„Ich zeichne, also denke ich“

Cartoonisten bringen Philosophie aufs Papier

Von Janina Rottmann




Cartoonist Volker Dornemann karikiert Kants Kritik der reinen und der praktischen Vernunft sowie der Urteilskraft am Beispiel von Steinen.

Platon trägt Plateauschuhe. Mit zerzaustem weißem Haar und dickem Wälzer unter dem Arm richtet er seinen verplanten Blick auf den Betrachter. So präsentiert ein Zeichner in der Ausstellung „Das Philosophieprojekt – ,Ich zeichne also denke ich‘“ in der Galerie des Stadtspeichers den antiken Gelehrten. Auch Denker wie Kant oder Nietzsche bleiben nicht verschont. „Gott ist tot“, schnaubt Letzterer auf dem riesigen Zeigefinger des Herrn stehend. „Nein, du bist tot“, hält dieser ihm nüchtern entgegen.

Für ein ungewöhnliches Projekt werkelten elf Künstler der Karikatur- und Comicszene über ein Jahr lang an ihren Zeichnungen. Sechs Philosophen steuerten ihre Gedanken dazu bei. Überraschend anders und satirisch werden so Grundfragen der Philosophie behandelt.
„Der Arroganz des Faches einen Spiegel vorhalten“, beschreibt Katy Kasten-Wutzler, Kuratorin und Ideenspenderin der Ausstellung, ihre Intention. Eine gewisse Erhabenheit der Philosophie erschwere vielen Menschen den Zugang. Diese Form soll die Disziplin nun greifbarer machen. Die Ausstellung ist nach den einzelnen Künstlern gegliedert, die jeweils ihr persönliches Bild von der ewigen Frage nach dem Glück oder der Emanzipation zeichnen (so das „Schokoladenmädchen“ von Jean-Etienne Liotard, das voll Unabhängigkeitsdrang sein Tablett fortwirft). In Zusammenarbeit mit der freien Cartoonistin Julia Tripke konnten so gestandene Karikaturisten wie Beck oder Barbara Henniger, die für Zeitungen und Zeitschriften wie Zeit oder Spiegel arbeiten, genauso gewonnen werden wie junge Talente aus der Szene.
Autoren aus ganz Deutschland begleiten die Bilder mit ihrem geschriebenen Wort: „Wir wollten für die Texte vor allem Philosophen aus Jena animieren, da das Fach hier an der Uni eine lange Tradition hat“, begründet die Kuratorin, die ebenso wie Tripke an der FSU Philosophie studiert hat.
Noch bis Mitte August kann das fertige Projekt besucht werden. Für philosophisch Bewanderte bieten haufenweise Anspielungen auf die klassischen Denker reichlich Grund zum Schmunzeln. Weil neben den Klassikern jedoch auch sehr Aktuelles wie die Digitalisierung des Lebens bei Facebook zum Thema wird, bietet das Konzept auch Nichtphilosophen interessante Einsichten. Obwohl sich vielleicht nicht jeder sofort damit anfreunden kann, „haben wir versucht, Philosophie auf neue Weise zu erklären“, meint Kasten-Wutzler. Und dies sei eben ein klein wenig „unartig“ geschehen.

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