Tumulte im Stadtrat

Stadtrat vertagt Entscheidung über die Zukunft des Inselplatz

von Jan-Henrik Wiebe

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Unser Redakteur war auf der Stadtratssitzung, die am 6. November den “Bebauungsplan B-J 03 ‘Inselplatz’“ diskutierte. Dieser sieht vor, auf dem Parkplatz Inselplatz einen neuen Universitätscampus zu errichten und damit das Ende des Wohnprojektes „Inselplatz 9a“.

Schon zu Beginn der Stadtratssitzung sind derart viele Zuschauer da, dass kaum Platz ist für alle, die gekommen sind. Der Grund für ihr Erscheinen ist die Diskussion um das Haus am Inselplatz 9a.

Zu Beginn spricht Oberbürgermeister Albrecht Schröter von der SPD und verdeutlicht, wie wichtig die Universität für Stadt Jena sei. Er versucht die AktivistInnen zu beruhigen und sagt: „Die Bagger kommen nicht morgen.“ Der OB gibt aber auch zu, dass nicht genügend Gespräche geführt seien und sagte: „Das nehme ich auf meine Kappe.“ Immer wieder gibt es Zwischenrufe wie: „Ihr habt uns doch schon fast ausgelöscht“. Die AktivistInnen bezeichnen Schröter während seiner Rede als „Heuchler“.

Auch Leute von der Insel, wie das Hausprojekt kurz genannt, dürfen zu Wort kommen. Clemens Leder sagt: „Es geht nicht, dass viel Geld in ein Bauprojekt gesteckt wird und gleichzeitig die Mittel für die Lehre gekürzt werden.“ Er stellt außerdem klar, dass die Insel mehr als nur günstiger Wohnraum sei und auch nicht nur irgendein Haus. Vielmehr sei es ein soziokulturelles Projekt.

Richtig laut wird es bei der Rede von Andreas Wiese (FDP), der schon zu Beginn seiner Rede fragt: „Ja, worüber sprechen wir eigentlich?“ Selber spricht er dann eher wenig. Stattdessen geht er auf jeden Zwischenruf ein. Man könnte sagen, dass an dieser Stelle ein echter Bürgerdialog stattfindet „Vollbebauung oder Insel fürs Leben?“, stellte Mike Niederstraßer (Die Linke) die entscheidende Frage.

Voller Emotionen ist Prof. Dr. Thomas Deufel, Staatssekretär im Bildungsministerium, der klarstellt, dass das Land Thüringen in der Vergangenheit nicht ein einziges Mal bei der Bildung gekürzt habe. Auch er wird öfter unterbrochen in seiner Rede.,die Stimmung ist gereizt und teilweise feindlich gegenüber den Abgeordneten. Der SPD-Mann ist sogar überzeugt, dass es nicht so „wahnsinnig schwierig sein wird, hier eine Alternative zu finden“.

Zweifel am Bebauungsprojekt habe auch die FDP-Fraktion, sagt Alexis Taeger, aber nicht wegen der Insel, sondern wegen seiner Finanzierbarkeit. Am Ende macht Baudezernent Dennis Peisker noch mal deutlich, dass der Bau eines neuen Campus auf dem Inselplatz sehr wohl klappen werde. Es klingt fast so, als würde er sich selber Mut zusprechen, wenn er sagt: „Ich bin sehr optimistisch, dass das Projekt vorangetrieben wird.“

Doch als es zur Abstimmung kommen soll stürmen die Insulaner nach vorne und umkreisen die StadträtInnen. Der Feueralarm geht los. Konfetti wird geworfen und Trillerpfeifen ertönen. Die Polizei kommt, diskutiert aber nur mit StellvertrerInnen des Rates. Auch die Feuerwehr ist da und stellt den Feuermelder aus. „Wir gehen erst, wenn wir politische Angebote haben“, sagt ein junger Mann mit Dreadlocks, der auf den Seiten der InselbewohnerInnen steht.

Schließlich wird die Sitzung abgebrochen. Die Insulaner jubeln, die PolitikerInnen schütteln mit den Köpfen. „So etwas habe ich hier noch nicht erlebt“, sagt einer. Der Oberbürgermeister will sich nicht äußern. Staatssekretär Deufel ist ebenfalls sauer und sagt: „Ich bin ziemlich traurig, dass es hier gelungen ist, persönliche gegen universitäre Interessen auszuspielen. Ich bin entsetzt über die Art der Durchsetzung.”

Foto: Jan-Henrik Wiebe, weitere Bilder: https://www.facebook.com/akruetzel/posts/600487280009618

5 Antworten auf Tumulte im Stadtrat

  • Es fehlt an der Stelle einfach ein Kompromiss. Die Stadt hat es nicht geschafft Alternativen anzubieten und auch die Ausrede, man würde nur die Auslegung beschließen hilft da nicht weiter. Am Eichplatz hat man ja gesehen, dass die Abwägung fast identisch mit der Auslegung der Pläne ist.

  • Die Frage die ich mir stelle: Soll ich diese Aktion jetzt gut heißen?
    Die Feuerwehr hat mit SIcherheit besseres und wichtigeres zu tun, als den Stadtrat und Zuhörer zu besuchen, die mit bunten Schnipseln aus toten Bäumen rumwerfen…
    Bis es mal während so einer Aktion einen Großbrand gibt…

  • Man habe nicht gekürzt, sagt Deufel – ja man kürzt nicht, aber man erhöht nicht den Etat, das ist das Problem. Herr Deufel sollte sich einmal fragen, was an seiner SPD noch sozial ist, der hat ein “verdinglichtes Bewusstsein”. Mit Verlaub Herr Deufel, Sie sind ein A.

  • Unglaublich, dieser Deufel!!! Das war schon auf der Podiumsdiskussion über die Ziel- und Leistungsvereinbarungen so: Mit welcher Arroganz der seine dümmliche Position vertritt, die nicht einmal eine simple Tarifsteigerung und die Inflation einrechnet! Das ist ja auch extrem peinlich und beleidigend für die Intelligenz aller Hochschulvertreter! Darf so etwas Staatssekretär werden? Vielleicht sollte er umbenannt werden in Thomas Doofel.
    Glaubt der wirklich an seine eigenen Märchen? Wenn er wenigstens sagen würde: “Heutzutage ist es schon eine Erhöhung der Finanzen, wenn überall sonst gekürzt wird!” Aber der bleibt stur bei seiner “Wir erhöhen die Etats”-Geschichte. Zuzugestehen, dass das eine Kürzung von 5-7 Prozent bedeutet, wäre doch mal ein intellektueller Anfang für Thomas Doofel. Aber das ist politisch nicht opportun, da man ja in der SPD ist und da wird an Bildung nicht gekürzt. Wer will schon Bildung kürzen, da will man lieber Schwerpunkte setzen. Seufz, das ist doch herrliche Prosa! Wer wollte keine Schwerpunkte setzen! Da fängt der Dicke gleich mal an. Vielleicht ist das ja auch nur ein politischer Hilfeschrei für mehr Geld. So wie ein aufgeschlitzte Adern auch ein Hilfeschrei nach mehr Aufmerksamkeit sind. Wenn diese Pläne bundesweit bekannt werden, dürfte es dem superpositiven Image Jenas sehr schaden. Deshalb sollten diese dramatischen Kürzungspläne am besten durch die überregionalen Medien gehen.
    Achtung: Kleiner Abschlusskalauer: Wie wär’s denn, wenn der Dicke seinen Gürtel erstmal enger schnallt!

  • Ganz einfach:
    Personalien der Störer feststellen und diese, die kompletten Einsätze von Reinigung, Feuerwehr und Polizei bezahlen lassen!
    Ich halte diese Störung für eine bodenlose Frechheit!
    Wir leben zwar in einer Demokratie, aber es gibt bestimmte Benimmregeln, an die sich jeder, zumindestens annähernd, halten muss!
    Kleiner Wink mit dem Zaunspfahl auch an die Herren Hausbesetzer der Carl-Zeiss-Strasse…einfach nur ignorant und irreal..und letztendlich durch diese Aktion Gelder des Steuerzahlers vernichtend!
    Schämt Euch!

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