Normannen, Nazis, NSU

Die rechtsradikale Burschenschaft Normannia zu Jena

Foto: Christoph Worsch

Foto: Christoph Worsch

Die bunten Flecken an der Fassade sind noch immer zu sehen. Sie sind die letzten Zeugen der Proteste vor der „Wilhelmsburg“, die der Burschenschaft Normannia zu Jena vier Jahre lang als Verbindungshaus diente. Farbbeutelattacken gehörten damals zur Routine, dann wurde es still um die Normannen – bis sie 2012 in den Medien mit dem Umfeld des  „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) in Verbindung gebracht wurden.

Sammelbecken für Rechtsextreme

Auf Anfrage der Fraktion DIE LINKE erklärte die Thüringer Landesregierung vergangenen Sommer, dass die Jenaer Neonazis Ralf Wohlleben und André Kapke „persönliche Kontakte“ zur Normannia pflegten und deren Veranstaltungen besuchten. Beide waren führende Köpfe des „Thüringer Heimatschutz“ (THS) und stehen heute unter Verdacht, die Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe während ihrer Zeit im Untergrund unterstützt zu haben. Wohlleben soll die Waffe besorgt haben, mit der das Trio später mutmaßlich zehn Menschen tötete, und ist im NSU-Prozess wegen Beihilfe zum Mord angeklagt. Für Katharina König, Sprecherin für Antifaschismus der LINKEN in Thüringen, sind diese Erkenntnisse keine Überraschung. Im Gegenteil: „Kontakte zur Neonazi-szene gab es bei den Normannen immer. Vor Bekanntwerden des NSU hat sich bloß niemand dafür interessiert“, so König.
Tatsächlich bezeichnete der Thüringer Verfassungsschutz die Normannia bereits kurz nach deren Gründung im Dezember 1999 als „Sammelbecken für rechtsextreme Studenten und Neonazis“. Die Gründungsmitglieder waren wenige Tage zuvor wegen einer Veranstaltung mit Peter Dehoust, Verleger der rechtsextremen Zeitschrift „Nation und Europa“, aus der Burschenschaft Jenensia ausgeschlossen worden. Die Heimatlosen gründeten kurz darauf die Normannia und bekannten sich zu den urburschenschaftlichen Prinzipien „Ehre, Freiheit, Vaterland“ – Letzteres allerdings „unabhängig von aktuellen Grenzziehungen“, so die ehemalige Webseite der Verbindung.

„Wilhelmsburg“  und „Braunes Haus“

2002 bezogen die Normannen die „Wilhelmsburg“. Laut Katharina König halfen Kapke und Wohlleben damals beim Umzug. In der Folge gab es mehrere Veranstaltungen mit Rednern wie dem Holocaustleugner Alfred Mechtersheimer. Zudem nahmen Normannen in Couleur (also mit Band und Mütze) unter anderem an einem „Heldengedenken“ auf dem Soldatenfriedhof in Halbe teil. Antifaschisten reagierten mit Farbbeuteln und Steinen. Als die Kosten für Glasversicherung und Gebäudereinigung zu hoch wurden, setzte der Vermieter die Normannia vor die Tür.
Doch die Burschen fanden bald eine neue Bleibe. Im „Braunen Haus“ in Altlobeda, das zu diesem Zeitpunkt bereits als Ausgangspunkt für rechtsextreme Aktivitäten galt, teilte man sich ab 2006 eine Adresse mit Wohlleben und dem NPD-Kreisverband. Nach Angaben der Landesregierung fanden hier sechs Veranstaltungen der Normannen statt. 2009 wurde das „Braune Haus“ jedoch wegen baurechtlicher Probleme gesperrt. Fast zeitgleich kursierte eine Mitgliederliste der Normannia im Netz, auf der zahlreiche Personen aus dem Umfeld des THS,  der „Freien Netze“ sowie des „Nationalen Widerstands Jena“ aufgeführt waren. Danach wurde es still um die rechten Burschen.

Neue Konstante in Kahla

Existiert habe die Verbindung aber weiterhin, nur eben „im Untergrund“, berichten verschiedene Jenaer Studentenverbindungen dem Akrützel. Neuerdings erhalte man auch wieder Einladungen der Normannia, die man aber nicht beantworte, heißt es weiter. König bestätigt diesen Trend. Sie hat Informationen, die die Normannen mit der „Burg 19“ in Kahla in Verbindung bringen. Das Haus wurde vor kurzem durch den vorbestraften Neonazi Sebastian D. und seine Lebensgefährtin Lisa B. erworben, die aktuell in Jena studiert. Zudem habe der Jenaer NPD-Aktivist und Normanne Rick W. seinen Online-Shop auf dieser Adresse gemeldet. In dem Gebäude fanden bereits zwei Razzien statt. Für König ist klar: „Wenn sie mit Nazis in einem Haus zusammen aktiv ist, dann werden von der Normannia wieder mehr Aktivitäten ausgehen. Die große Frage ist nur, ob an der Uni oder in anderer Form.“

Marc Zimmer

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