sind wir als mixed Team angetreten“, erklärt Kevin. Dass nur noch Frauen kandidieren dürfen, hat ihn stutzig gemacht. „Die Entscheidung wäre nachvollziehbar, wenn Frauen unterrepräsentiert wären. Doch bei den Studierenden ist es genau umgedreht. Wenn sich das Geschlecht des Beauftragten danach richtet, wo es die strukturelle Benachteiligung gibt, dann ist es bei den Studierenden ganz klar der männliche Part.“

“Nur Frauen einzusetzen, ist keine Gleichberechtigung”

Grund für die Benachrichtigung war der überarbeitete Gleichstellungsparagraf des neuen Gesetzes. Zwar wurde im Vorgänger ebenso nur von „der Beauftragten“ gesprochen, doch so richtig ernst hat das keiner genommen; erst seitdem in der aktuellen Version das Attribut „weiblich“ hinzugefügt wurde. „Wenn der Gesetzgeber von der Beauftragten spricht, kann auch nur eine Frau dafür kandidieren“, erklärt Dr. Alexander Zwickies vom Gleichstellungsbüro die Auffassung des Wissenschaftsministeriums. Es handele sich um einen Defizitausgleich. Gleichstellungsfragen betreffen immer noch in hohem Maße Frauen. 80 Prozent der Beratungsanfragen erhält das Büro von ihnen. Zwickies gibt zu Bedenken, dass dies unterschiedliche Ursachen haben könnte. Männer könnten anders mit verbalen und körperlichen Grenzübertretungen umgehen oder diese nicht immer als Probleme erkennen. Nach Meinung des Ministeriums könne es für Frauen einfacher sein, eine andere Frau in Belangen wie Stalking, sexueller Belästigung oder Mobbing aufzusuchen. „Das Verständnis für strukturelle Benachteiligungen könne von Personen, die ähnlichen Bedingungen ausgesetzt sind, leichter aufgebracht werden.“
Inzwischen gibt es eine Lösung: In der neuen Grundordnung der FSU wird nicht von dezentralen Gleichstellungsbeauftragten, sondern nur von Beiratsmitgliedern gesprochen, für die es keine gesetzlichen Vorgaben gibt, so dass auch Männer weiter dafür kandidieren dürfen. Zumindest in Jena. In vielen anderen Unis gibt es neben dem Beirat zusätzlich Fakultätsbeauftragte, die nur aus Frauen bestehen dürfen.

Lilli Fischer (RCDS), die neue Delegierte der FSU für die Konferenz der Thüringer Studierendenschaften, sieht das Ganze dennoch kritisch. Bei ihrer Ernennung im Februar kritisierte sie das neue Thüringer Hochschulgesetz als unausgereift, so auch den Gleichstellungsparagrafen. Sie hält eine Doppelbelegung der Ämter, wie sie Kevin und Lilly ausüben, für vernünftig. „Egal, wo man Gleichstellungsbeauftragte einsetzt. Immer soll es eine Frau sein. Dahinter sehe ich den Sinn nicht. Ich denke, es sollte lieber paritätisch sein. Nur Frauen einzusetzen, ist keine Gleichberechtigung.“

Zu den Gremienwahlen im Juni kandidieren weiterhin Männer und Frauen.

2 Antworten auf Nicht mit Glied?

  • Überrascht das jetzt wirklich jemanden? Gleichstellung ist keine Gleichberechtigung und auch keine Chancengleichheit. Gleichstellung wird immer nur dazu benutzt Frauen zu bevorteilen, auch wenn sie, wie z.B. hier in Sachen Bildung, schon viel besser gestellt sind wie Jungs/Männer.

    Wäre das Geschlechtsverhältnis anders herum, würden alle Feministinnen über die Frauendiskriminierung rumjammern. Aber solange es Männer sind die immer weiter zurückfallen, muss nichts getan werden. Die sind halt doof.

    Richtig lustig wird es wenn dann irgendwann mal in den Raum geworfen wird, dass man vielleicht doch mal etwas für die Männer machen sollte, den die gut ausgebildeten Frauen mit hohen Gehältern finden keine Partner mehr, die ihren Ansprüchen genügen. Denn auch wenn immer über die Hausarbeit rumgejammert wird und das Frauen die immer machen MÜSSEN, kann sich auch heute kaum eine Frau mit einem Hausmann anfreunden.

    Schaut euch diese Grafik an:

    https://twitter.com/SteveStuWill/status/992019796685344768

    Wenn Gleichberechtigung nur von Frauen bestimmt werden soll und nur sie sagen wo etwas getan werden muss, dann ist das keine Gleichberechtigung.

  • Dem deutschen Grundgesetz nach sind Männer und Frauen gleichberechtigt. In der Lebenspraxis trifft dies häufig nicht zu. Auch Jungen und Männer waren und sind heute immer noch davon betroffen. Betrachtet man die heutige Lebenssituation der Menschen nach der Geschlechtszugehörigkeit, so ist in keiner Weise nachzuvollziehen, weswegen die männliche Bevölkerung von den Bestrebungen eine Gleichberechtigung leben zu können immer wieder ausgegrenzt wird. Sonderrechte sind keine Gleichberechtigung und führen nicht zu einer gleichberechtigten Bevölkerung. Das ist eine Zweiklassengesellschaft.

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