Die neue Kolumne im Akrützel
von Sebastian Danz
Es gibt Dinge, auf die kommt man nicht. Man lebt so vor sich hin und hofft, dass es den Party-Cracker-Mix noch im Sonderangebot gibt, wenn man in den Laden geht oder dass der Handyakku bis zum Ende des nächsten Katzenvideos durchhält. Dass es Flüchtlinge nicht gerade leicht haben, in ihrer neuen Umgebung ihre sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen, daran verschwendet man keinen Gedanken.
Mein Freund gibt seit einer Weile Flüchtlingen in Weimar Deutschunterricht. Die Gruppe besteht ausschließlich aus Männern. Neulich hat einer der Männer meinen Freund nach dem Unterricht gefragt, wo denn in Weimar Frauen zu finden seien, mit denen er schlafen könne. Ob er denn einfach in einen Club gehen und dort eine Frau mitnehmen könne. Mein Freund antwortete, dass es sicher Frauen gäbe, die bei gegenseitigem Gefallen nach ein bisschen Tanzen und intensiv-eindeutigem Blickkontakt mit einem schlafen, dass man aber in den meisten Fällen schon vorher mit ihnen reden sollte. Mit seinen wenigen Deutschkenntnissen eine Frau anzusprechen, traue sich der Mann aber nicht. Deshalb erkundigte er sich, wo es in Weimar ein Bordell gibt.
Als mein Freund mir von diesem Gespräch erzählte, habe ich ihn gefragt, ob der Mann ein Smartphone hat. Wenn ja, soll er es doch mal mit Tinder probieren. Mein Freund leitete den Tipp weiter. Der Mann hat nun Tinder auf seinem Telefon.
Wie erfolgreich das Tindern war, hat der Mann nicht verraten. Allerdings haben sich er und einige andere Männer aus dem Deutschkurs im Bordell in Weimar nach den Preisen erkundigt. 100 Euro kostet dort ein Besuch. Unbezahlbar bei den elf Euro, die Flüchtlinge in Deutschland als Tagessatz bekommen.
Ich frage mich, wie man diesen Männern helfen kann. Rabattaktionen im Bordell? Sexgutscheine? Freiwillige DolmetscherInnen, die Flüchtlingen beim Flirten zur Seite stehen? Dass sexuelle Frustration zu schlechter Laune und verminderter Hirnleistung führen kann, die Menschen neuerdings dazu treibt „Wir sind das Volk!“-schreiend durch die Straßen zu irren, ist keine große Neuigkeit. Dieses Leid muss man den Flüchtlingen ersparen. An einer Lösung für ihr Problem sollte deshalb schnellstmöglich gearbeitet werden.
Ich höre jetzt schon die Männer an den Stammtischen der Republik, die Schnurrbärte feucht vom Bierschaum, protestieren: „Jetzt wollen die uns auch noch die Weiber wegnehmen.“ Man kann eigentlich nur hoffen, dass es so kommt. Dem deutschen Genpool wäre eine Frischzellenkur jedenfalls zu wünschen.
Bild: Iliana Melcher
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