Zum Titelthema: Begeisterung

Von Tarek Barkouni

Ich glaube, es hat mit der technischen Mangelwirtschaft der späten 90er angefangen. Die einzige Playstation der Straße gehörte Eric, der zwei Häuser weiter wohnte. Dort traf sich die halbe Nachbarschaft – und schaute Eric beim Spielen zu. Ab und zu, wenn er einen besonders guten Tag hatte, durften wir auch mal ran und der Controller lief durch gierige Kinderhände, nachdem ein festes Regelwerk zur Weitergabe des Spielgerätes ausgehandelt war.

2011 hat die Firma Twitch es geschafft, Erics Wohnzimmer zu digitalisieren und Streaming von Computerspielen groß gemacht.
Seitdem schaue ich anderen Menschen beim Zocken zu. Zur Entspannung und weil ich sowieso keine Zeit hätte, die Spiele selbst zu spielen. Außerdem ist mein letzter Spielekauf mehrere Jahre her und mein MacBook verweigert sich den meisten modernen Spielen ohnehin.

Welches Spiel da gedaddelt wird, ist mir meist ziemlich egal. Die meisten kenne ich sowieso nicht und wenn doch, dann höchstens die Vorgänger. Irgendwelche Events oder Wettkämpfe finde ich genauso uninteressant.

Ballerspiele funktionieren gut beim Kaffee- kochen. Der Blutdruck steigt bereits vor der ersten Tasse, wenn es heißt: BOOM HEADSHOT! Strategie am besten vorm Schlafen gehen: Entspannte Spieler und nur das leise klick, klick, klick der Maus.

Die Streaming-Community ist mir noch egaler als das Spiel selbst. Chats, Abonnenten und andere Möglichkeiten, das Zuschauen zum sozialen Event zu machen, ignoriere ich gnadenlos. Viel zu stressig; dazu ist mein Wunsch, mich im Internet mit 14-Jährigen über Computerspiele zu unterhalten generell gering ausgeprägt. Stattdessen läuft das Spiel im Vollbildmodus und ich kann mal mehr, mal weniger interessiert hinschauen.

Es ist eine Mischung aus dem Sofagefühl bei Eric, beiläufiger Dudelei und unterdrückter Nerdigkeit, die mich immer wieder dazu bringt das Lesezeichen anzuklicken und fremden Menschen auf den Bildschirm zu starren.

Foto: Public Domain