„Die Frauenquote ist keine Gleichbehandlung“

Von Unterschieden und Gemeinsamkeiten: Der Stura der Ernst-Abbe-Fachhochschule im Gespräch

Das Gespräch führte Philipp Franke




Die zwei vom Berg: Andreas Kirchner und Jan Köhler (v. l.)
Foto: Maximilian Gertler

 

Andreas Kirchner studiert Maschinenbau im vierten Semester und ist für den Haushalt des FH-Stura verantwortlich. Medizintechnikstudent Jan Köhler, ebenfalls viertes Semester, steht dem Gremium vor. Mit Akrützel sprachen sie über Geld, Macht und Frauen.

 

Seht ihr euch als Studentenvertreter und haltet euch mit eurer eigenen Meinung zurück?

Andreas: Ja, natürlich sehen wir uns als Vertreter. Aber es kann sich niemand ganz zurücknehmen, eigene Vorlieben zu haben.Jan: Eine persönliche Meinung ist ganz wichtig. Jeder muss sich einbringen, denn nur durch das Meinungsspektrum kann man überhaupt eine sinnvolle Entscheidung treffen, bei Sachen wie dem Deutschen Qualifikationsrahmen zum Beispiel. Den finde ich nicht sinnvoll, andere sind sehr dafür. Die eigene Meinung spielt immer eine Rolle. Man sollte nicht auf ihr beharren und auch fähig sein sich umstimmen zu lassen. Aber dadurch, dass wir per Mehrheitsentscheid abstimmen, wird so etwas ziemlich gut abgefedert. Andreas: Man merkt sehr schnell, wenn hitzig diskutiert wird, dass ein Meinungsbildungsprozess stattfindet.

Wie sieht die politische Aktivität bei euch im Stura aus? Seid ihr engagiert?

Andreas: Politisches Engagement, das ist ein extrem weites Feld. Der Bildungsstreik, das wäre politisch aktiv im weitesten Sinne. Hochschulpolitsch sind wir natürlich aktiv, wenn es um die Verhandlungen zum Semesterticket geht. Jan: Im Prinzip ist ja jedes dieser Ämter ein politisches Amt. Von daher: Ja, natürlich, wir engagieren uns politisch. Wenn es aber um Bereiche von Parteipolitik geht, engagieren wir uns nicht.

Was macht ihr konkret in Sachen Gleichbehandlung? Wie haltet ihr es mit der Frauenquote?

Jan: Die Frauenquote, das ist keine Gleichbehandlung. Ich finde, Quoten haben nichts mit Gleichberechtigung zu tun, da sie Leuten etwas aufzwingen. Dann ist das keine Gleichbehandlung, sondern Bevorzugung. Andreas: Von insgesamt 17 Mitgliedern bei uns im Stura waren wir acht Frauen und neun Männer, also praktisch ausgeglichen. Die Hälfte von 17 geht ja nicht. Aber Tatsache ist, es kam ganz ohne Quote zustande. In einer demokratischen Wahl geht es schließlich um Stimmenmehrheiten. Das sollte man im Vorhinein nicht festlegen.

Welche finanziellen Möglichkeiten hat der FH-Stura?

Andreas: Jeder Student der FH bezahlt mit seinem Semesterbeitrag fünf Euro an den Stura. Momentan sind es knapp über 4.000 Studenten, die diese fünf Euro entrichtet haben. Von diesem Geld bekommt dann jeder Fachschaftsrat anteilig 1,25 Euro pro Student, der im jeweiligen Fachbereich studiert. Dies geschieht, um zu gewährleisten, dass das Geld gerecht verteilt wird.

Wofür verwendet ihr das Geld?

Jan: Wie wir das Geld verwenden? Kurz: sinnvoll. Die lange Version ist, dass die jeweiligen Referate und auch Studenten zu uns kommen und Projekte vorschlagen. Wir entscheiden dann im Gremium, ob es sinnvoll ist das Projekt zu unterstützen und inwiefern wir das überhaupt tragen können. Andreas: Wenn von einem sehr kostspieligen Projekt nur wenige Studenten profitieren würden, sagen wir natürlich nein.

Sind die Finanzen des Stura öffentlich einsehbar?

Jan: Auf unserer Internetseite kann man das alles einsehen. Außer Personal­entscheidungen und Sitzungen, die als nicht öffentlich gekennzeichnet werden, ist alles öffentlich. Andreas: Jeder Student kann kommen und fragen: „Wie viel Geld habt ihr auf dem Konto?“ und kann auch direkt erfahren, was damit gemacht wird. Natürlich geben wir darüber Auskunft. Es ist schließlich das Geld jedes einzelnen Studenten.

Wonach entscheidet ihr, wenn es um Projektförderung geht?

Andreas: Das ist so eine Sache. Wenn wir Geld für etwas bereitstellen, dann müssen wir auch sicherstellen, dass möglichst alle Studenten daran teilhaben können. Wenn das nicht der Fall ist, lehnen wir ab. Das Geld bekommen wir von allen Studenten, es soll auch wieder allen Studenten zugute kommen. Das ist unsere oberste Maßgabe. Jan: Konkretes Beispiel: die Entscheidung zur Urabstimmung zum Semester-Ticket. Da haben wir uns wie der FSU-Stura dagegen entschieden, die Urabstimmung durchzuführen. Da die Informationen, die uns vom Verkehrsverbund Mittelthüringen bereitgestellt worden sind, derart spärlich waren, konnten wir die Studierendenschaft gar nicht ausreichend informieren.

Wo seht ihr die Unterschiede zwischen dem Stura der FH und dem der Uni?

Andreas: Die Frauenquote, das ist das, was einem gleich einfällt. Jan: Und die Nachhaltigkeitsklausel. Durch die Nachhaltigkeitsklausel finde ich, ist es sehr eindeutig, dass der FSU-Stura sich stark für die Umweltpolitik engagiert. In ihrer Satzung wird explizit erwähnt, dass sie nachhaltig arbeiten müssen. Das ist auch löblich.Andreas: Die Frage ist doch: Muss man sich mit so etwas belasten?

Ist der FSU-Stura ein Bürokratiemonster?

Andreas: Zum Teil. Man braucht eine gewisse Anzahl an anwesenden Mitgliedern, um beschlussfähig zu sein. Wenn wir unsere Sitzungen abhalten und feststellen, dass jemand geht, dann wissen wir automatisch, wir sind jetzt nicht mehr beschlussfähig. Dann reden wir nur noch über Sachen, bei denen das nicht wichtig ist. Jan: Es wird jedoch jedes Mal angesagt, dass das letzte Mitglied zur Beschlussfähigkeit geht. Die Moderation greift an dieser Stelle immer ein und weist dann nochmal alle darauf hin. Das heißt, es kann nur noch diskutiert werden. Andreas: Beim Uni-Stura müsste man neu beantragen, die Beschlussfähigkeit wieder festzustellen. Obwohl seit einer halben Stunde nur noch fünf Mann am Tisch sitzen. Jan: Bei solchen Sachen geht man im FSU-Stura schon sehr nach Protokoll.(Anm. d. Red.: Solange die Beschlussunfähigkeit nicht festgestellt wird, kann der FSU-Stura so weiter beschließen.)

Wie arbeitet ihr mit dem Stura der Universität zusammen?

Andreas: In einigen Bereichen sehr gut. Gerade was das Referat Umwelt anbelangt.Jan: Wir arbeiten da sehr aktiv mit dem FSU-Stura zusammen. In Sachen Hochschulpolitik haben wir den Bildungsstreik mit dem Uni-Stura koordiniert. Unsere Aktionswoche haben wir in den Aktionstag des FSU-Stura gipfeln lassen. Auch eine gemeinsame Demonstration und Diskussionen hatten wir zu dem Thema. In Angelegenheiten, die beide betreffen, muss man sich an einen Tisch setzten, zum Beispiel beim VMT-Ticket.Bei landesweiten Angelegenheiten fah­ren wir auch schon mal nach Weimar und sprechen mit allen Studentenschaften in Thüringen.

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